Die Enthusiasten pflegen, in der Hitze ihres Eifers, gewöhnlicher Weise einen Kothregen, und allenfalls auch einige Faustschläge, nicht zu achten, wenn es ihnen nur gelingt Aufmerksamkeit zu erregen: wenn sie aber trockner Weise ausgelachet werden, und niemand bey ihnen stehen bleibt, so kühlet sich ihr Eifer ab, und sie begnügen sich allenfalls, zwischen den Zähnen mur- melnd, die dem Worte ungehorsamen Weltkinder dem Teufel zu übergeben.
So gieng es hier auch. Der Pietist schwieg mür- risch still., und Sebaldus, da sie indessen ins Thor traten, und unter den Linden fortgiengen, genoß die Schönheit dieser Allee, sog den Duft der Lindenblüthe ein, und freuete sich über die fröhlichen Gesichter, die ihm allenthalben entgegen kamen.
Sie giengen einige Straßen stillschweigend fort, bis sie an eine Kirche kamen, in welcher Gottesdienst gehalten wurde. ,Siehe da! rief der Pietist aus, "wie leer der Weg zum Gotteshause ist, und wie an- "gesüllt der Weg zu den Häusern des Teufels war! "O! wie ist doch alle Gottesfurcht, alle Liebe zum "Heilande in dieser großen Stadt ganz ausgetilget! "Wie wandelt doch jedermann im Pfade der Ruchlo- "sigkeit, läuft dem Teufel gerade in den Rachen, und "stürzt sich in das ewige Verderben!'
Sebal-
C
Die Enthuſiaſten pflegen, in der Hitze ihres Eifers, gewoͤhnlicher Weiſe einen Kothregen, und allenfalls auch einige Fauſtſchlaͤge, nicht zu achten, wenn es ihnen nur gelingt Aufmerkſamkeit zu erregen: wenn ſie aber trockner Weiſe ausgelachet werden, und niemand bey ihnen ſtehen bleibt, ſo kuͤhlet ſich ihr Eifer ab, und ſie begnuͤgen ſich allenfalls, zwiſchen den Zaͤhnen mur- melnd, die dem Worte ungehorſamen Weltkinder dem Teufel zu uͤbergeben.
So gieng es hier auch. Der Pietiſt ſchwieg muͤr- riſch ſtill., und Sebaldus, da ſie indeſſen ins Thor traten, und unter den Linden fortgiengen, genoß die Schoͤnheit dieſer Allee, ſog den Duft der Lindenbluͤthe ein, und freuete ſich uͤber die froͤhlichen Geſichter, die ihm allenthalben entgegen kamen.
Sie giengen einige Straßen ſtillſchweigend fort, bis ſie an eine Kirche kamen, in welcher Gottesdienſt gehalten wurde. ‚Siehe da! rief der Pietiſt aus, ”wie leer der Weg zum Gotteshauſe iſt, und wie an- ”geſuͤllt der Weg zu den Haͤuſern des Teufels war! ”O! wie iſt doch alle Gottesfurcht, alle Liebe zum ”Heilande in dieſer großen Stadt ganz ausgetilget! ”Wie wandelt doch jedermann im Pfade der Ruchlo- ”ſigkeit, laͤuft dem Teufel gerade in den Rachen, und ”ſtuͤrzt ſich in das ewige Verderben!‛
Sebal-
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Die Enthuſiaſten pflegen, in der Hitze ihres Eifers,
gewoͤhnlicher Weiſe einen Kothregen, und allenfalls
auch einige Fauſtſchlaͤge, nicht zu achten, wenn es ihnen
nur gelingt Aufmerkſamkeit zu erregen: wenn ſie aber
trockner Weiſe ausgelachet werden, und niemand bey
ihnen ſtehen bleibt, ſo kuͤhlet ſich ihr Eifer ab, und
ſie begnuͤgen ſich allenfalls, zwiſchen den Zaͤhnen mur-
melnd, die dem Worte ungehorſamen Weltkinder
dem Teufel zu uͤbergeben.
So gieng es hier auch. Der Pietiſt ſchwieg muͤr-
riſch ſtill., und Sebaldus, da ſie indeſſen ins Thor
traten, und unter den Linden fortgiengen, genoß die
Schoͤnheit dieſer Allee, ſog den Duft der Lindenbluͤthe
ein, und freuete ſich uͤber die froͤhlichen Geſichter, die
ihm allenthalben entgegen kamen.
Sie giengen einige Straßen ſtillſchweigend fort,
bis ſie an eine Kirche kamen, in welcher Gottesdienſt
gehalten wurde. ‚Siehe da! rief der Pietiſt aus,
”wie leer der Weg zum Gotteshauſe iſt, und wie an-
”geſuͤllt der Weg zu den Haͤuſern des Teufels war!
”O! wie iſt doch alle Gottesfurcht, alle Liebe zum
”Heilande in dieſer großen Stadt ganz ausgetilget!
”Wie wandelt doch jedermann im Pfade der Ruchlo-
”ſigkeit, laͤuft dem Teufel gerade in den Rachen, und
”ſtuͤrzt ſich in das ewige Verderben!‛
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/35>, abgerufen am 26.07.2024.
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