Die beiden Fragmente der Predigten von der Ewigkeit der Höllenstrafen, und vom Tode fürs Vaterland, haben ohne Zweifel den witzigen Cyria- kus zum Verfasser. Es ist schon oben gesagt worden, daß er in allen Schreibarten Versuche gemacht habe, und man sieht es diesen Fragmenten auch nur allzusehr an, daß sie Versuche, und zwar Versuche eines jungen Menschen sind. Ein Mann, der so viel Ueberlegung hatte, wie Sebaldus, würde schwerlich, vor Bauern, von der Endlichkeit der Höllenstrafen eine ausdrück- liche Predigt gehalten haben, wenigstens sicherlich nicht auf die Art, wie es hier geschiehet. Er hätte ge- wiß überlegt, daß er, ehe er über diese Materie hätte mit Nutzen predigen können, noch vorher in der groben Vorstellung, die seine Bauern von göttli- chen Strafen haben könnten, sehr viel zu ändern und zu bessern gehabt haben würde. Er würde ihnen haben zeigen müssen, daß, durch Gottes weise Ein- richtung, die natürlichen, sowohl physischen als mo- ralischen Folgen der Laster, auf unabsehliche Zeiten hinaus, die Strafen der Laster seyn müssen; daß auch positive Strafen Gottes, seiner Güte und Ge- rechtigkeit angemessen, dazu kommen können; daß diese, nach geschehener Besserung, aufhören werden, so wie durch die Besserung auch die Folgen der Sün-
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Die beiden Fragmente der Predigten von der Ewigkeit der Hoͤllenſtrafen, und vom Tode fuͤrs Vaterland, haben ohne Zweifel den witzigen Cyria- kus zum Verfaſſer. Es iſt ſchon oben geſagt worden, daß er in allen Schreibarten Verſuche gemacht habe, und man ſieht es dieſen Fragmenten auch nur allzuſehr an, daß ſie Verſuche, und zwar Verſuche eines jungen Menſchen ſind. Ein Mann, der ſo viel Ueberlegung hatte, wie Sebaldus, wuͤrde ſchwerlich, vor Bauern, von der Endlichkeit der Hoͤllenſtrafen eine ausdruͤck- liche Predigt gehalten haben, wenigſtens ſicherlich nicht auf die Art, wie es hier geſchiehet. Er haͤtte ge- wiß uͤberlegt, daß er, ehe er uͤber dieſe Materie haͤtte mit Nutzen predigen koͤnnen, noch vorher in der groben Vorſtellung, die ſeine Bauern von goͤttli- chen Strafen haben koͤnnten, ſehr viel zu aͤndern und zu beſſern gehabt haben wuͤrde. Er wuͤrde ihnen haben zeigen muͤſſen, daß, durch Gottes weiſe Ein- richtung, die natuͤrlichen, ſowohl phyſiſchen als mo- raliſchen Folgen der Laſter, auf unabſehliche Zeiten hinaus, die Strafen der Laſter ſeyn muͤſſen; daß auch poſitive Strafen Gottes, ſeiner Guͤte und Ge- rechtigkeit angemeſſen, dazu kommen koͤnnen; daß dieſe, nach geſchehener Beſſerung, aufhoͤren werden, ſo wie durch die Beſſerung auch die Folgen der Suͤn-
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Die beiden Fragmente der Predigten von der
Ewigkeit der Hoͤllenſtrafen, und vom Tode fuͤrs
Vaterland, haben ohne Zweifel den witzigen Cyria-
kus zum Verfaſſer. Es iſt ſchon oben geſagt worden,
daß er in allen Schreibarten Verſuche gemacht habe,
und man ſieht es dieſen Fragmenten auch nur allzuſehr
an, daß ſie Verſuche, und zwar Verſuche eines jungen
Menſchen ſind. Ein Mann, der ſo viel Ueberlegung
hatte, wie Sebaldus, wuͤrde ſchwerlich, vor Bauern,
von der Endlichkeit der Hoͤllenſtrafen eine ausdruͤck-
liche Predigt gehalten haben, wenigſtens ſicherlich nicht
auf die Art, wie es hier geſchiehet. Er haͤtte ge-
wiß uͤberlegt, daß er, ehe er uͤber dieſe Materie haͤtte
mit Nutzen predigen koͤnnen, noch vorher in der
groben Vorſtellung, die ſeine Bauern von goͤttli-
chen Strafen haben koͤnnten, ſehr viel zu aͤndern
und zu beſſern gehabt haben wuͤrde. Er wuͤrde ihnen
haben zeigen muͤſſen, daß, durch Gottes weiſe Ein-
richtung, die natuͤrlichen, ſowohl phyſiſchen als mo-
raliſchen Folgen der Laſter, auf unabſehliche Zeiten
hinaus, die Strafen der Laſter ſeyn muͤſſen; daß
auch poſitive Strafen Gottes, ſeiner Guͤte und Ge-
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/292>, abgerufen am 05.07.2024.
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