Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

Bild:
<< vorherige Seite


Die beiden Fragmente der Predigten von der
Ewigkeit der Höllenstrafen,
und vom Tode fürs
Vaterland,
haben ohne Zweifel den witzigen Cyria-
kus
zum Verfasser. Es ist schon oben gesagt worden,
daß er in allen Schreibarten Versuche gemacht habe,
und man sieht es diesen Fragmenten auch nur allzusehr
an, daß sie Versuche, und zwar Versuche eines jungen
Menschen sind. Ein Mann, der so viel Ueberlegung
hatte, wie Sebaldus, würde schwerlich, vor Bauern,
von der Endlichkeit der Höllenstrafen eine ausdrück-
liche Predigt gehalten haben, wenigstens sicherlich nicht
auf die Art, wie es hier geschiehet. Er hätte ge-
wiß überlegt, daß er, ehe er über diese Materie hätte
mit Nutzen predigen können, noch vorher in der
groben Vorstellung, die seine Bauern von göttli-
chen Strafen haben könnten, sehr viel zu ändern
und zu bessern gehabt haben würde. Er würde ihnen
haben zeigen müssen, daß, durch Gottes weise Ein-
richtung, die natürlichen, sowohl physischen als mo-
ralischen Folgen der Laster, auf unabsehliche Zeiten
hinaus, die Strafen der Laster seyn müssen; daß
auch positive Strafen Gottes, seiner Güte und Ge-
rechtigkeit angemessen, dazu kommen können; daß
diese, nach geschehener Besserung, aufhören werden,
so wie durch die Besserung auch die Folgen der Sün-

den


Die beiden Fragmente der Predigten von der
Ewigkeit der Hoͤllenſtrafen,
und vom Tode fuͤrs
Vaterland,
haben ohne Zweifel den witzigen Cyria-
kus
zum Verfaſſer. Es iſt ſchon oben geſagt worden,
daß er in allen Schreibarten Verſuche gemacht habe,
und man ſieht es dieſen Fragmenten auch nur allzuſehr
an, daß ſie Verſuche, und zwar Verſuche eines jungen
Menſchen ſind. Ein Mann, der ſo viel Ueberlegung
hatte, wie Sebaldus, wuͤrde ſchwerlich, vor Bauern,
von der Endlichkeit der Hoͤllenſtrafen eine ausdruͤck-
liche Predigt gehalten haben, wenigſtens ſicherlich nicht
auf die Art, wie es hier geſchiehet. Er haͤtte ge-
wiß uͤberlegt, daß er, ehe er uͤber dieſe Materie haͤtte
mit Nutzen predigen koͤnnen, noch vorher in der
groben Vorſtellung, die ſeine Bauern von goͤttli-
chen Strafen haben koͤnnten, ſehr viel zu aͤndern
und zu beſſern gehabt haben wuͤrde. Er wuͤrde ihnen
haben zeigen muͤſſen, daß, durch Gottes weiſe Ein-
richtung, die natuͤrlichen, ſowohl phyſiſchen als mo-
raliſchen Folgen der Laſter, auf unabſehliche Zeiten
hinaus, die Strafen der Laſter ſeyn muͤſſen; daß
auch poſitive Strafen Gottes, ſeiner Guͤte und Ge-
rechtigkeit angemeſſen, dazu kommen koͤnnen; daß
dieſe, nach geſchehener Beſſerung, aufhoͤren werden,
ſo wie durch die Beſſerung auch die Folgen der Suͤn-

den
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0292" n="278"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Die beiden <hi rendition="#fr">Fragmente der Predigten von der<lb/>
Ewigkeit der Ho&#x0364;llen&#x017F;trafen,</hi> und <hi rendition="#fr">vom Tode fu&#x0364;rs<lb/>
Vaterland,</hi> haben ohne Zweifel den witzigen <hi rendition="#fr">Cyria-<lb/>
kus</hi> zum Verfa&#x017F;&#x017F;er. Es i&#x017F;t &#x017F;chon oben ge&#x017F;agt worden,<lb/>
daß er in allen Schreibarten Ver&#x017F;uche gemacht habe,<lb/>
und man &#x017F;ieht es die&#x017F;en Fragmenten auch nur allzu&#x017F;ehr<lb/>
an, daß &#x017F;ie Ver&#x017F;uche, und zwar Ver&#x017F;uche eines jungen<lb/>
Men&#x017F;chen &#x017F;ind. Ein Mann, der &#x017F;o viel Ueberlegung<lb/>
hatte, wie <hi rendition="#fr">Sebaldus,</hi> wu&#x0364;rde &#x017F;chwerlich, vor Bauern,<lb/>
von der <hi rendition="#fr">Endlichkeit der Ho&#x0364;llen&#x017F;trafen</hi> eine ausdru&#x0364;ck-<lb/>
liche Predigt gehalten haben, wenig&#x017F;tens &#x017F;icherlich nicht<lb/>
auf die Art, wie es hier ge&#x017F;chiehet. Er ha&#x0364;tte ge-<lb/>
wiß u&#x0364;berlegt, daß er, ehe er u&#x0364;ber die&#x017F;e Materie ha&#x0364;tte<lb/>
mit Nutzen predigen ko&#x0364;nnen, noch vorher in der<lb/>
groben Vor&#x017F;tellung, die &#x017F;eine Bauern von go&#x0364;ttli-<lb/>
chen Strafen haben ko&#x0364;nnten, &#x017F;ehr viel zu a&#x0364;ndern<lb/>
und zu be&#x017F;&#x017F;ern gehabt haben wu&#x0364;rde. Er wu&#x0364;rde ihnen<lb/>
haben zeigen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß, durch Gottes wei&#x017F;e Ein-<lb/>
richtung, die natu&#x0364;rlichen, &#x017F;owohl phy&#x017F;i&#x017F;chen als mo-<lb/>
rali&#x017F;chen <hi rendition="#fr">Folgen</hi> der La&#x017F;ter, auf unab&#x017F;ehliche Zeiten<lb/>
hinaus, die <hi rendition="#fr">Strafen</hi> der La&#x017F;ter &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; daß<lb/>
auch po&#x017F;itive Strafen Gottes, &#x017F;einer Gu&#x0364;te und Ge-<lb/>
rechtigkeit angeme&#x017F;&#x017F;en, dazu kommen ko&#x0364;nnen; daß<lb/>
die&#x017F;e, nach ge&#x017F;chehener Be&#x017F;&#x017F;erung, aufho&#x0364;ren werden,<lb/>
&#x017F;o wie durch die Be&#x017F;&#x017F;erung auch die Folgen der Su&#x0364;n-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0292] Die beiden Fragmente der Predigten von der Ewigkeit der Hoͤllenſtrafen, und vom Tode fuͤrs Vaterland, haben ohne Zweifel den witzigen Cyria- kus zum Verfaſſer. Es iſt ſchon oben geſagt worden, daß er in allen Schreibarten Verſuche gemacht habe, und man ſieht es dieſen Fragmenten auch nur allzuſehr an, daß ſie Verſuche, und zwar Verſuche eines jungen Menſchen ſind. Ein Mann, der ſo viel Ueberlegung hatte, wie Sebaldus, wuͤrde ſchwerlich, vor Bauern, von der Endlichkeit der Hoͤllenſtrafen eine ausdruͤck- liche Predigt gehalten haben, wenigſtens ſicherlich nicht auf die Art, wie es hier geſchiehet. Er haͤtte ge- wiß uͤberlegt, daß er, ehe er uͤber dieſe Materie haͤtte mit Nutzen predigen koͤnnen, noch vorher in der groben Vorſtellung, die ſeine Bauern von goͤttli- chen Strafen haben koͤnnten, ſehr viel zu aͤndern und zu beſſern gehabt haben wuͤrde. Er wuͤrde ihnen haben zeigen muͤſſen, daß, durch Gottes weiſe Ein- richtung, die natuͤrlichen, ſowohl phyſiſchen als mo- raliſchen Folgen der Laſter, auf unabſehliche Zeiten hinaus, die Strafen der Laſter ſeyn muͤſſen; daß auch poſitive Strafen Gottes, ſeiner Guͤte und Ge- rechtigkeit angemeſſen, dazu kommen koͤnnen; daß dieſe, nach geſchehener Beſſerung, aufhoͤren werden, ſo wie durch die Beſſerung auch die Folgen der Suͤn- den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/292
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/292>, abgerufen am 24.11.2024.