Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

Bild:
<< vorherige Seite



so freygebig gewesen ist, zum Stehen gebracht, und
den Staub von den Baumblättern abgewaschen hatte,
den tausend Frauenzimmerschleppen, nebst einer ver-
hältnißmäßigen Anzahl von Wagenrädern und Pfer-
defüßen, bey trockenem Wetter im Thiergarten zu
erregen pflegen. Den Vormittag hatte sich das Wet-
ter aufgeklärt, und bereits seit einigen Stunden,
schien die Sonne. Die gänzlich reine Luft erhob das
Grün der Bäume, das auf mannigfaltige Art abge-
wechselt das Auge belustigte.

Die Wanderer sahen die glückliche Mischung dunk-
ler Fichten mit schlanken Ulmen, hellgrünen weißrin-
digen Birken, und glatten Akacien unterbrochen,
denen hundertjährige majestätische Eichen zum Hin-
tergrunde dienen. Melancholische Gänge von dich-
tem Lerchenholze, und von düstern Eibenbäumen,
führen auf weite Plätze und auf grüne Säle mit
Statuen geziert, und mit Hecken von jungen Eichen,
und von immergrünem Nadelholze umkränzt. Sie
giengen durch beschattete Gänge, mit Linden, und
breitbelaubten Platanusbäumen besetzt, hinter welchen
dichte Gebüsche von Erlen und Espen die feuchten
Gründe anfüllen, neben ihnen der verwachsene Wald,
wo einsam der sokratische Ahorn wächst, und die Pap-
pel und der Masholder, wo die weit sich ausbreiteude

Buche,



ſo freygebig geweſen iſt, zum Stehen gebracht, und
den Staub von den Baumblaͤttern abgewaſchen hatte,
den tauſend Frauenzimmerſchleppen, nebſt einer ver-
haͤltnißmaͤßigen Anzahl von Wagenraͤdern und Pfer-
defuͤßen, bey trockenem Wetter im Thiergarten zu
erregen pflegen. Den Vormittag hatte ſich das Wet-
ter aufgeklaͤrt, und bereits ſeit einigen Stunden,
ſchien die Sonne. Die gaͤnzlich reine Luft erhob das
Gruͤn der Baͤume, das auf mannigfaltige Art abge-
wechſelt das Auge beluſtigte.

Die Wanderer ſahen die gluͤckliche Miſchung dunk-
ler Fichten mit ſchlanken Ulmen, hellgruͤnen weißrin-
digen Birken, und glatten Akacien unterbrochen,
denen hundertjaͤhrige majeſtaͤtiſche Eichen zum Hin-
tergrunde dienen. Melancholiſche Gaͤnge von dich-
tem Lerchenholze, und von duͤſtern Eibenbaͤumen,
fuͤhren auf weite Plaͤtze und auf gruͤne Saͤle mit
Statuen geziert, und mit Hecken von jungen Eichen,
und von immergruͤnem Nadelholze umkraͤnzt. Sie
giengen durch beſchattete Gaͤnge, mit Linden, und
breitbelaubten Platanusbaͤumen beſetzt, hinter welchen
dichte Gebuͤſche von Erlen und Eſpen die feuchten
Gruͤnde anfuͤllen, neben ihnen der verwachſene Wald,
wo einſam der ſokratiſche Ahorn waͤchſt, und die Pap-
pel und der Masholder, wo die weit ſich ausbreiteude

Buche,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0027" n="23"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;o freygebig gewe&#x017F;en i&#x017F;t, zum Stehen gebracht, und<lb/>
den Staub von den Baumbla&#x0364;ttern abgewa&#x017F;chen hatte,<lb/>
den tau&#x017F;end Frauenzimmer&#x017F;chleppen, neb&#x017F;t einer ver-<lb/>
ha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßigen Anzahl von Wagenra&#x0364;dern und Pfer-<lb/>
defu&#x0364;ßen, bey trockenem Wetter im Thiergarten zu<lb/>
erregen pflegen. Den Vormittag hatte &#x017F;ich das Wet-<lb/>
ter aufgekla&#x0364;rt, und bereits &#x017F;eit einigen Stunden,<lb/>
&#x017F;chien die Sonne. Die ga&#x0364;nzlich reine Luft erhob das<lb/>
Gru&#x0364;n der Ba&#x0364;ume, das auf mannigfaltige Art abge-<lb/>
wech&#x017F;elt das Auge belu&#x017F;tigte.</p><lb/>
          <p>Die Wanderer &#x017F;ahen die glu&#x0364;ckliche Mi&#x017F;chung dunk-<lb/>
ler Fichten mit &#x017F;chlanken Ulmen, hellgru&#x0364;nen weißrin-<lb/>
digen Birken, und glatten Akacien unterbrochen,<lb/>
denen hundertja&#x0364;hrige maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;che Eichen zum Hin-<lb/>
tergrunde dienen. Melancholi&#x017F;che Ga&#x0364;nge von dich-<lb/>
tem Lerchenholze, und von du&#x0364;&#x017F;tern Eibenba&#x0364;umen,<lb/>
fu&#x0364;hren auf weite Pla&#x0364;tze und auf gru&#x0364;ne Sa&#x0364;le mit<lb/>
Statuen geziert, und mit Hecken von jungen Eichen,<lb/>
und von immergru&#x0364;nem Nadelholze umkra&#x0364;nzt. Sie<lb/>
giengen durch be&#x017F;chattete Ga&#x0364;nge, mit Linden, und<lb/>
breitbelaubten Platanusba&#x0364;umen be&#x017F;etzt, hinter welchen<lb/>
dichte Gebu&#x0364;&#x017F;che von Erlen und E&#x017F;pen die feuchten<lb/>
Gru&#x0364;nde anfu&#x0364;llen, neben ihnen der verwach&#x017F;ene Wald,<lb/>
wo ein&#x017F;am der &#x017F;okrati&#x017F;che Ahorn wa&#x0364;ch&#x017F;t, und die Pap-<lb/>
pel und der Masholder, wo die weit &#x017F;ich ausbreiteude<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Buche,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0027] ſo freygebig geweſen iſt, zum Stehen gebracht, und den Staub von den Baumblaͤttern abgewaſchen hatte, den tauſend Frauenzimmerſchleppen, nebſt einer ver- haͤltnißmaͤßigen Anzahl von Wagenraͤdern und Pfer- defuͤßen, bey trockenem Wetter im Thiergarten zu erregen pflegen. Den Vormittag hatte ſich das Wet- ter aufgeklaͤrt, und bereits ſeit einigen Stunden, ſchien die Sonne. Die gaͤnzlich reine Luft erhob das Gruͤn der Baͤume, das auf mannigfaltige Art abge- wechſelt das Auge beluſtigte. Die Wanderer ſahen die gluͤckliche Miſchung dunk- ler Fichten mit ſchlanken Ulmen, hellgruͤnen weißrin- digen Birken, und glatten Akacien unterbrochen, denen hundertjaͤhrige majeſtaͤtiſche Eichen zum Hin- tergrunde dienen. Melancholiſche Gaͤnge von dich- tem Lerchenholze, und von duͤſtern Eibenbaͤumen, fuͤhren auf weite Plaͤtze und auf gruͤne Saͤle mit Statuen geziert, und mit Hecken von jungen Eichen, und von immergruͤnem Nadelholze umkraͤnzt. Sie giengen durch beſchattete Gaͤnge, mit Linden, und breitbelaubten Platanusbaͤumen beſetzt, hinter welchen dichte Gebuͤſche von Erlen und Eſpen die feuchten Gruͤnde anfuͤllen, neben ihnen der verwachſene Wald, wo einſam der ſokratiſche Ahorn waͤchſt, und die Pap- pel und der Masholder, wo die weit ſich ausbreiteude Buche,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/27
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/27>, abgerufen am 21.11.2024.