ter Vesper, dem Kirchenprobste Ehrn D. Pudde- wustius zu, der denn, nach Beschaffenheit der Um- stände, die weisesten Maßregeln nehmen konnte.
Einst berichtete auch, in dieser Versammlung, einer der Landprediger, Ehrn Suursnutenius, daß sein Schulmeister, ein Leinweber, und seiner wachsamer Mann, der die symbolischen Bücher ad unguem aus- wendig wisse, am vergangnen Sonntage in dem Fi- liale Ehrn Mackligii, von dessen Jnformator eine Predigt gehört habe, worinn behauptet worden, ,daß "man die Christen von andern Religionsparteyen "als seine Brüder lieben müsse.' Ehrn Sumsnute- nius setzte für sich hinzu, hieraus würde folgen, daß man auch die Kalvinisten als seine Brüder lieben müsse, welcher Satz, bey itzigen Umständen, um so viel bedenklicher sey, da ja bekanntlich, aller Vorstel- lungen Rev. Ministerii ungeachtet, verschiedene Kalvi- nische Tuchmacher in der Stadt das Bürgetrecht er- halten hätten, zum großen Schaden und Aergerniß der alt-evangelischen Einwohner, die noch wohl wür- den in Hütten und Keller weichen, oder gar den Wanderstab ergreifen müssen, wenns so fortgienge. Noch wolle der Schulmeister erzählen, der Jnfor- mator habe auch gepredigt, ,Gott sehe aufs Herz, und "nicht auf die Lehre; man müsse daher auch tugend-
"hafte
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ter Veſper, dem Kirchenprobſte Ehrn D. Pudde- wuſtius zu, der denn, nach Beſchaffenheit der Um- ſtaͤnde, die weiſeſten Maßregeln nehmen konnte.
Einſt berichtete auch, in dieſer Verſammlung, einer der Landprediger, Ehrn Suurſnutenius, daß ſein Schulmeiſter, ein Leinweber, und ſeiner wachſamer Mann, der die ſymboliſchen Buͤcher ad unguem aus- wendig wiſſe, am vergangnen Sonntage in dem Fi- liale Ehrn Mackligii, von deſſen Jnformator eine Predigt gehoͤrt habe, worinn behauptet worden, ‚daß ”man die Chriſten von andern Religionsparteyen ”als ſeine Bruͤder lieben muͤſſe.‛ Ehrn Sumſnute- nius ſetzte fuͤr ſich hinzu, hieraus wuͤrde folgen, daß man auch die Kalviniſten als ſeine Bruͤder lieben muͤſſe, welcher Satz, bey itzigen Umſtaͤnden, um ſo viel bedenklicher ſey, da ja bekanntlich, aller Vorſtel- lungen Rev. Miniſterii ungeachtet, verſchiedene Kalvi- niſche Tuchmacher in der Stadt das Buͤrgetrecht er- halten haͤtten, zum großen Schaden und Aergerniß der alt-evangeliſchen Einwohner, die noch wohl wuͤr- den in Huͤtten und Keller weichen, oder gar den Wanderſtab ergreifen muͤſſen, wenns ſo fortgienge. Noch wolle der Schulmeiſter erzaͤhlen, der Jnfor- mator habe auch gepredigt, ‚Gott ſehe aufs Herz, und ”nicht auf die Lehre; man muͤſſe daher auch tugend-
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ter Veſper, dem Kirchenprobſte Ehrn D. Pudde-
wuſtius zu, der denn, nach Beſchaffenheit der Um-
ſtaͤnde, die weiſeſten Maßregeln nehmen konnte.
Einſt berichtete auch, in dieſer Verſammlung, einer
der Landprediger, Ehrn Suurſnutenius, daß ſein
Schulmeiſter, ein Leinweber, und ſeiner wachſamer
Mann, der die ſymboliſchen Buͤcher ad unguem aus-
wendig wiſſe, am vergangnen Sonntage in dem Fi-
liale Ehrn Mackligii, von deſſen Jnformator eine
Predigt gehoͤrt habe, worinn behauptet worden, ‚daß
”man die Chriſten von andern Religionsparteyen
”als ſeine Bruͤder lieben muͤſſe.‛ Ehrn Sumſnute-
nius ſetzte fuͤr ſich hinzu, hieraus wuͤrde folgen, daß
man auch die Kalviniſten als ſeine Bruͤder lieben
muͤſſe, welcher Satz, bey itzigen Umſtaͤnden, um ſo
viel bedenklicher ſey, da ja bekanntlich, aller Vorſtel-
lungen Rev. Miniſterii ungeachtet, verſchiedene Kalvi-
niſche Tuchmacher in der Stadt das Buͤrgetrecht er-
halten haͤtten, zum großen Schaden und Aergerniß
der alt-evangeliſchen Einwohner, die noch wohl wuͤr-
den in Huͤtten und Keller weichen, oder gar den
Wanderſtab ergreifen muͤſſen, wenns ſo fortgienge.
Noch wolle der Schulmeiſter erzaͤhlen, der Jnfor-
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”nicht auf die Lehre; man muͤſſe daher auch tugend-
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/239>, abgerufen am 05.07.2024.
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