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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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brechen. Der Oberste, der froh war, daß ihre Pfeile
nur auf Säuglingen gerichtet waren, hielt sich außer
dem Schuß, und sagte bloß etwa hie und da ein
Wort. Sängling aber bekam Muth von seiner
Liebe, und da er sich ohnedieß vorgenommen hatte,
mit dem Fräulein, das er nie geliebt hatte, ganz zu
brechen, so vertheidigre er sich nachdrücklich, obgleich an-
ständig; ja sein offnes Herz floß von Marianens
Lobe über, von dem es immer voll war Das Fräu-
lein verlor darüber alle Geduld und Fassung, und
rückte auf dem Stuhle hin und her, aus Verdruß
stillschweigend.

Gerade zu dieser Zeit kam Mariane zurück, ohne
etwas von diesem Gespräche zu wissen. Sie erzählte,
indem sie sich die Augen trocknete: ,Das unglückliche
"Frauenzimmer ist höchst zu betauern. Sie ist eine
"Person bürgerliches Standes von guter Herkunft.
"Sie hat einen Lieutenant aus Liebe geheurathet, der,
"kurz vor dem Frieden, in einem Scharmützel tödtlich
"verwundet worden. Er hat zwar, wegen seines
"Wohlverhaltens, eine Compagnie erhalten, das Re-
"giment ist aber auch, nach erfolgtem Frieden, ab-
"gedankt worden. Sie hat in seinem langwierigen
"Krankenlager, was sie gehabt, zu seiner Heilung
"verwendet. Er ist endlich gestorben. Sie hat zu

"weit-
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brechen. Der Oberſte, der froh war, daß ihre Pfeile
nur auf Saͤuglingen gerichtet waren, hielt ſich außer
dem Schuß, und ſagte bloß etwa hie und da ein
Wort. Saͤngling aber bekam Muth von ſeiner
Liebe, und da er ſich ohnedieß vorgenommen hatte,
mit dem Fraͤulein, das er nie geliebt hatte, ganz zu
brechen, ſo vertheidigre er ſich nachdruͤcklich, obgleich an-
ſtaͤndig; ja ſein offnes Herz floß von Marianens
Lobe uͤber, von dem es immer voll war Das Fraͤu-
lein verlor daruͤber alle Geduld und Faſſung, und
ruͤckte auf dem Stuhle hin und her, aus Verdruß
ſtillſchweigend.

Gerade zu dieſer Zeit kam Mariane zuruͤck, ohne
etwas von dieſem Geſpraͤche zu wiſſen. Sie erzaͤhlte,
indem ſie ſich die Augen trocknete: ‚Das ungluͤckliche
”Frauenzimmer iſt hoͤchſt zu betauern. Sie iſt eine
”Perſon buͤrgerliches Standes von guter Herkunft.
”Sie hat einen Lieutenant aus Liebe geheurathet, der,
”kurz vor dem Frieden, in einem Scharmuͤtzel toͤdtlich
”verwundet worden. Er hat zwar, wegen ſeines
”Wohlverhaltens, eine Compagnie erhalten, das Re-
”giment iſt aber auch, nach erfolgtem Frieden, ab-
”gedankt worden. Sie hat in ſeinem langwierigen
”Krankenlager, was ſie gehabt, zu ſeiner Heilung
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[175/0185] brechen. Der Oberſte, der froh war, daß ihre Pfeile nur auf Saͤuglingen gerichtet waren, hielt ſich außer dem Schuß, und ſagte bloß etwa hie und da ein Wort. Saͤngling aber bekam Muth von ſeiner Liebe, und da er ſich ohnedieß vorgenommen hatte, mit dem Fraͤulein, das er nie geliebt hatte, ganz zu brechen, ſo vertheidigre er ſich nachdruͤcklich, obgleich an- ſtaͤndig; ja ſein offnes Herz floß von Marianens Lobe uͤber, von dem es immer voll war Das Fraͤu- lein verlor daruͤber alle Geduld und Faſſung, und ruͤckte auf dem Stuhle hin und her, aus Verdruß ſtillſchweigend. Gerade zu dieſer Zeit kam Mariane zuruͤck, ohne etwas von dieſem Geſpraͤche zu wiſſen. Sie erzaͤhlte, indem ſie ſich die Augen trocknete: ‚Das ungluͤckliche ”Frauenzimmer iſt hoͤchſt zu betauern. Sie iſt eine ”Perſon buͤrgerliches Standes von guter Herkunft. ”Sie hat einen Lieutenant aus Liebe geheurathet, der, ”kurz vor dem Frieden, in einem Scharmuͤtzel toͤdtlich ”verwundet worden. Er hat zwar, wegen ſeines ”Wohlverhaltens, eine Compagnie erhalten, das Re- ”giment iſt aber auch, nach erfolgtem Frieden, ab- ”gedankt worden. Sie hat in ſeinem langwierigen ”Krankenlager, was ſie gehabt, zu ſeiner Heilung ”verwendet. Er iſt endlich geſtorben. Sie hat zu ”weit- M 2

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/185>, abgerufen am 25.11.2024.