Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773."die Gränitzer bei Wilsdruf gestanden hätten! Die "Franzosen machens nicht beßer. Meine westphäli- "sche Schinken, und den Champagner, in dem ich sie "wollte kochen laßen, haben sie im vorigen Monate "in Bielefeld geplündert. Da sieht mans klar, daß "es ihnen mehr um die westphälischen Schinken, als "um den westphälischen Frieden zu thun ist. Jch "ließ mir Caviar aus Königsberg kommen, da ha- "ben die Rußen die Post bey Cößlin angehalten, "und bey Colberg auf die Flotte gebracht. Jch "mögte nur wißen, was mein Caviar auf der Flotte "zu thun hätte, ich habe niemals ein Korn davon zu "kosten bekommen. Jzt habe ich aus Sonnenburg "Krebse verschrieben, Herr Pastor, dis sind die schön- "sten Krebse an Größe und an Geschmack, aber die "werden wohl die Schwedeu speisen, denn die Erlan- "gische Kriegs- und Friedenszeitung schreibt, daß sie "nächstens in Berlin seyn werden. So sind wir al- "lenthalben mit Feinden umgeben, die uns alles weg- "nehmen. Kein Wunder wenn wir schon ganz aus- "gehungert sind." Jndem er dis sagte, kam der Cammerdiener, und fragte, ob es Sr. Hochgräfli- chen Gnaden gefällig wäre, das Frühstück zu sich zu nehmen. "Ja," sagte der Graf, "und gebt noch "ein Couvert für den Herrn Pastor. Sie müßen "wißen
„die Graͤnitzer bei Wilsdruf geſtanden haͤtten! Die „Franzoſen machens nicht beßer. Meine weſtphaͤli- „ſche Schinken, und den Champagner, in dem ich ſie „wollte kochen laßen, haben ſie im vorigen Monate „in Bielefeld gepluͤndert. Da ſieht mans klar, daß „es ihnen mehr um die weſtphaͤliſchen Schinken, als „um den weſtphaͤliſchen Frieden zu thun iſt. Jch „ließ mir Caviar aus Koͤnigsberg kommen, da ha- „ben die Rußen die Poſt bey Coͤßlin angehalten, „und bey Colberg auf die Flotte gebracht. Jch „moͤgte nur wißen, was mein Caviar auf der Flotte „zu thun haͤtte, ich habe niemals ein Korn davon zu „koſten bekommen. Jzt habe ich aus Sonnenburg „Krebſe verſchrieben, Herr Paſtor, dis ſind die ſchoͤn- „ſten Krebſe an Groͤße und an Geſchmack, aber die „werden wohl die Schwedeu ſpeiſen, denn die Erlan- „giſche Kriegs- und Friedenszeitung ſchreibt, daß ſie „naͤchſtens in Berlin ſeyn werden. So ſind wir al- „lenthalben mit Feinden umgeben, die uns alles weg- „nehmen. Kein Wunder wenn wir ſchon ganz aus- „gehungert ſind.‟ Jndem er dis ſagte, kam der Cammerdiener, und fragte, ob es Sr. Hochgraͤfli- chen Gnaden gefaͤllig waͤre, das Fruͤhſtuͤck zu ſich zu nehmen. „Ja,‟ ſagte der Graf, „und gebt noch „ein Couvert fuͤr den Herrn Paſtor. Sie muͤßen „wißen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0080" n="58"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> „die Graͤnitzer bei Wilsdruf geſtanden haͤtten! Die<lb/> „Franzoſen machens nicht beßer. Meine weſtphaͤli-<lb/> „ſche Schinken, und den Champagner, in dem ich ſie<lb/> „wollte kochen laßen, haben ſie im vorigen Monate<lb/> „in Bielefeld gepluͤndert. Da ſieht mans klar, daß<lb/> „es ihnen mehr um die weſtphaͤliſchen Schinken, als<lb/> „um den weſtphaͤliſchen Frieden zu thun iſt. Jch<lb/> „ließ mir Caviar aus Koͤnigsberg kommen, da ha-<lb/> „ben die Rußen die Poſt bey Coͤßlin angehalten,<lb/> „und bey Colberg auf die Flotte gebracht. Jch<lb/> „moͤgte nur wißen, was mein Caviar auf der Flotte<lb/> „zu thun haͤtte, ich habe niemals ein Korn davon zu<lb/> „koſten bekommen. Jzt habe ich aus Sonnenburg<lb/> „Krebſe verſchrieben, Herr Paſtor, dis ſind die ſchoͤn-<lb/> „ſten Krebſe an Groͤße und an Geſchmack, aber die<lb/> „werden wohl die Schwedeu ſpeiſen, denn die Erlan-<lb/> „giſche Kriegs- und Friedenszeitung ſchreibt, daß ſie<lb/> „naͤchſtens in Berlin ſeyn werden. So ſind wir al-<lb/> „lenthalben mit Feinden umgeben, die uns alles weg-<lb/> „nehmen. Kein Wunder wenn wir ſchon ganz aus-<lb/> „gehungert ſind.‟ Jndem er dis ſagte, kam der<lb/> Cammerdiener, und fragte, ob es Sr. Hochgraͤfli-<lb/> chen Gnaden gefaͤllig waͤre, das Fruͤhſtuͤck zu ſich zu<lb/> nehmen. „Ja,‟ ſagte der Graf, „und gebt noch<lb/> „ein Couvert fuͤr den Herrn Paſtor. Sie muͤßen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">„wißen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0080]
„die Graͤnitzer bei Wilsdruf geſtanden haͤtten! Die
„Franzoſen machens nicht beßer. Meine weſtphaͤli-
„ſche Schinken, und den Champagner, in dem ich ſie
„wollte kochen laßen, haben ſie im vorigen Monate
„in Bielefeld gepluͤndert. Da ſieht mans klar, daß
„es ihnen mehr um die weſtphaͤliſchen Schinken, als
„um den weſtphaͤliſchen Frieden zu thun iſt. Jch
„ließ mir Caviar aus Koͤnigsberg kommen, da ha-
„ben die Rußen die Poſt bey Coͤßlin angehalten,
„und bey Colberg auf die Flotte gebracht. Jch
„moͤgte nur wißen, was mein Caviar auf der Flotte
„zu thun haͤtte, ich habe niemals ein Korn davon zu
„koſten bekommen. Jzt habe ich aus Sonnenburg
„Krebſe verſchrieben, Herr Paſtor, dis ſind die ſchoͤn-
„ſten Krebſe an Groͤße und an Geſchmack, aber die
„werden wohl die Schwedeu ſpeiſen, denn die Erlan-
„giſche Kriegs- und Friedenszeitung ſchreibt, daß ſie
„naͤchſtens in Berlin ſeyn werden. So ſind wir al-
„lenthalben mit Feinden umgeben, die uns alles weg-
„nehmen. Kein Wunder wenn wir ſchon ganz aus-
„gehungert ſind.‟ Jndem er dis ſagte, kam der
Cammerdiener, und fragte, ob es Sr. Hochgraͤfli-
chen Gnaden gefaͤllig waͤre, das Fruͤhſtuͤck zu ſich zu
nehmen. „Ja,‟ ſagte der Graf, „und gebt noch
„ein Couvert fuͤr den Herrn Paſtor. Sie muͤßen
„wißen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/80 |
Zitationshilfe: | Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/80>, abgerufen am 22.07.2024. |