Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.müsse, und daß es überhaupt unnöthig sey die Kapelle wieder zu bauen, da andere Kirchen genug in der Stadt wären, noch weniger zu vergrößern, so lange die Häuser der Einwohner zu deren Gebrauch die Kapelle dienen sollte, noch in der Asche lägen. Diese musten sich freilich, da sie nirgend unterkommen kon- ten, und gar keine Hofnung sahen, sich wieder auf- zuhelfen, in wenig Wochen zu Colonisten nach Rußland anwerben lassen. Sie bekamen also die für Sie neuerbaute Kapelle nicht zu sehen. Hinge- gen hatten sie doch den Trost, daß sie an dem Ufer der Wolga die gedruckte Einweihungspredigt des D. Stauzius nebst den beygefügten Carminibus des Stadtministerii und aller Primaner des fürstlichen Lycei mit vieler Erbauung verlesen hörten. Sebaldus erhielt diese gedruckte Einweihungs- gen
muͤſſe, und daß es uͤberhaupt unnoͤthig ſey die Kapelle wieder zu bauen, da andere Kirchen genug in der Stadt waͤren, noch weniger zu vergroͤßern, ſo lange die Haͤuſer der Einwohner zu deren Gebrauch die Kapelle dienen ſollte, noch in der Aſche laͤgen. Dieſe muſten ſich freilich, da ſie nirgend unterkommen kon- ten, und gar keine Hofnung ſahen, ſich wieder auf- zuhelfen, in wenig Wochen zu Coloniſten nach Rußland anwerben laſſen. Sie bekamen alſo die fuͤr Sie neuerbaute Kapelle nicht zu ſehen. Hinge- gen hatten ſie doch den Troſt, daß ſie an dem Ufer der Wolga die gedruckte Einweihungspredigt des D. Stauzius nebſt den beygefuͤgten Carminibus des Stadtminiſterii und aller Primaner des fuͤrſtlichen Lycei mit vieler Erbauung verleſen hoͤrten. Sebaldus erhielt dieſe gedruckte Einweihungs- gen
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muͤſſe, und daß es uͤberhaupt unnoͤthig ſey die Kapelle
wieder zu bauen, da andere Kirchen genug in der
Stadt waͤren, noch weniger zu vergroͤßern, ſo lange
die Haͤuſer der Einwohner zu deren Gebrauch die
Kapelle dienen ſollte, noch in der Aſche laͤgen. Dieſe
muſten ſich freilich, da ſie nirgend unterkommen kon-
ten, und gar keine Hofnung ſahen, ſich wieder auf-
zuhelfen, in wenig Wochen zu Coloniſten nach
Rußland anwerben laſſen. Sie bekamen alſo die
fuͤr Sie neuerbaute Kapelle nicht zu ſehen. Hinge-
gen hatten ſie doch den Troſt, daß ſie an dem Ufer
der Wolga die gedruckte Einweihungspredigt des D.
Stauzius nebſt den beygefuͤgten Carminibus des
Stadtminiſterii und aller Primaner des fuͤrſtlichen
Lycei mit vieler Erbauung verleſen hoͤrten.
Sebaldus erhielt dieſe gedruckte Einweihungs-
predigt in eben dem Pakete, worin Wilhelmine die
Schrift vom Tode fuͤrs Vaterland erhielt. Sie
machte ihm aber nicht ſonderliches Vergnuͤgen.
D. Stauzius hatte in derſelben mehr als einmal, denen
die Kirchen und Kapellen verachten, und den Bau
oder Verſchoͤnerung derſelben hindern, mit der ewigen
Verdammniß gedrohet. Sebaldus aber konnte
dieſe Lehre niemals behauptet ſehen, ohne in eine Art
von Bekuͤmmerniß zu gerathen, die dem Mißvergnuͤ-
gen
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