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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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Erstes Buch.
Erster Abschnitt.

Der Pastor Sebaldus und die schöne Wilhel-
mine,
brachten die ersten Monate nach ih-
rer Verheirathung, welche sonst andern neuverehlich-
ten Paaren die Zeit einer girrenden Zärtlichkeit zu
seyn pflegen, vielmehr in einer Art von Kälte und
Verlegenheit zu. Sebaldus bemerkte einen Abstand
zwischen seiner landmännischen Treuherzigkeit, und
den feinen Hofmanieren seiner vornehmen jungen
Frau. Er konnte sich noch nicht recht darinn schicken,
mit ihr als mit seines gleichen umzugehen. Wilhel-
mine,
auf ihrer Seite, konnte den wohlgeputzten
Hof, den sie verlassen hatte, nicht so geschwind ver-
gessen. Das Andenken der Pracht der von der Für-
stinn abgelegten Kleider, in der sie sich oft der gaffen-
den Menge der Zofen und Kammerdiener gezeigt
hatte, verleidete ihr ihren ländlichen aber neugemach-

ten
Erster Theil. A


Erſtes Buch.
Erſter Abſchnitt.

Der Paſtor Sebaldus und die ſchoͤne Wilhel-
mine,
brachten die erſten Monate nach ih-
rer Verheirathung, welche ſonſt andern neuverehlich-
ten Paaren die Zeit einer girrenden Zaͤrtlichkeit zu
ſeyn pflegen, vielmehr in einer Art von Kaͤlte und
Verlegenheit zu. Sebaldus bemerkte einen Abſtand
zwiſchen ſeiner landmaͤnniſchen Treuherzigkeit, und
den feinen Hofmanieren ſeiner vornehmen jungen
Frau. Er konnte ſich noch nicht recht darinn ſchicken,
mit ihr als mit ſeines gleichen umzugehen. Wilhel-
mine,
auf ihrer Seite, konnte den wohlgeputzten
Hof, den ſie verlaſſen hatte, nicht ſo geſchwind ver-
geſſen. Das Andenken der Pracht der von der Fuͤr-
ſtinn abgelegten Kleider, in der ſie ſich oft der gaffen-
den Menge der Zofen und Kammerdiener gezeigt
hatte, verleidete ihr ihren laͤndlichen aber neugemach-

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Erſter Theil. A
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[[1]/0021] Erſtes Buch. Erſter Abſchnitt. Der Paſtor Sebaldus und die ſchoͤne Wilhel- mine, brachten die erſten Monate nach ih- rer Verheirathung, welche ſonſt andern neuverehlich- ten Paaren die Zeit einer girrenden Zaͤrtlichkeit zu ſeyn pflegen, vielmehr in einer Art von Kaͤlte und Verlegenheit zu. Sebaldus bemerkte einen Abſtand zwiſchen ſeiner landmaͤnniſchen Treuherzigkeit, und den feinen Hofmanieren ſeiner vornehmen jungen Frau. Er konnte ſich noch nicht recht darinn ſchicken, mit ihr als mit ſeines gleichen umzugehen. Wilhel- mine, auf ihrer Seite, konnte den wohlgeputzten Hof, den ſie verlaſſen hatte, nicht ſo geſchwind ver- geſſen. Das Andenken der Pracht der von der Fuͤr- ſtinn abgelegten Kleider, in der ſie ſich oft der gaffen- den Menge der Zofen und Kammerdiener gezeigt hatte, verleidete ihr ihren laͤndlichen aber neugemach- ten Erſter Theil. A

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/21>, abgerufen am 24.11.2024.