durch bloße Erzählung der Wahrheit seine Feinde zu beschämen.
Hieronymus aber, der einige mehrere Erfah- rung in Welthändeln hatte, versicherte ihn: "daß der- "jenige, der wissentlich eine falsche Anklage thue, "nicht durch die Wahrheit beschämet werde; daß man "einen mächtigen Mann alsdenn am meisten fürch- "ten müsse, wenn er offenbar ungerecht anklage, und daß "bey einem fiskalischen Processe nie etwas zu gewin- "nen, sehr oft aber viel zu verlieren sey."
Nachdem beide den wahren Zustand der Sachen reiflicher überlegt hatten, so kamen sie überein, daß den mächtigen Feinden des Sebaldus seine Gegen- wart im Lande zuwider wäre, und daß es für ihn sicherer seyn möchte, itzt abzuziehen, als sich mit Ge- walt wegtreiben zu lassen.
Das Empfehlungsschreiben des Majors nach Ber- lin ward also hervorgesucht. Hieronymus schrieb auch eins, an einen seiner dortigen Handlungsgenos- sen, das, wenn sich nichts bessers fände den Se- baldus, wenigstens wieder zu der Würde eines Cor- rectors erheben sollte, zugleich stellte er demselben eine Summe Geldes zu, welche er aus den bey ihm zu- rückgelassenen Mobilien gelöset zu haben versicherte, die aber Sebaldus Erwartung so sehr übertraf, daß
er
durch bloße Erzaͤhlung der Wahrheit ſeine Feinde zu beſchaͤmen.
Hieronymus aber, der einige mehrere Erfah- rung in Welthaͤndeln hatte, verſicherte ihn: „daß der- „jenige, der wiſſentlich eine falſche Anklage thue, „nicht durch die Wahrheit beſchaͤmet werde; daß man „einen maͤchtigen Mann alsdenn am meiſten fuͤrch- „ten muͤſſe, wenn er offenbar ungerecht anklage, und daß „bey einem fiskaliſchen Proceſſe nie etwas zu gewin- „nen, ſehr oft aber viel zu verlieren ſey.‟
Nachdem beide den wahren Zuſtand der Sachen reiflicher uͤberlegt hatten, ſo kamen ſie uͤberein, daß den maͤchtigen Feinden des Sebaldus ſeine Gegen- wart im Lande zuwider waͤre, und daß es fuͤr ihn ſicherer ſeyn moͤchte, itzt abzuziehen, als ſich mit Ge- walt wegtreiben zu laſſen.
Das Empfehlungsſchreiben des Majors nach Ber- lin ward alſo hervorgeſucht. Hieronymus ſchrieb auch eins, an einen ſeiner dortigen Handlungsgenoſ- ſen, das, wenn ſich nichts beſſers faͤnde den Se- baldus, wenigſtens wieder zu der Wuͤrde eines Cor- rectors erheben ſollte, zugleich ſtellte er demſelben eine Summe Geldes zu, welche er aus den bey ihm zu- ruͤckgelaſſenen Mobilien geloͤſet zu haben verſicherte, die aber Sebaldus Erwartung ſo ſehr uͤbertraf, daß
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durch bloße Erzaͤhlung der Wahrheit ſeine Feinde zu
beſchaͤmen.
Hieronymus aber, der einige mehrere Erfah-
rung in Welthaͤndeln hatte, verſicherte ihn: „daß der-
„jenige, der wiſſentlich eine falſche Anklage thue,
„nicht durch die Wahrheit beſchaͤmet werde; daß man
„einen maͤchtigen Mann alsdenn am meiſten fuͤrch-
„ten muͤſſe, wenn er offenbar ungerecht anklage, und daß
„bey einem fiskaliſchen Proceſſe nie etwas zu gewin-
„nen, ſehr oft aber viel zu verlieren ſey.‟
Nachdem beide den wahren Zuſtand der Sachen
reiflicher uͤberlegt hatten, ſo kamen ſie uͤberein, daß
den maͤchtigen Feinden des Sebaldus ſeine Gegen-
wart im Lande zuwider waͤre, und daß es fuͤr ihn
ſicherer ſeyn moͤchte, itzt abzuziehen, als ſich mit Ge-
walt wegtreiben zu laſſen.
Das Empfehlungsſchreiben des Majors nach Ber-
lin ward alſo hervorgeſucht. Hieronymus ſchrieb
auch eins, an einen ſeiner dortigen Handlungsgenoſ-
ſen, das, wenn ſich nichts beſſers faͤnde den Se-
baldus, wenigſtens wieder zu der Wuͤrde eines Cor-
rectors erheben ſollte, zugleich ſtellte er demſelben eine
Summe Geldes zu, welche er aus den bey ihm zu-
ruͤckgelaſſenen Mobilien geloͤſet zu haben verſicherte,
die aber Sebaldus Erwartung ſo ſehr uͤbertraf, daß
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/188>, abgerufen am 25.06.2024.
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