Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.er lebte, und jede Meinung war ihm so wich- tig, als kaum manchem andern eine Hand- lung. Daher ist dieses Werk auch gar nicht für die große Welt, sondern -- deutsch her- aus zu reden -- nur für Gelehrten von Pro- fession gefchrieben. Wir hoffen nicht von der halbunangekleideten Schöne am Nachttische gelesen zu werden, die indem sie den Grazien opfert, auf Tant mieux pour elle einen schrä- gen Blick wirft; nicht von dem piruettiren- den Petitmaiter, beym Aufstehen oder Frisiren, auch nicht wenn er en Chenille mit ungepu- derten Haaren und hochaufgebundenem Ca- dogan von Toilette zu Toilette schwärmt; nicht von dem Hofmanne, der den Wink des Fürsten und des Ministers zu studieren ver- steht und alle Galatage an den Fingern her- beten kann; nicht von dem Spieler; nicht von der Buhlschwester; nicht von -- Jst aber irgendwo ein hagerer Magister, senschaf-
er lebte, und jede Meinung war ihm ſo wich- tig, als kaum manchem andern eine Hand- lung. Daher iſt dieſes Werk auch gar nicht fuͤr die große Welt, ſondern — deutſch her- aus zu reden — nur fuͤr Gelehrten von Pro- feſſion gefchrieben. Wir hoffen nicht von der halbunangekleideten Schoͤne am Nachttiſche geleſen zu werden, die indem ſie den Grazien opfert, auf Tant mieux pour elle einen ſchraͤ- gen Blick wirft; nicht von dem piruettiren- den Petitmaiter, beym Aufſtehen oder Friſiren, auch nicht wenn er en Chenille mit ungepu- derten Haaren und hochaufgebundenem Ca- dogan von Toilette zu Toilette ſchwaͤrmt; nicht von dem Hofmanne, der den Wink des Fuͤrſten und des Miniſters zu ſtudieren ver- ſteht und alle Galatage an den Fingern her- beten kann; nicht von dem Spieler; nicht von der Buhlſchweſter; nicht von — Jſt aber irgendwo ein hagerer Magiſter, ſenſchaf-
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er lebte, und jede Meinung war ihm ſo wich-
tig, als kaum manchem andern eine Hand-
lung. Daher iſt dieſes Werk auch gar nicht
fuͤr die große Welt, ſondern — deutſch her-
aus zu reden — nur fuͤr Gelehrten von Pro-
feſſion gefchrieben. Wir hoffen nicht von der
halbunangekleideten Schoͤne am Nachttiſche
geleſen zu werden, die indem ſie den Grazien
opfert, auf Tant mieux pour elle einen ſchraͤ-
gen Blick wirft; nicht von dem piruettiren-
den Petitmaiter, beym Aufſtehen oder Friſiren,
auch nicht wenn er en Chenille mit ungepu-
derten Haaren und hochaufgebundenem Ca-
dogan von Toilette zu Toilette ſchwaͤrmt;
nicht von dem Hofmanne, der den Wink des
Fuͤrſten und des Miniſters zu ſtudieren ver-
ſteht und alle Galatage an den Fingern her-
beten kann; nicht von dem Spieler; nicht
von der Buhlſchweſter; nicht von —
Jſt aber irgendwo ein hagerer Magiſter,
der das ganze unermeſſliche Gebaͤude der Wiſ-
ſenſchaf-
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