Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.liches Gewerbe treiben, nicht mit der gebührenden Ehrfurcht gesprochen habe. Sebaldus fand, als er wieder bey seinen gebietenden Herren erschien, die Mienen kalt, die Stirnen gerunzelt, darauf folgten Klagen über die schlechten Zeiten, welche machten daß itzt weniger gedruckt würde, und daß man ihm daher weniger Correcturen geben könnte. Er bekam in kurzem in der That gar keine mehr, und weil sein rachsüchtiger College ihn, als einen Menschen der die Endlichkeit der Höllenstrafen glaubte, an solchen Oer- tern abgemahlt hatte, wo dieser Vorwurf mehr Ein- druck machte als bey Buchdruckern, so merkte er bald, daß jedermann sich für ihn scheuete. Jm kurzem ward er genöthigt, die Dachstube, wo er vor kurzem so ver- gnügt gewesen, mit einem Keller in der Vorstadt zu vertauschen, worinn ihn ein armer Mann aufnahm, den er zur Zeit seines Wohlstandes, als Markthelfer bey einem Buchhändler angebracht hatte. Dieser Mann, und sein gewesener Nachbar der Magister, waren nun seine einzige Freunde, deren Gutthaten gerade hinreichend waren, ihm das Leben zu erhalten. Eines Tages, den er ungegessen zugebracht hatte, und J 5
liches Gewerbe treiben, nicht mit der gebuͤhrenden Ehrfurcht geſprochen habe. Sebaldus fand, als er wieder bey ſeinen gebietenden Herren erſchien, die Mienen kalt, die Stirnen gerunzelt, darauf folgten Klagen uͤber die ſchlechten Zeiten, welche machten daß itzt weniger gedruckt wuͤrde, und daß man ihm daher weniger Correcturen geben koͤnnte. Er bekam in kurzem in der That gar keine mehr, und weil ſein rachſuͤchtiger College ihn, als einen Menſchen der die Endlichkeit der Hoͤllenſtrafen glaubte, an ſolchen Oer- tern abgemahlt hatte, wo dieſer Vorwurf mehr Ein- druck machte als bey Buchdruckern, ſo merkte er bald, daß jedermann ſich fuͤr ihn ſcheuete. Jm kurzem ward er genoͤthigt, die Dachſtube, wo er vor kurzem ſo ver- gnuͤgt geweſen, mit einem Keller in der Vorſtadt zu vertauſchen, worinn ihn ein armer Mann aufnahm, den er zur Zeit ſeines Wohlſtandes, als Markthelfer bey einem Buchhaͤndler angebracht hatte. Dieſer Mann, und ſein geweſener Nachbar der Magiſter, waren nun ſeine einzige Freunde, deren Gutthaten gerade hinreichend waren, ihm das Leben zu erhalten. Eines Tages, den er ungegeſſen zugebracht hatte, und J 5
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liches Gewerbe treiben, nicht mit der gebuͤhrenden
Ehrfurcht geſprochen habe. Sebaldus fand, als er
wieder bey ſeinen gebietenden Herren erſchien, die
Mienen kalt, die Stirnen gerunzelt, darauf folgten
Klagen uͤber die ſchlechten Zeiten, welche machten
daß itzt weniger gedruckt wuͤrde, und daß man ihm
daher weniger Correcturen geben koͤnnte. Er bekam
in kurzem in der That gar keine mehr, und weil ſein
rachſuͤchtiger College ihn, als einen Menſchen der die
Endlichkeit der Hoͤllenſtrafen glaubte, an ſolchen Oer-
tern abgemahlt hatte, wo dieſer Vorwurf mehr Ein-
druck machte als bey Buchdruckern, ſo merkte er bald,
daß jedermann ſich fuͤr ihn ſcheuete. Jm kurzem ward
er genoͤthigt, die Dachſtube, wo er vor kurzem ſo ver-
gnuͤgt geweſen, mit einem Keller in der Vorſtadt zu
vertauſchen, worinn ihn ein armer Mann aufnahm,
den er zur Zeit ſeines Wohlſtandes, als Markthelfer
bey einem Buchhaͤndler angebracht hatte. Dieſer
Mann, und ſein geweſener Nachbar der Magiſter,
waren nun ſeine einzige Freunde, deren Gutthaten
gerade hinreichend waren, ihm das Leben zu erhalten.
Eines Tages, den er ungegeſſen zugebracht hatte,
war er er gegen Abend zu ſeinem Freunde dem Ma-
giſter gegangen, der ſehr gern ſein duͤrftiges Ein-
kommen mit ihm theilte, und durch freundſchaftliche
und
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