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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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machen, wissen Sie wohl, daß Sie sich selbst ernie-
drigen.

Hier. Wie so?

Seb. Jch habe immer der Buchhandlung vor
allen Arten der Handlung den Vorzug gegeben, weil
ich glaube, daß durch ihre Vermittelung die gelehrten
Kenntnisse unter die Menschen gebracht werden, weil
sie nicht blühen kan, als wenn eine gründliche und nütz-
liche Gelehrsamkeit blühet.

Hier. Da haben sie einen sehr falschen Begriff von
der Buchhandlung. Sie stehet nur in rechtem Flore,
wenn die Leute sehr dumm sind.

Seb. Wenn die Leute sehr dumm sind? Das kann
ich nicht begreifen. Dumme Leute werden ja keine
Bücher kaufen.

Hier. Weßwegen nicht? Sie kaufen dumme Bü-
cher, und die sind in größerer Anzahl und machen
größere Bände aus. Es ist auch viel leichter und be-
quemer für dumme Leute zu schreiben und zu verlegen,
als für kluge. Sehen Sie nur meine Collegen die Buch-
händler in den katholischen Provinzen an, die zum Theile
reicher sind, als alle protestantische Buchhändler, die jetzt
die Messe besuchen. Sie finden in ihren Verzeich-
nissen schöne Folianten über das Jus canonicum, herr-
liche Fasten- und Fronleichnamspredigten, derbe Con-

tro-



machen, wiſſen Sie wohl, daß Sie ſich ſelbſt ernie-
drigen.

Hier. Wie ſo?

Seb. Jch habe immer der Buchhandlung vor
allen Arten der Handlung den Vorzug gegeben, weil
ich glaube, daß durch ihre Vermittelung die gelehrten
Kenntniſſe unter die Menſchen gebracht werden, weil
ſie nicht bluͤhen kan, als wenn eine gruͤndliche und nuͤtz-
liche Gelehrſamkeit bluͤhet.

Hier. Da haben ſie einen ſehr falſchen Begriff von
der Buchhandlung. Sie ſtehet nur in rechtem Flore,
wenn die Leute ſehr dumm ſind.

Seb. Wenn die Leute ſehr dumm ſind? Das kann
ich nicht begreifen. Dumme Leute werden ja keine
Buͤcher kaufen.

Hier. Weßwegen nicht? Sie kaufen dumme Buͤ-
cher, und die ſind in groͤßerer Anzahl und machen
groͤßere Baͤnde aus. Es iſt auch viel leichter und be-
quemer fuͤr dumme Leute zu ſchreiben und zu verlegen,
als fuͤr kluge. Sehen Sie nur meine Collegen die Buch-
haͤndler in den katholiſchen Provinzen an, die zum Theile
reicher ſind, als alle proteſtantiſche Buchhaͤndler, die jetzt
die Meſſe beſuchen. Sie finden in ihren Verzeich-
niſſen ſchoͤne Folianten uͤber das Jus canonicum, herr-
liche Faſten- und Fronleichnamspredigten, derbe Con-

tro-
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[112/0136] machen, wiſſen Sie wohl, daß Sie ſich ſelbſt ernie- drigen. Hier. Wie ſo? Seb. Jch habe immer der Buchhandlung vor allen Arten der Handlung den Vorzug gegeben, weil ich glaube, daß durch ihre Vermittelung die gelehrten Kenntniſſe unter die Menſchen gebracht werden, weil ſie nicht bluͤhen kan, als wenn eine gruͤndliche und nuͤtz- liche Gelehrſamkeit bluͤhet. Hier. Da haben ſie einen ſehr falſchen Begriff von der Buchhandlung. Sie ſtehet nur in rechtem Flore, wenn die Leute ſehr dumm ſind. Seb. Wenn die Leute ſehr dumm ſind? Das kann ich nicht begreifen. Dumme Leute werden ja keine Buͤcher kaufen. Hier. Weßwegen nicht? Sie kaufen dumme Buͤ- cher, und die ſind in groͤßerer Anzahl und machen groͤßere Baͤnde aus. Es iſt auch viel leichter und be- quemer fuͤr dumme Leute zu ſchreiben und zu verlegen, als fuͤr kluge. Sehen Sie nur meine Collegen die Buch- haͤndler in den katholiſchen Provinzen an, die zum Theile reicher ſind, als alle proteſtantiſche Buchhaͤndler, die jetzt die Meſſe beſuchen. Sie finden in ihren Verzeich- niſſen ſchoͤne Folianten uͤber das Jus canonicum, herr- liche Faſten- und Fronleichnamspredigten, derbe Con- tro-

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/136>, abgerufen am 25.11.2024.