Mag. Die auch trotz ihrem Commentar unbe- kannt bleiben werden. Denn glauben Sie mir, Ben- gel ist im Besitze des apocalyptischen Reichs, aus dem Sie ihn nicht vertreiben werden. Wir haben in Deutschland noch kein Beyspiel, daß einem abgesetz- ten Dorfpfarrer mehr wäre geglaubt worden, als einem Prälaten.
Seb. Jch kan über das Schicksal meines Com- mentars ruhig seyn. Genug wenn ich die Wahrheit sage, wie ich sie erkenne, und weil es Wahrheit ist, und nicht deswegen, weil ich mit einem Buchhändler einen Contract gemacht habe ihm funfzig Bogen zu liefern. Wohin soll es mit der deutschen Gelehrsam- keit kommen, wenn der gröste Theil der Schriftsteller nicht die Beförderung der Gelehrsamkeit, sondern die Beförderung ihres Ruhms und Nutzens sucht.
Mag. Und wohin soll es mit der deutschen Ge- lehrsamkeit kommen, wenn deutsche Gelehrsamkeit in unserm eigenen Vaterlande ein Schimpf ist, wenn das sicherste Mittel zu darben ist, sich auf Kenntnisse zu legen, die die Seelen unserer Mitbürger erleuch- ten, aber nicht ihren Wollüsten dienen, oder ihren Beutel füllen können, wenn kein einziges Mittel übrig bleibt, dem Gelehrten, der weder Kuppler noch Plusma- cher seyn will, in der Welt sein Auskommen zu geben,
wenn
Mag. Die auch trotz ihrem Commentar unbe- kannt bleiben werden. Denn glauben Sie mir, Ben- gel iſt im Beſitze des apocalyptiſchen Reichs, aus dem Sie ihn nicht vertreiben werden. Wir haben in Deutſchland noch kein Beyſpiel, daß einem abgeſetz- ten Dorfpfarrer mehr waͤre geglaubt worden, als einem Praͤlaten.
Seb. Jch kan uͤber das Schickſal meines Com- mentars ruhig ſeyn. Genug wenn ich die Wahrheit ſage, wie ich ſie erkenne, und weil es Wahrheit iſt, und nicht deswegen, weil ich mit einem Buchhaͤndler einen Contract gemacht habe ihm funfzig Bogen zu liefern. Wohin ſoll es mit der deutſchen Gelehrſam- keit kommen, wenn der groͤſte Theil der Schriftſteller nicht die Befoͤrderung der Gelehrſamkeit, ſondern die Befoͤrderung ihres Ruhms und Nutzens ſucht.
Mag. Und wohin ſoll es mit der deutſchen Ge- lehrſamkeit kommen, wenn deutſche Gelehrſamkeit in unſerm eigenen Vaterlande ein Schimpf iſt, wenn das ſicherſte Mittel zu darben iſt, ſich auf Kenntniſſe zu legen, die die Seelen unſerer Mitbuͤrger erleuch- ten, aber nicht ihren Wolluͤſten dienen, oder ihren Beutel fuͤllen koͤnnen, wenn kein einziges Mittel uͤbrig bleibt, dem Gelehrten, der weder Kuppler noch Plusma- cher ſeyn will, in der Welt ſein Auskommen zu geben,
wenn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0132"n="108"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#fr">Mag.</hi> Die auch trotz ihrem Commentar unbe-<lb/>
kannt bleiben werden. Denn glauben Sie mir, Ben-<lb/>
gel iſt im Beſitze des apocalyptiſchen Reichs, aus dem<lb/>
Sie ihn nicht vertreiben werden. Wir haben in<lb/>
Deutſchland noch kein Beyſpiel, daß einem abgeſetz-<lb/>
ten Dorfpfarrer mehr waͤre geglaubt worden, als einem<lb/>
Praͤlaten.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Seb.</hi> Jch kan uͤber das Schickſal meines Com-<lb/>
mentars ruhig ſeyn. Genug wenn ich die Wahrheit<lb/>ſage, wie ich ſie erkenne, und weil es Wahrheit iſt,<lb/>
und nicht deswegen, weil ich mit einem Buchhaͤndler<lb/>
einen Contract gemacht habe ihm funfzig Bogen zu<lb/>
liefern. Wohin ſoll es mit der deutſchen Gelehrſam-<lb/>
keit kommen, wenn der groͤſte Theil der Schriftſteller<lb/>
nicht die Befoͤrderung der Gelehrſamkeit, ſondern die<lb/>
Befoͤrderung ihres Ruhms und Nutzens ſucht.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Mag.</hi> Und wohin ſoll es mit der deutſchen Ge-<lb/>
lehrſamkeit kommen, wenn deutſche Gelehrſamkeit in<lb/>
unſerm eigenen Vaterlande ein Schimpf iſt, wenn<lb/>
das ſicherſte Mittel zu darben iſt, ſich auf Kenntniſſe<lb/>
zu legen, die die Seelen unſerer Mitbuͤrger erleuch-<lb/>
ten, aber nicht ihren Wolluͤſten dienen, oder ihren<lb/>
Beutel fuͤllen koͤnnen, wenn kein einziges Mittel uͤbrig<lb/>
bleibt, dem Gelehrten, der weder Kuppler noch Plusma-<lb/>
cher ſeyn will, in der Welt ſein Auskommen zu geben,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wenn</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[108/0132]
Mag. Die auch trotz ihrem Commentar unbe-
kannt bleiben werden. Denn glauben Sie mir, Ben-
gel iſt im Beſitze des apocalyptiſchen Reichs, aus dem
Sie ihn nicht vertreiben werden. Wir haben in
Deutſchland noch kein Beyſpiel, daß einem abgeſetz-
ten Dorfpfarrer mehr waͤre geglaubt worden, als einem
Praͤlaten.
Seb. Jch kan uͤber das Schickſal meines Com-
mentars ruhig ſeyn. Genug wenn ich die Wahrheit
ſage, wie ich ſie erkenne, und weil es Wahrheit iſt,
und nicht deswegen, weil ich mit einem Buchhaͤndler
einen Contract gemacht habe ihm funfzig Bogen zu
liefern. Wohin ſoll es mit der deutſchen Gelehrſam-
keit kommen, wenn der groͤſte Theil der Schriftſteller
nicht die Befoͤrderung der Gelehrſamkeit, ſondern die
Befoͤrderung ihres Ruhms und Nutzens ſucht.
Mag. Und wohin ſoll es mit der deutſchen Ge-
lehrſamkeit kommen, wenn deutſche Gelehrſamkeit in
unſerm eigenen Vaterlande ein Schimpf iſt, wenn
das ſicherſte Mittel zu darben iſt, ſich auf Kenntniſſe
zu legen, die die Seelen unſerer Mitbuͤrger erleuch-
ten, aber nicht ihren Wolluͤſten dienen, oder ihren
Beutel fuͤllen koͤnnen, wenn kein einziges Mittel uͤbrig
bleibt, dem Gelehrten, der weder Kuppler noch Plusma-
cher ſeyn will, in der Welt ſein Auskommen zu geben,
wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/132>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.