Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.bersetzungen gemeiniglich auch an Unterarbeiter aus- getheilt. Diese müßen sich aber schon mehr in Acht nehmen, daß sie wenigstens die eigenen Namen rich- tig übersetzen und die Jahrzahlen recht abschreiben, denn auf solche Sachen lauren unsere historische Re- censenten wie Falken. Dagegen ist auch nicht so viel daran gelegen, wenn sie die Vorstellungen der Bege- benheiten und die eingestreute Reflexionen etwas flüch- tig und schielend übersetzen, denn sie werden auf die Art der Schreibart einiger deutschen Geschichtschrei- ber desto ähnlicher, die in ihrer Freunde gelehrten Zei- tungen und Journalen gewohnt sind am lautsten ge- lobt zu werden. Aber neue Komödien und neue Romanen muß meistens der selbst übersetzen, der als Uebersetzer bekannt seyn will, denn diese Bücher kommen alzuvielen Lesern in die Hände, und die Kunstrichter sind hier gleich bey der Hand, und lassen sich selten durch einen berühmten Namen vom Tadel abschrecken. Seb. Jch erstaune immer mehr über das was Mag. Sie vielmehr kommen aus einer andern jeder
berſetzungen gemeiniglich auch an Unterarbeiter aus- getheilt. Dieſe muͤßen ſich aber ſchon mehr in Acht nehmen, daß ſie wenigſtens die eigenen Namen rich- tig uͤberſetzen und die Jahrzahlen recht abſchreiben, denn auf ſolche Sachen lauren unſere hiſtoriſche Re- cenſenten wie Falken. Dagegen iſt auch nicht ſo viel daran gelegen, wenn ſie die Vorſtellungen der Bege- benheiten und die eingeſtreute Reflexionen etwas fluͤch- tig und ſchielend uͤberſetzen, denn ſie werden auf die Art der Schreibart einiger deutſchen Geſchichtſchrei- ber deſto aͤhnlicher, die in ihrer Freunde gelehrten Zei- tungen und Journalen gewohnt ſind am lautſten ge- lobt zu werden. Aber neue Komoͤdien und neue Romanen muß meiſtens der ſelbſt uͤberſetzen, der als Ueberſetzer bekannt ſeyn will, denn dieſe Buͤcher kommen alzuvielen Leſern in die Haͤnde, und die Kunſtrichter ſind hier gleich bey der Hand, und laſſen ſich ſelten durch einen beruͤhmten Namen vom Tadel abſchrecken. Seb. Jch erſtaune immer mehr uͤber das was Mag. Sie vielmehr kommen aus einer andern jeder
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0128" n="104"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> berſetzungen gemeiniglich auch an Unterarbeiter aus-<lb/> getheilt. Dieſe muͤßen ſich aber ſchon mehr in Acht<lb/> nehmen, daß ſie wenigſtens die eigenen Namen rich-<lb/> tig uͤberſetzen und die Jahrzahlen recht abſchreiben,<lb/> denn auf ſolche Sachen lauren unſere hiſtoriſche Re-<lb/> cenſenten wie Falken. Dagegen iſt auch nicht ſo viel<lb/> daran gelegen, wenn ſie die Vorſtellungen der Bege-<lb/> benheiten und die eingeſtreute Reflexionen etwas fluͤch-<lb/> tig und ſchielend uͤberſetzen, denn ſie werden auf die<lb/> Art der Schreibart einiger deutſchen Geſchichtſchrei-<lb/> ber deſto aͤhnlicher, die in ihrer Freunde gelehrten Zei-<lb/> tungen und Journalen gewohnt ſind am lautſten ge-<lb/> lobt zu werden. Aber neue Komoͤdien und neue<lb/> Romanen muß meiſtens der ſelbſt uͤberſetzen, der<lb/> als Ueberſetzer bekannt ſeyn will, denn dieſe Buͤcher<lb/> kommen alzuvielen Leſern in die Haͤnde, und die<lb/> Kunſtrichter ſind hier gleich bey der Hand, und laſſen<lb/> ſich ſelten durch einen beruͤhmten Namen vom Tadel<lb/> abſchrecken.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Seb.</hi> Jch erſtaune immer mehr uͤber das was<lb/> Sie mir ſagen. Es iſt mir, als ob Sie von einer<lb/> andern Welt redeten. Sie koͤnnen auch unmoͤglich<lb/> Deutſchland im Sinne haben.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Mag.</hi> Sie vielmehr kommen aus einer andern<lb/> Welt, aus der ſchoͤnen Welt der Jmagination, wo<lb/> <fw place="bottom" type="catch">jeder</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0128]
berſetzungen gemeiniglich auch an Unterarbeiter aus-
getheilt. Dieſe muͤßen ſich aber ſchon mehr in Acht
nehmen, daß ſie wenigſtens die eigenen Namen rich-
tig uͤberſetzen und die Jahrzahlen recht abſchreiben,
denn auf ſolche Sachen lauren unſere hiſtoriſche Re-
cenſenten wie Falken. Dagegen iſt auch nicht ſo viel
daran gelegen, wenn ſie die Vorſtellungen der Bege-
benheiten und die eingeſtreute Reflexionen etwas fluͤch-
tig und ſchielend uͤberſetzen, denn ſie werden auf die
Art der Schreibart einiger deutſchen Geſchichtſchrei-
ber deſto aͤhnlicher, die in ihrer Freunde gelehrten Zei-
tungen und Journalen gewohnt ſind am lautſten ge-
lobt zu werden. Aber neue Komoͤdien und neue
Romanen muß meiſtens der ſelbſt uͤberſetzen, der
als Ueberſetzer bekannt ſeyn will, denn dieſe Buͤcher
kommen alzuvielen Leſern in die Haͤnde, und die
Kunſtrichter ſind hier gleich bey der Hand, und laſſen
ſich ſelten durch einen beruͤhmten Namen vom Tadel
abſchrecken.
Seb. Jch erſtaune immer mehr uͤber das was
Sie mir ſagen. Es iſt mir, als ob Sie von einer
andern Welt redeten. Sie koͤnnen auch unmoͤglich
Deutſchland im Sinne haben.
Mag. Sie vielmehr kommen aus einer andern
Welt, aus der ſchoͤnen Welt der Jmagination, wo
jeder
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/128 |
Zitationshilfe: | Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/128>, abgerufen am 22.07.2024. |