Seb. Ja, wenn dis wahr ist, was Sie sagen, so müste ich freilich von der Menge der nützlichen Bü- cher, über deren Daseyn ich mich gefreuet habe, alle diejenigen abziehen die die Convenienz der Schrift- steller und die Laune der Buchhändler zur Welt bringt.
Mag. Und rechnen Sie immer auch den grösten Theil der ungeheuer großen Anzahl von Büchern ab, mit denen vermittelst unserer Uebersetzungsfabriken Deutschland überschwemmt wird.
Seb. Habe ich recht gehört? Uebersetzungsfa- briken? Was soll denn das bedeuten?
Mag. Fabriken, in welchen Ueberfetzungen fabricirt werden, das ist ja deutlich.
Seb. Aber Uebersetzungen sind ja keine Leinwand oder keine Strümpfe, daß sie auf einem Stuhle gewebt werden könnten.
Mag. Und doch werden sie beinahe eben so ver- fertigt, nur, daß man wie bey Strümpfen, bloß die Hände dazu nöthig hat, und nicht, wie bey der Lein- wand, auch die Füße. Auch versichre ich Sie, daß keine Lieferung von Hemden und Strümpfen für die Armee genauer bedungen wird, und richtiger auf den Tag muß abgeliefert werden, als eine Ueberse- tzung aus dem französischen, denn dies wird für die schlechteste, aber auch für die gangbarste Waare, in dieser Fabrik geachtet.
Seb.
Seb. Ja, wenn dis wahr iſt, was Sie ſagen, ſo muͤſte ich freilich von der Menge der nuͤtzlichen Buͤ- cher, uͤber deren Daſeyn ich mich gefreuet habe, alle diejenigen abziehen die die Convenienz der Schrift- ſteller und die Laune der Buchhaͤndler zur Welt bringt.
Mag. Und rechnen Sie immer auch den groͤſten Theil der ungeheuer großen Anzahl von Buͤchern ab, mit denen vermittelſt unſerer Ueberſetzungsfabriken Deutſchland uͤberſchwemmt wird.
Seb. Habe ich recht gehoͤrt? Ueberſetzungsfa- briken? Was ſoll denn das bedeuten?
Mag. Fabriken, in welchen Ueberfetzungen fabricirt werden, das iſt ja deutlich.
Seb. Aber Ueberſetzungen ſind ja keine Leinwand oder keine Struͤmpfe, daß ſie auf einem Stuhle gewebt werden koͤnnten.
Mag. Und doch werden ſie beinahe eben ſo ver- fertigt, nur, daß man wie bey Struͤmpfen, bloß die Haͤnde dazu noͤthig hat, und nicht, wie bey der Lein- wand, auch die Fuͤße. Auch verſichre ich Sie, daß keine Lieferung von Hemden und Struͤmpfen fuͤr die Armee genauer bedungen wird, und richtiger auf den Tag muß abgeliefert werden, als eine Ueberſe- tzung aus dem franzoͤſiſchen, denn dies wird fuͤr die ſchlechteſte, aber auch fuͤr die gangbarſte Waare, in dieſer Fabrik geachtet.
Seb.
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Seb. Ja, wenn dis wahr iſt, was Sie ſagen,
ſo muͤſte ich freilich von der Menge der nuͤtzlichen Buͤ-
cher, uͤber deren Daſeyn ich mich gefreuet habe, alle
diejenigen abziehen die die Convenienz der Schrift-
ſteller und die Laune der Buchhaͤndler zur Welt bringt.
Mag. Und rechnen Sie immer auch den groͤſten
Theil der ungeheuer großen Anzahl von Buͤchern ab,
mit denen vermittelſt unſerer Ueberſetzungsfabriken
Deutſchland uͤberſchwemmt wird.
Seb. Habe ich recht gehoͤrt? Ueberſetzungsfa-
briken? Was ſoll denn das bedeuten?
Mag. Fabriken, in welchen Ueberfetzungen
fabricirt werden, das iſt ja deutlich.
Seb. Aber Ueberſetzungen ſind ja keine Leinwand
oder keine Struͤmpfe, daß ſie auf einem Stuhle
gewebt werden koͤnnten.
Mag. Und doch werden ſie beinahe eben ſo ver-
fertigt, nur, daß man wie bey Struͤmpfen, bloß die
Haͤnde dazu noͤthig hat, und nicht, wie bey der Lein-
wand, auch die Fuͤße. Auch verſichre ich Sie, daß
keine Lieferung von Hemden und Struͤmpfen fuͤr die
Armee genauer bedungen wird, und richtiger auf
den Tag muß abgeliefert werden, als eine Ueberſe-
tzung aus dem franzoͤſiſchen, denn dies wird fuͤr die
ſchlechteſte, aber auch fuͤr die gangbarſte Waare, in
dieſer Fabrik geachtet.
Seb.
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/122>, abgerufen am 22.07.2024.
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