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Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599.

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Der Ander Theil deß Frewden Spiegels.
nester Herr Jesu: Dusch mäckst mir süsser denn Honig-
du scheinest mir weisser denn Milch vnd Schnee/ du belie-
best mir vber Wein vnd Maluasier/ vnd bist mir angenem-
mer vnd lieber denn Goldt vnnd Edelsteine/ ja lieber denn
alle Reichthumb/ vnd alle Ehre der gantzen weiten Welt.
Was soll ich sagen Herr mein Gott/ du mein einige
Hoffnung? Was soll ich sagen von deiner grossen Barm-
hertzigkeit? Was soll ich sagen O Jesu/ der du bist mein se-
lige vnd sicher Süssigkeit? Was sage ich/ dieweil ich eben
solchs rede? Jch sage was ich kan/ aber ich sage noch nit was
ich soll. O daß ich köndte von dir reden/ wie die jauchtzende
vnd frewdenreiche Chor der Engel von dir reden? O wie
gerne wolte ich meine Sinne/ Kräffte vnd Gedancken dahin
richten vnd wenden/ daß du möchtest gerühmet vnd geprey-
set werden? O wie andächtiglich wolt ich Englische Lieder/
nach himmelischer Melodey mitten in der Christlichen Ge-
mein/ dir zu Lob vnd Ehren deines Namens ohn Auffhö-
ren singen?

Ob wir schon
den HErrn
Christum allhie
nicht können
gnuglam loben/
sollen wir doch
den Anfaug
machen.

Aber weil mir solchs zu thun vnmüglich/ soll ich eben
darvmb schweigen? Wehe allen die von dir schweigen/
nachdemmal der Stummen Mundt du aufflösest/ vnnd
auch den Vnmündigen vnnd Säuglingen gibst redselige
Zungen. Wehe denen/ die nicht von dir reden/ sintemal
sie auch mit redender Zungen stumm sind/ wenn sie nicht
dein Lob reden. Aber wer kan dich nach der Würde gnug
loben/ O du vnaußsprechliche Krafft vnd ewige Weiß-
heit deß Vatters? Jch zwar finde keine Wort/ damit ich
dich gnugsam könne beschreiben/ O du allmächtig vnnd
allwissendes Wort. Doch wil ich von dir reden was ich
kan/ biß du mich heissest zu dir kommen/ da ich könne reden
von dir/ wie es sich gebürt/ vnd wie ich reden soll. Vnd dar-
vmb bitt ich dich demütiglich/ du wöllest nicht allein sehen

auff

Der Ander Theil deß Frewden Spiegels.
neſter Herr Jeſu: Duſch mäckſt mir ſüſſer denn Honig-
du ſcheineſt mir weiſſer denn Milch vnd Schnee/ du belie-
beſt mir vber Wein vnd Maluaſier/ vnd biſt mir angenem-
mer vnd lieber denn Goldt vnnd Edelſteine/ ja lieber denn
alle Reichthumb/ vnd alle Ehre der gantzen weiten Welt.
Was ſoll ich ſagen Herr mein Gott/ du mein einige
Hoffnung? Was ſoll ich ſagen von deiner groſſen Barm-
hertzigkeit? Was ſoll ich ſagen O Jeſu/ der du biſt mein ſe-
lige vnd ſicher Süſſigkeit? Was ſage ich/ dieweil ich eben
ſolchs rede? Jch ſage was ich kan/ aber ich ſage noch nit was
ich ſoll. O daß ich köndte von dir reden/ wie die jauchtzende
vnd frewdenreiche Chor der Engel von dir reden? O wie
gerne wolte ich meine Sinne/ Kräffte vnd Gedancken dahin
richten vnd wenden/ daß du möchteſt gerühmet vnd geprey-
ſet werden? O wie andächtiglich wolt ich Engliſche Lieder/
nach himmeliſcher Melodey mitten in der Chriſtlichen Ge-
mein/ dir zu Lob vnd Ehren deines Namens ohn Auffhö-
ren ſingen?

Ob wir ſchon
den HErrn
Chriſtum allhie
nicht können
gnuglam loben/
ſollen wir doch
den Anfaug
machen.

Aber weil mir ſolchs zu thun vnmüglich/ ſoll ich eben
darvmb ſchweigen? Wehe allen die von dir ſchweigen/
nachdemmal der Stummen Mundt du aufflöſeſt/ vnnd
auch den Vnmündigen vnnd Säuglingen gibſt redſelige
Zungen. Wehe denen/ die nicht von dir reden/ ſintemal
ſie auch mit redender Zungen ſtumm ſind/ wenn ſie nicht
dein Lob reden. Aber wer kan dich nach der Würde gnug
loben/ O du vnaußſprechliche Krafft vnd ewige Weiß-
heit deß Vatters? Jch zwar finde keine Wort/ damit ich
dich gnugſam könne beſchreiben/ O du allmächtig vnnd
allwiſſendes Wort. Doch wil ich von dir reden was ich
kan/ biß du mich heiſſeſt zu dir kommen/ da ich könne reden
von dir/ wie es ſich gebürt/ vnd wie ich reden ſoll. Vnd dar-
vmb bitt ich dich demütiglich/ du wölleſt nicht allein ſehen

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[226/0244] Der Ander Theil deß Frewden Spiegels. neſter Herr Jeſu: Duſch mäckſt mir ſüſſer denn Honig- du ſcheineſt mir weiſſer denn Milch vnd Schnee/ du belie- beſt mir vber Wein vnd Maluaſier/ vnd biſt mir angenem- mer vnd lieber denn Goldt vnnd Edelſteine/ ja lieber denn alle Reichthumb/ vnd alle Ehre der gantzen weiten Welt. Was ſoll ich ſagen Herr mein Gott/ du mein einige Hoffnung? Was ſoll ich ſagen von deiner groſſen Barm- hertzigkeit? Was ſoll ich ſagen O Jeſu/ der du biſt mein ſe- lige vnd ſicher Süſſigkeit? Was ſage ich/ dieweil ich eben ſolchs rede? Jch ſage was ich kan/ aber ich ſage noch nit was ich ſoll. O daß ich köndte von dir reden/ wie die jauchtzende vnd frewdenreiche Chor der Engel von dir reden? O wie gerne wolte ich meine Sinne/ Kräffte vnd Gedancken dahin richten vnd wenden/ daß du möchteſt gerühmet vnd geprey- ſet werden? O wie andächtiglich wolt ich Engliſche Lieder/ nach himmeliſcher Melodey mitten in der Chriſtlichen Ge- mein/ dir zu Lob vnd Ehren deines Namens ohn Auffhö- ren ſingen? Aber weil mir ſolchs zu thun vnmüglich/ ſoll ich eben darvmb ſchweigen? Wehe allen die von dir ſchweigen/ nachdemmal der Stummen Mundt du aufflöſeſt/ vnnd auch den Vnmündigen vnnd Säuglingen gibſt redſelige Zungen. Wehe denen/ die nicht von dir reden/ ſintemal ſie auch mit redender Zungen ſtumm ſind/ wenn ſie nicht dein Lob reden. Aber wer kan dich nach der Würde gnug loben/ O du vnaußſprechliche Krafft vnd ewige Weiß- heit deß Vatters? Jch zwar finde keine Wort/ damit ich dich gnugſam könne beſchreiben/ O du allmächtig vnnd allwiſſendes Wort. Doch wil ich von dir reden was ich kan/ biß du mich heiſſeſt zu dir kommen/ da ich könne reden von dir/ wie es ſich gebürt/ vnd wie ich reden ſoll. Vnd dar- vmb bitt ich dich demütiglich/ du wölleſt nicht allein ſehen auff

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Zitationshilfe: Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599/244>, abgerufen am 22.12.2024.