Neumark, Georg: Poetisch- und Musikalisches Lustwäldchen. Hamburg, 1652.Poetisch- und Musikalisches Lust- Und auch viel höher noch/ vermittelst ihrer KunstDie/ sag' ich/ achten nicht der Neyder blauen Dunst Und außgespeytes Gift. Wolan ich bin gesonnen/ (Wiewols verschworen fast) der ich noch nicht gewonnen Das Lob der Poesie wie andre schon erlangt/ Wie andre derer Haar von Daffnerslaube prangt/ Zuschreiben die Geschicht vom ädelen Myrtillen/ Und seiner Schäferin der schönen Eufrosillen/ Wie Er so schmertzlich sehr in Sie verliebet sey/ Und endlich Sie in ihn mit felsenfester Treu. ES war schon üm die Zeit/ wenn kalt und stürmig wettert Der strenge Boreas/ wenn alle Beum' entblättert Fast Krafft- und Safftloß stehn! wenns sag' ich/ durch die Kält' Orion bringt dahin/ daß bald ein Regen fällt Bald wieder Schlakk und Schnee/ als am Passargerstrande Bey jenem reichen Strohm'/ hier im Prutener Lande/ Myrtillus seine Schaf' auff Heiden weiden ließ/ Myrtillus den sein Leid von Hertzen klagen hieß. Sein' Augen waren voll von blassen Thränenquellen/ Die Wangen waren gleich des Todes Mitgesellen/ Er seufftzet' immer fort/ er schriehe Weh und Ach/ Auf seine Hertzensangst/ auf sein groß Ungemach So ihm tag. täglich wuchs/ in seinen ädlen Sinnen/ Wenn er nur angedacht' an seine Schäferinne Die schönest' Eufrosill'. Ach/ sprach er/ Hertzeleid! Ach! ach/ und aber ach! wo ist doch jene Zeit Da ich mit rechter Lust in göldner Freyheit lebte? Da ich gantz Liebe loß wie bey den Engeln schwebte? Wo bistu theurer Schatz wo bistu Freyheit hin/ Die du wol ehmals hast bewohnet meinen Sinn? Auf/ auf Nord-Oosten Windyerhebe dich aus Norden/ Bring meine Seüfftzer hin zu jenem Schäfer-orden/ Zu jener ädlen Zunfft/ bey jener schönen Stadt/ Die Schäfer Romulus nach ihm genennet hat. Sag der Geselschafft an dort im Latinerlande/ Bey denen ich mein' Herd' am feisten Tiberstrande Getrie-
Poetiſch- und Muſikaliſches Luſt- Und auch viel hoͤher noch/ vermittelſt ihrer KunſtDie/ ſag’ ich/ achten nicht der Neyder blauen Dunſt Und außgeſpeytes Gift. Wolan ich bin geſonnen/ (Wiewols verſchworen faſt) der ich noch nicht gewonnen Das Lob der Poeſie wie andre ſchon erlangt/ Wie andre derer Haar von Daffnerslaube prangt/ Zuſchreiben die Geſchicht vom aͤdelen Myrtillen/ Und ſeiner Schaͤferin der ſchoͤnen Eufroſillen/ Wie Er ſo ſchmertzlich ſehr in Sie verliebet ſey/ Und endlich Sie in ihn mit felſenfeſter Treu. ES war ſchon uͤm die Zeit/ wenn kalt und ſtuͤrmig wettert Der ſtrenge Boreas/ wenn alle Beum’ entblaͤttert Faſt Krafft- und Safftloß ſtehn! wenns ſag’ ich/ durch die Kaͤlt’ Orion bringt dahin/ daß bald ein Regen faͤllt Bald wieder Schlakk und Schnee/ als am Paſſargerſtrande Bey jenem reichen Strohm’/ hier im Prutener Lande/ Myrtillus ſeine Schaf’ auff Heiden weiden ließ/ Myrtillus den ſein Leid von Hertzen klagen hieß. Sein’ Augen waren voll von blaſſen Thraͤnenquellen/ Die Wangen waren gleich des Todes Mitgeſellen/ Er ſeufftzet’ immer fort/ er ſchriehe Weh und Ach/ Auf ſeine Hertzensangſt/ auf ſein groß Ungemach So ihm tag. taͤglich wuchs/ in ſeinen aͤdlen Sinnen/ Wenn er nur angedacht’ an ſeine Schaͤferinne Die ſchoͤneſt’ Eufroſill’. Ach/ ſprach er/ Hertzeleid! Ach! ach/ und aber ach! wo iſt doch jene Zeit Da ich mit rechter Luſt in goͤldner Freyheit lebte? Da ich gantz Liebe loß wie bey den Engeln ſchwebte? Wo biſtu theurer Schatz wo biſtu Freyheit hin/ Die du wol ehmals haſt bewohnet meinen Sinn? Auf/ auf Nord-Ooſten Windyerhebe dich aus Norden/ Bring meine Seuͤfftzer hin zu jenem Schaͤfer-orden/ Zu jener aͤdlen Zunfft/ bey jener ſchoͤnen Stadt/ Die Schaͤfer Romulus nach ihm genennet hat. Sag der Geſelſchafft an dort im Latinerlande/ Bey denen ich mein’ Herd’ am feiſten Tiberſtrande Getrie-
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Poetiſch- und Muſikaliſches Luſt-
Und auch viel hoͤher noch/ vermittelſt ihrer Kunſt
Die/ ſag’ ich/ achten nicht der Neyder blauen Dunſt
Und außgeſpeytes Gift. Wolan ich bin geſonnen/
(Wiewols verſchworen faſt) der ich noch nicht gewonnen
Das Lob der Poeſie wie andre ſchon erlangt/
Wie andre derer Haar von Daffnerslaube prangt/
Zuſchreiben die Geſchicht vom aͤdelen Myrtillen/
Und ſeiner Schaͤferin der ſchoͤnen Eufroſillen/
Wie Er ſo ſchmertzlich ſehr in Sie verliebet ſey/
Und endlich Sie in ihn mit felſenfeſter Treu.
ES war ſchon uͤm die Zeit/ wenn kalt und ſtuͤrmig
wettert
Der ſtrenge Boreas/ wenn alle Beum’ entblaͤttert
Faſt Krafft- und Safftloß ſtehn! wenns ſag’ ich/ durch
die Kaͤlt’
Orion bringt dahin/ daß bald ein Regen faͤllt
Bald wieder Schlakk und Schnee/ als am Paſſargerſtrande
Bey jenem reichen Strohm’/ hier im Prutener Lande/
Myrtillus ſeine Schaf’ auff Heiden weiden ließ/
Myrtillus den ſein Leid von Hertzen klagen hieß.
Sein’ Augen waren voll von blaſſen Thraͤnenquellen/
Die Wangen waren gleich des Todes Mitgeſellen/
Er ſeufftzet’ immer fort/ er ſchriehe Weh und Ach/
Auf ſeine Hertzensangſt/ auf ſein groß Ungemach
So ihm tag. taͤglich wuchs/ in ſeinen aͤdlen Sinnen/
Wenn er nur angedacht’ an ſeine Schaͤferinne
Die ſchoͤneſt’ Eufroſill’. Ach/ ſprach er/ Hertzeleid!
Ach! ach/ und aber ach! wo iſt doch jene Zeit
Da ich mit rechter Luſt in goͤldner Freyheit lebte?
Da ich gantz Liebe loß wie bey den Engeln ſchwebte?
Wo biſtu theurer Schatz wo biſtu Freyheit hin/
Die du wol ehmals haſt bewohnet meinen Sinn?
Auf/ auf Nord-Ooſten Windyerhebe dich aus Norden/
Bring meine Seuͤfftzer hin zu jenem Schaͤfer-orden/
Zu jener aͤdlen Zunfft/ bey jener ſchoͤnen Stadt/
Die Schaͤfer Romulus nach ihm genennet hat.
Sag der Geſelſchafft an dort im Latinerlande/
Bey denen ich mein’ Herd’ am feiſten Tiberſtrande
Getrie-
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