Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.Fryne-Bozene. Der Fürste höret zu/ und sieht die Schäferinne Mit steiffen Augen an. Sie wurde solchs nicht inne/ Er reitet sachte fort das Pferd geht seinen Schritt Er aber trägt im Geist' ihr schön Gesichte mit. Kaum/ kaum war er so weit mit seinem Volke gangen Als etwan jemand kan mit einen Schuß' ablangen/ So kehrt er wiederüm/ und wendet sich dort- hin/ Wo er mit großer Lust die zarte Schäferinn/ Zum ersten hatt' ersehn; Doch wust' er seine Sa- chen/ Sein angeflammtes Hertz so unvermerkt zu ma- chen Daß keiner seines Volks auf eine Liebe dacht' Er sprach/ daß ihm der Ohrt/ der schöne Fel- derpracht/ Das zierliche Gepüsch/ das rauschende Gewässer So treflich wol gefiel. Er wust' es aber besser. Nicht dieser schöne Platz erfreuet ihn so sehr; Die schöne Schäferinn ergetzet ihn vielmehr. Zum ersten hatte sie den Fürsten nicht gesehen/ Da sie nun solch ein Volk sieht üm und bey ihr ste- hen/ Erröhtet sie vor Scham/ steht auf und macht sich fort/ Treibt ihre Heerde Vieh an einen andern Ohrt. Hier auf trägt unser Fürst zur Jägerey Verlan- gen. Seht welch ein Wunderding! er wil die Hirsche fangen/ Und
Fryne-Bozene. Der Fuͤrſte hoͤret zu/ und ſieht die Schaͤferinne Mit ſteiffen Augen an. Sie wurde ſolchs nicht inne/ Er reitet ſachte fort das Pferd geht ſeinen Schritt Er aber traͤgt im Geiſt’ ihr ſchoͤn Geſichte mit. Kaum/ kaum war er ſo weit mit ſeinem Volke gangen Als etwan jemand kan mit einen Schuß’ ablangẽ/ So kehrt er wiederuͤm/ und wendet ſich dort- hin/ Wo er mit großer Luſt die zarte Schaͤferinn/ Zum erſten hatt’ erſehn; Doch wuſt’ er ſeine Sa- chen/ Sein angeflammtes Hertz ſo unvermerkt zu ma- chen Daß keiner ſeines Volks auf eine Liebe dacht’ Er ſprach/ daß ihm der Ohrt/ der ſchoͤne Fel- derpracht/ Das zierliche Gepuͤſch/ das rauſchende Gewaͤſſer So treflich wol gefiel. Er wuſt’ es aber beſſer. Nicht dieſer ſchoͤne Platz erfreuet ihn ſo ſehr; Die ſchoͤne Schaͤferinn ergetzet ihn vielmehr. Zum erſten hatte ſie den Fuͤrſten nicht geſehen/ Da ſie nun ſolch ein Volk ſieht uͤm und bey ihr ſte- hen/ Erroͤhtet ſie vor Scham/ ſteht auf und macht ſich fort/ Treibt ihre Heerde Vieh an einen andern Ohrt. Hier auf traͤgt unſer Fuͤrſt zur Jaͤgerey Verlan- gen. Seht welch ein Wunderding! er wil die Hirſche fangen/ Und
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Fryne-Bozene.
Der Fuͤrſte hoͤret zu/ und ſieht die Schaͤferinne
Mit ſteiffen Augen an. Sie wurde ſolchs nicht
inne/
Er reitet ſachte fort das Pferd geht ſeinen
Schritt
Er aber traͤgt im Geiſt’ ihr ſchoͤn Geſichte mit.
Kaum/ kaum war er ſo weit mit ſeinem Volke
gangen
Als etwan jemand kan mit einen Schuß’ ablangẽ/
So kehrt er wiederuͤm/ und wendet ſich dort-
hin/
Wo er mit großer Luſt die zarte Schaͤferinn/
Zum erſten hatt’ erſehn; Doch wuſt’ er ſeine Sa-
chen/
Sein angeflammtes Hertz ſo unvermerkt zu ma-
chen
Daß keiner ſeines Volks auf eine Liebe dacht’
Er ſprach/ daß ihm der Ohrt/ der ſchoͤne Fel-
derpracht/
Das zierliche Gepuͤſch/ das rauſchende Gewaͤſſer
So treflich wol gefiel. Er wuſt’ es aber beſſer.
Nicht dieſer ſchoͤne Platz erfreuet ihn ſo ſehr;
Die ſchoͤne Schaͤferinn ergetzet ihn vielmehr.
Zum erſten hatte ſie den Fuͤrſten nicht geſehen/
Da ſie nun ſolch ein Volk ſieht uͤm und bey ihr ſte-
hen/
Erroͤhtet ſie vor Scham/ ſteht auf und macht
ſich fort/
Treibt ihre Heerde Vieh an einen andern
Ohrt.
Hier auf traͤgt unſer Fuͤrſt zur Jaͤgerey Verlan-
gen.
Seht welch ein Wunderding! er wil die Hirſche
fangen/
Und
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