Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.Die Verständige Abigail. Jn das betleete Gras/ vergaßen alles Leid/Und hatten allesamt recht gut' Ergetzlichkeit. Jndem Abigail nunmehr nach Hause kommen/ Findt Sie das gantze Hauß von Wollust einge- nommen/ Es war ein groß Gejauchtz'/ ein Jeder schrieh wie toll/ Jnsonderheit ihr Mann war auch mit rasend voll. Er hatte sich mit Wein auch dergestalt begossen/ Daß ihm die starken Trünk' auß seinem Halse flos- sen/ Weil ihm der Leib zu eng/ Er saß dort wie ein Stokk/ Regt weder Arm noch Bein/ und klotzte wie ein Bokk. Schlief halb und halb im Rausch/ Er sieng oft an zu schreihen: Nu/ saufft doch frisch herüm/ lasts gehen nach der Reihen! Gieb eine Humpe her! Es gilt dir Nachbar Hans! Auf Sauls Gesundheit! Sauf! trink auß und mach es gantz! So fand' Abigail/ wiewol mit großen Schmertzen/ Jhr freundlichs Ehgemahl/ es that ihr Weh im Hertzen Daß ihr versoffner Mann so unbesonnen war/ Nicht wissend/ was vor Angst und schrekkliche Gefahr Sie von ihm abgewandt. Sie sah die Gäste sitzen/ Und theils von großem Froß und vielem Sauffen schwitzen: Hier lag ein voller Knecht/ dort eine volle Magd/ Und
Die Verſtaͤndige Abigail. Jn das betleete Graſ/ vergaßen alles Leid/Und hatten alleſamt recht gut’ Ergetzlichkeit. Jndem Abigail nunmehr nach Hauſe kommen/ Findt Sie das gantze Hauß von Wolluſt einge- nommen/ Es war ein groß Gejauchtz’/ ein Jeder ſchrieh wie toll/ Jnſonderheit ihr Mann war auch mit raſend voll. Er hatte ſich mit Wein auch dergeſtalt begoſſen/ Daß ihm die ſtarken Truͤnk’ auß ſeinem Halſe floſ- ſen/ Weil ihm der Leib zu eng/ Er ſaß dort wie ein Stokk/ Regt weder Arm noch Bein/ und klotzte wie ein Bokk. Schlief halb und halb im Rauſch/ Er ſieng oft an zu ſchreihen: Nu/ ſaufft doch friſch heruͤm/ laſts gehen nach der Reihen! Gieb eine Humpe her! Es gilt dir Nachbar Hanſ! Auf Sauls Geſundheit! Sauf! trink auß und mach es gantz! So fand’ Abigail/ wiewol mit großen Schmertzen/ Jhr freundlichs Ehgemahl/ es that ihr Weh im Hertzen Daß ihr verſoffner Mann ſo unbeſonnen war/ Nicht wiſſend/ was vor Angſt und ſchrekkliche Gefahr Sie von ihm abgewandt. Sie ſah die Gaͤſte ſitzen/ Und theils von großem Froß und vielem Sauffen ſchwitzen: Hier lag ein voller Knecht/ dort eine volle Magd/ Und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0118" n="62"/> <fw place="top" type="header">Die Verſtaͤndige Abigail.</fw><lb/> <l>Jn das betleete Graſ/ vergaßen alles Leid/</l><lb/> <l>Und hatten alleſamt recht gut’ Ergetzlichkeit.</l><lb/> <l>Jndem Abigail nunmehr nach Hauſe kommen/</l><lb/> <l>Findt Sie das gantze Hauß von Wolluſt einge-<lb/><hi rendition="#et">nommen/</hi></l><lb/> <l>Es war ein groß Gejauchtz’/ ein Jeder ſchrieh<lb/><hi rendition="#et">wie toll/</hi></l><lb/> <l>Jnſonderheit ihr Mann war auch mit raſend<lb/><hi rendition="#et">voll.</hi></l><lb/> <l>Er hatte ſich mit Wein auch dergeſtalt begoſſen/</l><lb/> <l>Daß ihm die ſtarken Truͤnk’ auß ſeinem Halſe floſ-<lb/><hi rendition="#et">ſen/</hi></l><lb/> <l>Weil ihm der Leib zu eng/ Er ſaß dort wie ein<lb/><hi rendition="#et">Stokk/</hi></l><lb/> <l>Regt weder Arm noch Bein/ und klotzte wie<lb/><hi rendition="#et">ein Bokk.</hi></l><lb/> <l>Schlief halb und halb im Rauſch/ Er ſieng oft an<lb/><hi rendition="#et">zu ſchreihen:</hi></l><lb/> <l>Nu/ ſaufft doch friſch heruͤm/ laſts gehen nach der<lb/><hi rendition="#et">Reihen!</hi></l><lb/> <l>Gieb eine Humpe her! Es gilt dir Nachbar<lb/><hi rendition="#et">Hanſ<hi rendition="#i">!</hi></hi></l><lb/> <l>Auf Sauls Geſundheit! Sauf! trink auß und<lb/><hi rendition="#et">mach es gantz!</hi></l><lb/> <l>So fand’ Abigail/ wiewol mit großen Schmertzen/</l><lb/> <l>Jhr freundlichs Ehgemahl/ es that ihr Weh im<lb/><hi rendition="#et">Hertzen</hi></l><lb/> <l>Daß ihr verſoffner Mann ſo unbeſonnen war/</l><lb/> <l>Nicht wiſſend/ was vor Angſt und ſchrekkliche<lb/><hi rendition="#et">Gefahr</hi></l><lb/> <l>Sie von ihm abgewandt. Sie ſah die Gaͤſte ſitzen/</l><lb/> <l>Und theils von großem Froß und vielem Sauffen<lb/><hi rendition="#et">ſchwitzen:</hi></l><lb/> <l>Hier lag ein voller Knecht/ dort eine volle Magd/</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [62/0118]
Die Verſtaͤndige Abigail.
Jn das betleete Graſ/ vergaßen alles Leid/
Und hatten alleſamt recht gut’ Ergetzlichkeit.
Jndem Abigail nunmehr nach Hauſe kommen/
Findt Sie das gantze Hauß von Wolluſt einge-
nommen/
Es war ein groß Gejauchtz’/ ein Jeder ſchrieh
wie toll/
Jnſonderheit ihr Mann war auch mit raſend
voll.
Er hatte ſich mit Wein auch dergeſtalt begoſſen/
Daß ihm die ſtarken Truͤnk’ auß ſeinem Halſe floſ-
ſen/
Weil ihm der Leib zu eng/ Er ſaß dort wie ein
Stokk/
Regt weder Arm noch Bein/ und klotzte wie
ein Bokk.
Schlief halb und halb im Rauſch/ Er ſieng oft an
zu ſchreihen:
Nu/ ſaufft doch friſch heruͤm/ laſts gehen nach der
Reihen!
Gieb eine Humpe her! Es gilt dir Nachbar
Hanſ!
Auf Sauls Geſundheit! Sauf! trink auß und
mach es gantz!
So fand’ Abigail/ wiewol mit großen Schmertzen/
Jhr freundlichs Ehgemahl/ es that ihr Weh im
Hertzen
Daß ihr verſoffner Mann ſo unbeſonnen war/
Nicht wiſſend/ was vor Angſt und ſchrekkliche
Gefahr
Sie von ihm abgewandt. Sie ſah die Gaͤſte ſitzen/
Und theils von großem Froß und vielem Sauffen
ſchwitzen:
Hier lag ein voller Knecht/ dort eine volle Magd/
Und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |