stillschweigend zurückgenommen wurde. Denn da Schill seine Gegenwart in der Maikuhle und auf einigen andern Orten bei den Vorposten noth- wendig fand, that er, was die Umstände erfor- derten; und Loucadou stand nicht an, zu erklä- ren: "Ausserhalb der Festung möge er schalten, wie er's für gut befinde."
Noch hatte die eigentliche Belagerung kaum ihren Anfang genommen; d. h. es waren noch keine Laufgräben eröffnet; keine Batterieen ange- legt und die Stadt noch kaum beschossen: und dennoch hatten wir bereits durch Saumseligkeit und Unverstand von unsern Vortheilen soviel ein- gebüßt, als nur nach einem langen und hartnä- ckigen Angriff und einer eben solchen Gegenwehr zu entschuldigen gewesen wäre. Wir hatten nur, wenn ich so sagen mag, den Jnstinkt der Furcht; und dieser leitete uns ganz richtig, indem er uns zuflüsterte, daß wir, um unsers letzten Heils wil- len, uns nicht vom Meere abdrängen lassen müß- ten. Darum wandte man von jetzt an eine stets größere Sorgfalt auf die Befestigung der Mai- kuhle, deren zuvor noch immer mit einiger Scho- nung behandelte Bäume jetzt zum Theil nieder- gehauen wurden. Aber auch ostwärts des Hafens verließ man sich nicht mehr allein auf das Mün- der-Fort und die wohlgelegene Schanze auf dem Münder Kirchhofe, welche noch durch eine, zwi- schen Beiden angelegte Redoute auf dem soge- nannten "Baumgarten" verstärkt wurde, sondern
ſtillſchweigend zuruͤckgenommen wurde. Denn da Schill ſeine Gegenwart in der Maikuhle und auf einigen andern Orten bei den Vorpoſten noth- wendig fand, that er, was die Umſtaͤnde erfor- derten; und Loucadou ſtand nicht an, zu erklaͤ- ren: „Auſſerhalb der Feſtung moͤge er ſchalten, wie er’s fuͤr gut befinde.‟
Noch hatte die eigentliche Belagerung kaum ihren Anfang genommen; d. h. es waren noch keine Laufgraͤben eroͤffnet; keine Batterieen ange- legt und die Stadt noch kaum beſchoſſen: und dennoch hatten wir bereits durch Saumſeligkeit und Unverſtand von unſern Vortheilen ſoviel ein- gebuͤßt, als nur nach einem langen und hartnaͤ- ckigen Angriff und einer eben ſolchen Gegenwehr zu entſchuldigen geweſen waͤre. Wir hatten nur, wenn ich ſo ſagen mag, den Jnſtinkt der Furcht; und dieſer leitete uns ganz richtig, indem er uns zufluͤſterte, daß wir, um unſers letzten Heils wil- len, uns nicht vom Meere abdraͤngen laſſen muͤß- ten. Darum wandte man von jetzt an eine ſtets groͤßere Sorgfalt auf die Befeſtigung der Mai- kuhle, deren zuvor noch immer mit einiger Scho- nung behandelte Baͤume jetzt zum Theil nieder- gehauen wurden. Aber auch oſtwaͤrts des Hafens verließ man ſich nicht mehr allein auf das Muͤn- der-Fort und die wohlgelegene Schanze auf dem Muͤnder Kirchhofe, welche noch durch eine, zwi- ſchen Beiden angelegte Redoute auf dem ſoge- nannten „Baumgarten‟ verſtaͤrkt wurde, ſondern
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ſtillſchweigend zuruͤckgenommen wurde. Denn da
Schill ſeine Gegenwart in der Maikuhle und auf
einigen andern Orten bei den Vorpoſten noth-
wendig fand, that er, was die Umſtaͤnde erfor-
derten; und Loucadou ſtand nicht an, zu erklaͤ-
ren: „Auſſerhalb der Feſtung moͤge er ſchalten,
wie er’s fuͤr gut befinde.‟
Noch hatte die eigentliche Belagerung kaum
ihren Anfang genommen; d. h. es waren noch
keine Laufgraͤben eroͤffnet; keine Batterieen ange-
legt und die Stadt noch kaum beſchoſſen: und
dennoch hatten wir bereits durch Saumſeligkeit
und Unverſtand von unſern Vortheilen ſoviel ein-
gebuͤßt, als nur nach einem langen und hartnaͤ-
ckigen Angriff und einer eben ſolchen Gegenwehr
zu entſchuldigen geweſen waͤre. Wir hatten nur,
wenn ich ſo ſagen mag, den Jnſtinkt der Furcht;
und dieſer leitete uns ganz richtig, indem er uns
zufluͤſterte, daß wir, um unſers letzten Heils wil-
len, uns nicht vom Meere abdraͤngen laſſen muͤß-
ten. Darum wandte man von jetzt an eine ſtets
groͤßere Sorgfalt auf die Befeſtigung der Mai-
kuhle, deren zuvor noch immer mit einiger Scho-
nung behandelte Baͤume jetzt zum Theil nieder-
gehauen wurden. Aber auch oſtwaͤrts des Hafens
verließ man ſich nicht mehr allein auf das Muͤn-
der-Fort und die wohlgelegene Schanze auf dem
Muͤnder Kirchhofe, welche noch durch eine, zwi-
ſchen Beiden angelegte Redoute auf dem ſoge-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/98>, abgerufen am 16.02.2025.
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