mandantur-Gebäude; meine Augen suchen und -- vermissen das von mir gestiftete Bildniß. Nach langem und vielem Fragen erfahre ich endlich, es habe neuerdings, sammt andern Mobilien, den Umzug mitgemacht. Jch eile hin zu der Dame, und bitte höflichst um Wiedererstattung. Die Dame weiß von keinem Bildniß, und verweist mich zuletzt an ihre Domestiken, die es aus Un- kunde mitgenommen haben könnten. Nun frage, nun forsche ich selbst in allen Winkeln des Hau- ses umher; -- und -- siehe da! das mir so theure Gemälde findet sich endlich wieder -- im Hühnerstall; beschmutzt auf eine Art, die keiner näheren Andeutung bedarf! Mein ganzes Herz war empört. Jch mag mich auch wohl ein we- nig deutsch und kräftig über diese schmähliche Ent- weihung ausgelassen haben, indem ich mein wie- der erobertes Kleinod heimtrug, es von allem Makel säubern ließ und dann, mit freudigem Gefühl, an die Stätte zurückbrachte, die ihm ge- widmet worden. Möge es da fortan und immer die ihm gebührende Achtung und bessere Aufsicht finden!
Allein mit dem Andenken an verdiente Män- ner ist es ein Ding, das Einen wohl traurig und niedergeschlagen machen könnte, wenn man sieht und erlebt, wie schwer es dem selbstsüchti- gen Menschenherzen eingeht, seine Liebe und Dankbarkeit für die Davongeschiedenen treu zu bewahren. Das sollt' ich auch noch anderweitig
mandantur-Gebaͤude; meine Augen ſuchen und — vermiſſen das von mir geſtiftete Bildniß. Nach langem und vielem Fragen erfahre ich endlich, es habe neuerdings, ſammt andern Mobilien, den Umzug mitgemacht. Jch eile hin zu der Dame, und bitte hoͤflichſt um Wiedererſtattung. Die Dame weiß von keinem Bildniß, und verweiſt mich zuletzt an ihre Domeſtiken, die es aus Un- kunde mitgenommen haben koͤnnten. Nun frage, nun forſche ich ſelbſt in allen Winkeln des Hau- ſes umher; — und — ſiehe da! das mir ſo theure Gemaͤlde findet ſich endlich wieder — im Huͤhnerſtall; beſchmutzt auf eine Art, die keiner naͤheren Andeutung bedarf! Mein ganzes Herz war empoͤrt. Jch mag mich auch wohl ein we- nig deutſch und kraͤftig uͤber dieſe ſchmaͤhliche Ent- weihung ausgelaſſen haben, indem ich mein wie- der erobertes Kleinod heimtrug, es von allem Makel ſaͤubern ließ und dann, mit freudigem Gefuͤhl, an die Staͤtte zuruͤckbrachte, die ihm ge- widmet worden. Moͤge es da fortan und immer die ihm gebuͤhrende Achtung und beſſere Aufſicht finden!
Allein mit dem Andenken an verdiente Maͤn- ner iſt es ein Ding, das Einen wohl traurig und niedergeſchlagen machen koͤnnte, wenn man ſieht und erlebt, wie ſchwer es dem ſelbſtſuͤchti- gen Menſchenherzen eingeht, ſeine Liebe und Dankbarkeit fuͤr die Davongeſchiedenen treu zu bewahren. Das ſollt’ ich auch noch anderweitig
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mandantur-Gebaͤude; meine Augen ſuchen und
— vermiſſen das von mir geſtiftete Bildniß. Nach
langem und vielem Fragen erfahre ich endlich, es
habe neuerdings, ſammt andern Mobilien, den
Umzug mitgemacht. Jch eile hin zu der Dame,
und bitte hoͤflichſt um Wiedererſtattung. Die
Dame weiß von keinem Bildniß, und verweiſt
mich zuletzt an ihre Domeſtiken, die es aus Un-
kunde mitgenommen haben koͤnnten. Nun frage,
nun forſche ich ſelbſt in allen Winkeln des Hau-
ſes umher; — und — ſiehe da! das mir ſo
theure Gemaͤlde findet ſich endlich wieder — im
Huͤhnerſtall; beſchmutzt auf eine Art, die keiner
naͤheren Andeutung bedarf! Mein ganzes Herz
war empoͤrt. Jch mag mich auch wohl ein we-
nig deutſch und kraͤftig uͤber dieſe ſchmaͤhliche Ent-
weihung ausgelaſſen haben, indem ich mein wie-
der erobertes Kleinod heimtrug, es von allem
Makel ſaͤubern ließ und dann, mit freudigem
Gefuͤhl, an die Staͤtte zuruͤckbrachte, die ihm ge-
widmet worden. Moͤge es da fortan und immer
die ihm gebuͤhrende Achtung und beſſere Aufſicht
finden!
Allein mit dem Andenken an verdiente Maͤn-
ner iſt es ein Ding, das Einen wohl traurig
und niedergeſchlagen machen koͤnnte, wenn man
ſieht und erlebt, wie ſchwer es dem ſelbſtſuͤchti-
gen Menſchenherzen eingeht, ſeine Liebe und
Dankbarkeit fuͤr die Davongeſchiedenen treu zu
bewahren. Das ſollt’ ich auch noch anderweitig
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/189>, abgerufen am 16.02.2025.
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