lonnen gebildet und zum Angriff geführt. Einem solchen Anfall widerstanden die Franzosen eben so wenig. Die Schanze kam wieder in unsre Hän- de! Gewiß war der feindliche Verlust an Tod- ten und Verwundeten nicht geringer, als der unsrige, der sich auf 160 Mann belief. Besserer Sicherheit wegen ward aber fortan dieser so blu- tig behauptete Posten mit 300 Grenadieren und 6 Kanonen besetzt.
Warum die Belagerer jenen Ueberfall ver- sucht hatten, offenbarte sich gleich am nächsten Tage, wo sie anfiengen, einen Damm vor dem Stadtwalde aufzuwerfen, der sie, durch die Süm- pfe hindurch, der Festung näher führen sollte. Sie hatten gefürchtet, daß ihnen bei dieser Ar- beit das Feuer der Wolfsschanze in der Seite sehr lästig werden könnte; wie denn dies heute auch wirklich geschah. Zwar versuchten sie es, unser Geschütz durch eine Menge nach der Schanze geworfener Granaten, aus der Gegend von Bul- lenwinkel, zum Schweigen zu bringen: allein die Entfernung war nicht gut berechnet, indem diese Granaten schon halben Weges niederfielen und zerplatzten.
Am 19. Mai geleitete jene englische Brigg, deren bereits Erwähnung geschehen, drei Schiffe ihrer Nation in unsern Hafen, deren Erscheinung wir schon längst mit heisser Sehnsucht erwarte- ten und eine fast ungeduldige Hoffnung auf sie setzten. Es war eben ein stürmisches Wetter,
lonnen gebildet und zum Angriff gefuͤhrt. Einem ſolchen Anfall widerſtanden die Franzoſen eben ſo wenig. Die Schanze kam wieder in unſre Haͤn- de! Gewiß war der feindliche Verluſt an Tod- ten und Verwundeten nicht geringer, als der unſrige, der ſich auf 160 Mann belief. Beſſerer Sicherheit wegen ward aber fortan dieſer ſo blu- tig behauptete Poſten mit 300 Grenadieren und 6 Kanonen beſetzt.
Warum die Belagerer jenen Ueberfall ver- ſucht hatten, offenbarte ſich gleich am naͤchſten Tage, wo ſie anfiengen, einen Damm vor dem Stadtwalde aufzuwerfen, der ſie, durch die Suͤm- pfe hindurch, der Feſtung naͤher fuͤhren ſollte. Sie hatten gefuͤrchtet, daß ihnen bei dieſer Ar- beit das Feuer der Wolfsſchanze in der Seite ſehr laͤſtig werden koͤnnte; wie denn dies heute auch wirklich geſchah. Zwar verſuchten ſie es, unſer Geſchuͤtz durch eine Menge nach der Schanze geworfener Granaten, aus der Gegend von Bul- lenwinkel, zum Schweigen zu bringen: allein die Entfernung war nicht gut berechnet, indem dieſe Granaten ſchon halben Weges niederfielen und zerplatzten.
Am 19. Mai geleitete jene engliſche Brigg, deren bereits Erwaͤhnung geſchehen, drei Schiffe ihrer Nation in unſern Hafen, deren Erſcheinung wir ſchon laͤngſt mit heiſſer Sehnſucht erwarte- ten und eine faſt ungeduldige Hoffnung auf ſie ſetzten. Es war eben ein ſtuͤrmiſches Wetter,
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lonnen gebildet und zum Angriff gefuͤhrt. Einem
ſolchen Anfall widerſtanden die Franzoſen eben ſo
wenig. Die Schanze kam wieder in unſre Haͤn-
de! Gewiß war der feindliche Verluſt an Tod-
ten und Verwundeten nicht geringer, als der
unſrige, der ſich auf 160 Mann belief. Beſſerer
Sicherheit wegen ward aber fortan dieſer ſo blu-
tig behauptete Poſten mit 300 Grenadieren und
6 Kanonen beſetzt.
Warum die Belagerer jenen Ueberfall ver-
ſucht hatten, offenbarte ſich gleich am naͤchſten
Tage, wo ſie anfiengen, einen Damm vor dem
Stadtwalde aufzuwerfen, der ſie, durch die Suͤm-
pfe hindurch, der Feſtung naͤher fuͤhren ſollte.
Sie hatten gefuͤrchtet, daß ihnen bei dieſer Ar-
beit das Feuer der Wolfsſchanze in der Seite
ſehr laͤſtig werden koͤnnte; wie denn dies heute
auch wirklich geſchah. Zwar verſuchten ſie es,
unſer Geſchuͤtz durch eine Menge nach der Schanze
geworfener Granaten, aus der Gegend von Bul-
lenwinkel, zum Schweigen zu bringen: allein die
Entfernung war nicht gut berechnet, indem dieſe
Granaten ſchon halben Weges niederfielen und
zerplatzten.
Am 19. Mai geleitete jene engliſche Brigg,
deren bereits Erwaͤhnung geſchehen, drei Schiffe
ihrer Nation in unſern Hafen, deren Erſcheinung
wir ſchon laͤngſt mit heiſſer Sehnſucht erwarte-
ten und eine faſt ungeduldige Hoffnung auf ſie
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/133>, abgerufen am 23.06.2024.
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