Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

derselben ein Versuch gemacht worden, sich nach
Preussen durchzuschlagen. Da jedoch alle Mög-
lichkeit dazu verschwand, war sie aus der Gegend
von Stolpe wieder nach Colberg zurückgekehrt
und zehrte sich nun in sich selber auf. So fand
es denn Gneisenau am angemessensten, den Rest
dieses Corps, der etwa noch 130 Mann betrug,
zu Schiffe nach Schwedisch-Pommern überführen
zu lassen, wo es auf's neue in Wirksamkeit tre-
ten konnte. Die nemlichen höheren Befehle, wel-
che ihn dazu bestimmten, hatten auch den Abzug
der übrigen Schillschen Truppen angeordnet: al-
lein der Commandant selbst sowohl, als die Bür-
gerschaft, hatten sich zu lebendig von dem Nu-
tzen überzeugt, den ihre Gegenwart dem Platze
gewährte, um nicht gegen diese neue Bestimmung
gemeinschaftlich einzukommen. Sie blieben also
noch und behaupteten ihren Posten nach wie vor
in der Maikuhle. Ohnehin hatten die Operatio-
nen des Schwedischen Corps in Vorpommern
seither eine minder günstige Wendung genommen.
Anstatt über Swinemünde und Wollin unsern
Belagerern in den Rücken zu fallen und uns
Luft zu machen, waren diese unsre Verbündeten
wieder bis unter die Kanonen von Stralsund zu-
rückgedrängt worden; und wir sahen nunmehr
jede in sie gesetzte Hoffnung verschwunden.

Als einiger Ersatz jedoch für diese schmerzlich
empfundene Vereitelung erschien in diesen Tagen
eine schwedische Fregatte von 46 Kanonen, "der

derſelben ein Verſuch gemacht worden, ſich nach
Preuſſen durchzuſchlagen. Da jedoch alle Moͤg-
lichkeit dazu verſchwand, war ſie aus der Gegend
von Stolpe wieder nach Colberg zuruͤckgekehrt
und zehrte ſich nun in ſich ſelber auf. So fand
es denn Gneiſenau am angemeſſenſten, den Reſt
dieſes Corps, der etwa noch 130 Mann betrug,
zu Schiffe nach Schwediſch-Pommern uͤberfuͤhren
zu laſſen, wo es auf’s neue in Wirkſamkeit tre-
ten konnte. Die nemlichen hoͤheren Befehle, wel-
che ihn dazu beſtimmten, hatten auch den Abzug
der uͤbrigen Schillſchen Truppen angeordnet: al-
lein der Commandant ſelbſt ſowohl, als die Buͤr-
gerſchaft, hatten ſich zu lebendig von dem Nu-
tzen uͤberzeugt, den ihre Gegenwart dem Platze
gewaͤhrte, um nicht gegen dieſe neue Beſtimmung
gemeinſchaftlich einzukommen. Sie blieben alſo
noch und behaupteten ihren Poſten nach wie vor
in der Maikuhle. Ohnehin hatten die Operatio-
nen des Schwediſchen Corps in Vorpommern
ſeither eine minder guͤnſtige Wendung genommen.
Anſtatt uͤber Swinemuͤnde und Wollin unſern
Belagerern in den Ruͤcken zu fallen und uns
Luft zu machen, waren dieſe unſre Verbuͤndeten
wieder bis unter die Kanonen von Stralſund zu-
ruͤckgedraͤngt worden; und wir ſahen nunmehr
jede in ſie geſetzte Hoffnung verſchwunden.

Als einiger Erſatz jedoch fuͤr dieſe ſchmerzlich
empfundene Vereitelung erſchien in dieſen Tagen
eine ſchwediſche Fregatte von 46 Kanonen, „der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0127" n="111"/>
der&#x017F;elben ein Ver&#x017F;uch gemacht worden, &#x017F;ich nach<lb/>
Preu&#x017F;&#x017F;en durchzu&#x017F;chlagen. Da jedoch alle Mo&#x0364;g-<lb/>
lichkeit dazu ver&#x017F;chwand, war &#x017F;ie aus der Gegend<lb/>
von Stolpe wieder nach Colberg zuru&#x0364;ckgekehrt<lb/>
und zehrte &#x017F;ich nun in &#x017F;ich &#x017F;elber auf. So fand<lb/>
es denn Gnei&#x017F;enau am angeme&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ten, den Re&#x017F;t<lb/>
die&#x017F;es Corps, der etwa noch 130 Mann betrug,<lb/>
zu Schiffe nach Schwedi&#x017F;ch-Pommern u&#x0364;berfu&#x0364;hren<lb/>
zu la&#x017F;&#x017F;en, wo es auf&#x2019;s neue in Wirk&#x017F;amkeit tre-<lb/>
ten konnte. Die nemlichen ho&#x0364;heren Befehle, wel-<lb/>
che ihn dazu be&#x017F;timmten, hatten auch den Abzug<lb/>
der u&#x0364;brigen Schill&#x017F;chen Truppen angeordnet: al-<lb/>
lein der Commandant &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;owohl, als die Bu&#x0364;r-<lb/>
ger&#x017F;chaft, hatten &#x017F;ich zu lebendig von dem Nu-<lb/>
tzen u&#x0364;berzeugt, den ihre Gegenwart dem Platze<lb/>
gewa&#x0364;hrte, um nicht gegen die&#x017F;e neue Be&#x017F;timmung<lb/>
gemein&#x017F;chaftlich einzukommen. Sie blieben al&#x017F;o<lb/>
noch und behaupteten ihren Po&#x017F;ten nach wie vor<lb/>
in der Maikuhle. Ohnehin hatten die Operatio-<lb/>
nen des Schwedi&#x017F;chen Corps in Vorpommern<lb/>
&#x017F;either eine minder gu&#x0364;n&#x017F;tige Wendung genommen.<lb/>
An&#x017F;tatt u&#x0364;ber Swinemu&#x0364;nde und Wollin un&#x017F;ern<lb/>
Belagerern in den Ru&#x0364;cken zu fallen und uns<lb/>
Luft zu machen, waren die&#x017F;e un&#x017F;re Verbu&#x0364;ndeten<lb/>
wieder bis unter die Kanonen von Stral&#x017F;und zu-<lb/>
ru&#x0364;ckgedra&#x0364;ngt worden; und wir &#x017F;ahen nunmehr<lb/>
jede in &#x017F;ie ge&#x017F;etzte Hoffnung ver&#x017F;chwunden.</p><lb/>
        <p>Als einiger Er&#x017F;atz jedoch fu&#x0364;r die&#x017F;e &#x017F;chmerzlich<lb/>
empfundene Vereitelung er&#x017F;chien in die&#x017F;en Tagen<lb/>
eine &#x017F;chwedi&#x017F;che Fregatte von 46 Kanonen, &#x201E;der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0127] derſelben ein Verſuch gemacht worden, ſich nach Preuſſen durchzuſchlagen. Da jedoch alle Moͤg- lichkeit dazu verſchwand, war ſie aus der Gegend von Stolpe wieder nach Colberg zuruͤckgekehrt und zehrte ſich nun in ſich ſelber auf. So fand es denn Gneiſenau am angemeſſenſten, den Reſt dieſes Corps, der etwa noch 130 Mann betrug, zu Schiffe nach Schwediſch-Pommern uͤberfuͤhren zu laſſen, wo es auf’s neue in Wirkſamkeit tre- ten konnte. Die nemlichen hoͤheren Befehle, wel- che ihn dazu beſtimmten, hatten auch den Abzug der uͤbrigen Schillſchen Truppen angeordnet: al- lein der Commandant ſelbſt ſowohl, als die Buͤr- gerſchaft, hatten ſich zu lebendig von dem Nu- tzen uͤberzeugt, den ihre Gegenwart dem Platze gewaͤhrte, um nicht gegen dieſe neue Beſtimmung gemeinſchaftlich einzukommen. Sie blieben alſo noch und behaupteten ihren Poſten nach wie vor in der Maikuhle. Ohnehin hatten die Operatio- nen des Schwediſchen Corps in Vorpommern ſeither eine minder guͤnſtige Wendung genommen. Anſtatt uͤber Swinemuͤnde und Wollin unſern Belagerern in den Ruͤcken zu fallen und uns Luft zu machen, waren dieſe unſre Verbuͤndeten wieder bis unter die Kanonen von Stralſund zu- ruͤckgedraͤngt worden; und wir ſahen nunmehr jede in ſie geſetzte Hoffnung verſchwunden. Als einiger Erſatz jedoch fuͤr dieſe ſchmerzlich empfundene Vereitelung erſchien in dieſen Tagen eine ſchwediſche Fregatte von 46 Kanonen, „der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/127
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/127>, abgerufen am 05.05.2024.