Bevor ich hier in meinem Lebensberichte weiter fortfahre und mich zu den kleinen Abentheuern hinwende, die mir an der afri- kanischen Küste begegnet sind, wolle mir der geneigte Leser über die nunmehr ergriffene Lebensart einige Entschuldigung zugute kom- men lassen. "Wie?" wird er vielleicht bei sich selbst gesagt haben -- "Nettelbeck ein Sklavenhändler? Wie kömmt ein so verrufenes Handwerk mit seinem ehrlichen pommerschen Herzen zusammen?" -- Al- lein das ist es ja eben, daß dies Handwerk zu damaliger Zeit bei weitem nicht in ei- nem solchen Verrufe stand, als seitdem man, besonders in England, wider den Sklaven- handel, (und auch wohl nicht mit Unrecht) als einen Schandfleck der Menschheit, ge- schrieben und im Parlamente gesprochen hat; und wenn er durch dies nachdrückliche Geschrei entweder ganz abgekommen ist, oder doch mit heilsamer Einschränkung be- trieben wird: so ist gewiß auch der alte Nettelbeck nicht der letzte, der seine herz-
11. Bändchen. (1)
Bevor ich hier in meinem Lebensberichte weiter fortfahre und mich zu den kleinen Abentheuern hinwende, die mir an der afri- kaniſchen Kuͤſte begegnet ſind, wolle mir der geneigte Leſer uͤber die nunmehr ergriffene Lebensart einige Entſchuldigung zugute kom- men laſſen. „Wie?‟ wird er vielleicht bei ſich ſelbſt geſagt haben — „Nettelbeck ein Sklavenhaͤndler? Wie koͤmmt ein ſo verrufenes Handwerk mit ſeinem ehrlichen pommerſchen Herzen zuſammen?‟ — Al- lein das iſt es ja eben, daß dies Handwerk zu damaliger Zeit bei weitem nicht in ei- nem ſolchen Verrufe ſtand, als ſeitdem man, beſonders in England, wider den Sklaven- handel, (und auch wohl nicht mit Unrecht) als einen Schandfleck der Menſchheit, ge- ſchrieben und im Parlamente geſprochen hat; und wenn er durch dies nachdruͤckliche Geſchrei entweder ganz abgekommen iſt, oder doch mit heilſamer Einſchraͤnkung be- trieben wird: ſo iſt gewiß auch der alte Nettelbeck nicht der letzte, der ſeine herz-
11. Bändchen. (1)
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Bevor ich hier in meinem Lebensberichte
weiter fortfahre und mich zu den kleinen
Abentheuern hinwende, die mir an der afri-
kaniſchen Kuͤſte begegnet ſind, wolle mir der
geneigte Leſer uͤber die nunmehr ergriffene
Lebensart einige Entſchuldigung zugute kom-
men laſſen. „Wie?‟ wird er vielleicht
bei ſich ſelbſt geſagt haben — „Nettelbeck
ein Sklavenhaͤndler? Wie koͤmmt ein ſo
verrufenes Handwerk mit ſeinem ehrlichen
pommerſchen Herzen zuſammen?‟ — Al-
lein das iſt es ja eben, daß dies Handwerk
zu damaliger Zeit bei weitem nicht in ei-
nem ſolchen Verrufe ſtand, als ſeitdem man,
beſonders in England, wider den Sklaven-
handel, (und auch wohl nicht mit Unrecht)
als einen Schandfleck der Menſchheit, ge-
ſchrieben und im Parlamente geſprochen
hat; und wenn er durch dies nachdruͤckliche
Geſchrei entweder ganz abgekommen iſt,
oder doch mit heilſamer Einſchraͤnkung be-
trieben wird: ſo iſt gewiß auch der alte
Nettelbeck nicht der letzte, der ſeine herz-
11. Bändchen. (1)
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/5>, abgerufen am 29.03.2024.
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