seltene Gebrauch, wo ihnen auf dem Rücken ein Loch queer durch die starke Haut gestochen und dann ein Tau von drei oder vier Klaf- tern Länge hindurch gezogen wird, an dessen entgegengesetztes Ende man ein Stück Holz oder auch ein verspündetes ganzes oder hal- bes Ankerfaß befestigt, um sie sodann wieder lebendig in die See zu werfen. So sieht man sie dann wohl zwei, drei und mehr Ta- ge sich unaufhörlich auf den Wogen umher- wälzen, weil jenes leichte Anhängsel sie am Untertauchen hindert.
Noch lagen wir in dieser Küstengegend vor Anker, als sich auch ein holländisches Skla- venschiff bei uns einfand und gleichfalls dicht neben uns ankerte. Der Kapitain desselben rief uns zu, daß wir ihn doch mit unsrer Schaluppe zu uns herüber holen möchten. Kaum war dies geschehen und er zu uns an Bord gekommen, als er uns die drückende Roth klagte, in welcher er sich augenblicklich befände. Eilf Mann von seiner Besatzung wä- ren ihm unterweges gestorben; und noch ha- be er 14 Kranke liegen, so daß er kaum noch 5 gesunde Leute an die Arbeit stellen könne. Auch habe er seither nicht mehr, als 18 Skla- ven eingehandelt, und wisse vor Sorge und Verlegenheit nicht, was er beginnen solle. Sein eigentlicher Wunsch aber war, daß wir ihm einige Köpfe von unsrer Mannschaft
ſeltene Gebrauch, wo ihnen auf dem Ruͤcken ein Loch queer durch die ſtarke Haut geſtochen und dann ein Tau von drei oder vier Klaf- tern Laͤnge hindurch gezogen wird, an deſſen entgegengeſetztes Ende man ein Stuͤck Holz oder auch ein verſpuͤndetes ganzes oder hal- bes Ankerfaß befeſtigt, um ſie ſodann wieder lebendig in die See zu werfen. So ſieht man ſie dann wohl zwei, drei und mehr Ta- ge ſich unaufhoͤrlich auf den Wogen umher- waͤlzen, weil jenes leichte Anhaͤngſel ſie am Untertauchen hindert.
Noch lagen wir in dieſer Kuͤſtengegend vor Anker, als ſich auch ein hollaͤndiſches Skla- venſchiff bei uns einfand und gleichfalls dicht neben uns ankerte. Der Kapitain deſſelben rief uns zu, daß wir ihn doch mit unſrer Schaluppe zu uns heruͤber holen moͤchten. Kaum war dies geſchehen und er zu uns an Bord gekommen, als er uns die druͤckende Roth klagte, in welcher er ſich augenblicklich befaͤnde. Eilf Mann von ſeiner Beſatzung waͤ- ren ihm unterweges geſtorben; und noch ha- be er 14 Kranke liegen, ſo daß er kaum noch 5 geſunde Leute an die Arbeit ſtellen koͤnne. Auch habe er ſeither nicht mehr, als 18 Skla- ven eingehandelt, und wiſſe vor Sorge und Verlegenheit nicht, was er beginnen ſolle. Sein eigentlicher Wunſch aber war, daß wir ihm einige Koͤpfe von unſrer Mannſchaft
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0042"n="38"/>ſeltene Gebrauch, wo ihnen auf dem Ruͤcken<lb/>
ein Loch queer durch die ſtarke Haut geſtochen<lb/>
und dann ein Tau von drei oder vier Klaf-<lb/>
tern Laͤnge hindurch gezogen wird, an deſſen<lb/>
entgegengeſetztes Ende man ein Stuͤck Holz<lb/>
oder auch ein verſpuͤndetes ganzes oder hal-<lb/>
bes Ankerfaß befeſtigt, um ſie ſodann wieder<lb/>
lebendig in die See zu werfen. So ſieht<lb/>
man ſie dann wohl zwei, drei und mehr Ta-<lb/>
ge ſich unaufhoͤrlich auf den Wogen umher-<lb/>
waͤlzen, weil jenes leichte Anhaͤngſel ſie am<lb/>
Untertauchen hindert.</p><lb/><p>Noch lagen wir in dieſer Kuͤſtengegend<lb/>
vor Anker, als ſich auch ein hollaͤndiſches Skla-<lb/>
venſchiff bei uns einfand und gleichfalls dicht<lb/>
neben uns ankerte. Der Kapitain deſſelben<lb/>
rief uns zu, daß wir ihn doch mit unſrer<lb/>
Schaluppe zu uns heruͤber holen moͤchten.<lb/>
Kaum war dies geſchehen und er zu uns an<lb/>
Bord gekommen, als er uns die druͤckende<lb/>
Roth klagte, in welcher er ſich augenblicklich<lb/>
befaͤnde. Eilf Mann von ſeiner Beſatzung waͤ-<lb/>
ren ihm unterweges geſtorben; und noch ha-<lb/>
be er 14 Kranke liegen, ſo daß er kaum noch<lb/>
5 geſunde Leute an die Arbeit ſtellen koͤnne.<lb/>
Auch habe er ſeither nicht mehr, als 18 Skla-<lb/>
ven eingehandelt, und wiſſe vor Sorge und<lb/>
Verlegenheit nicht, was er beginnen ſolle.<lb/>
Sein eigentlicher Wunſch aber war, daß wir<lb/>
ihm einige Koͤpfe von unſrer Mannſchaft<lb/></p></div></body></text></TEI>
[38/0042]
ſeltene Gebrauch, wo ihnen auf dem Ruͤcken
ein Loch queer durch die ſtarke Haut geſtochen
und dann ein Tau von drei oder vier Klaf-
tern Laͤnge hindurch gezogen wird, an deſſen
entgegengeſetztes Ende man ein Stuͤck Holz
oder auch ein verſpuͤndetes ganzes oder hal-
bes Ankerfaß befeſtigt, um ſie ſodann wieder
lebendig in die See zu werfen. So ſieht
man ſie dann wohl zwei, drei und mehr Ta-
ge ſich unaufhoͤrlich auf den Wogen umher-
waͤlzen, weil jenes leichte Anhaͤngſel ſie am
Untertauchen hindert.
Noch lagen wir in dieſer Kuͤſtengegend
vor Anker, als ſich auch ein hollaͤndiſches Skla-
venſchiff bei uns einfand und gleichfalls dicht
neben uns ankerte. Der Kapitain deſſelben
rief uns zu, daß wir ihn doch mit unſrer
Schaluppe zu uns heruͤber holen moͤchten.
Kaum war dies geſchehen und er zu uns an
Bord gekommen, als er uns die druͤckende
Roth klagte, in welcher er ſich augenblicklich
befaͤnde. Eilf Mann von ſeiner Beſatzung waͤ-
ren ihm unterweges geſtorben; und noch ha-
be er 14 Kranke liegen, ſo daß er kaum noch
5 geſunde Leute an die Arbeit ſtellen koͤnne.
Auch habe er ſeither nicht mehr, als 18 Skla-
ven eingehandelt, und wiſſe vor Sorge und
Verlegenheit nicht, was er beginnen ſolle.
Sein eigentlicher Wunſch aber war, daß wir
ihm einige Koͤpfe von unſrer Mannſchaft
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/42>, abgerufen am 26.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.