vor Anker; und daß er sich Preussische Certi- ficate zu verschaffen gewußt hatte, lag dar- aus klar am Tage, daß er zu Zeiten unsern schwarzen Adler von seinem Hintertheile hatte wehen lassen.
Am Morgen des königlichen Geburtsta- ges war bei diesem meinem Nachbar Alles in tiefster Ruhe, und weder Flagge, noch Wim- pel, bei ihm zu verspüren. Erst spät hatt' er sich den Schlaf aus den Augen gerieben: aber sobald er sich auf dem Verdeck zeigte, warf ich ihm die Frage in den Bart: Ob er, gleich mir und so vielen Andern rings um uns her, den König von Preussen nicht auf herkömmliche Weise wolle hoch leben lassen? -- "Das werd' ich wohl bleiben lassen!" gab er zur Antwort -- "Was geht mich euer König an?" -- Meine Erwiede- rung fiel, wie sich leicht denken läßt, deutsch und derbe aus: allein ohne etwas drauf zu geben, wandte er mir den Rücken und ließ sich an Land setzen.
"Topp!" gelobte ich mir selbst -- "Was der Schuft zu thun nicht Lust hat, soll den- noch von mir und in seinem Namen gesche- hen!" -- Jch besaß zwei Gestelle Flaggen und Wimpel, wovon das seidene bereits seit Sonnenaufgang in meinem Tauwerk prangte und flatterte; das andre baumwollene nahm ich jetzt zur Hand, stieg mit ein paar Leuten
vor Anker; und daß er ſich Preuſſiſche Certi- ficate zu verſchaffen gewußt hatte, lag dar- aus klar am Tage, daß er zu Zeiten unſern ſchwarzen Adler von ſeinem Hintertheile hatte wehen laſſen.
Am Morgen des koͤniglichen Geburtsta- ges war bei dieſem meinem Nachbar Alles in tiefſter Ruhe, und weder Flagge, noch Wim- pel, bei ihm zu verſpuͤren. Erſt ſpaͤt hatt’ er ſich den Schlaf aus den Augen gerieben: aber ſobald er ſich auf dem Verdeck zeigte, warf ich ihm die Frage in den Bart: Ob er, gleich mir und ſo vielen Andern rings um uns her, den Koͤnig von Preuſſen nicht auf herkoͤmmliche Weiſe wolle hoch leben laſſen? — „Das werd’ ich wohl bleiben laſſen!‟ gab er zur Antwort — „Was geht mich euer Koͤnig an?‟ — Meine Erwiede- rung fiel, wie ſich leicht denken laͤßt, deutſch und derbe aus: allein ohne etwas drauf zu geben, wandte er mir den Ruͤcken und ließ ſich an Land ſetzen.
„Topp!‟ gelobte ich mir ſelbſt — „Was der Schuft zu thun nicht Luſt hat, ſoll den- noch von mir und in ſeinem Namen geſche- hen!‟ — Jch beſaß zwei Geſtelle Flaggen und Wimpel, wovon das ſeidene bereits ſeit Sonnenaufgang in meinem Tauwerk prangte und flatterte; das andre baumwollene nahm ich jetzt zur Hand, ſtieg mit ein paar Leuten
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0203"n="199"/>
vor Anker; und daß er ſich Preuſſiſche Certi-<lb/>
ficate zu verſchaffen gewußt hatte, lag dar-<lb/>
aus klar am Tage, daß er zu Zeiten unſern<lb/>ſchwarzen Adler von ſeinem Hintertheile hatte<lb/>
wehen laſſen.</p><lb/><p>Am Morgen des koͤniglichen Geburtsta-<lb/>
ges war bei dieſem meinem Nachbar Alles<lb/>
in tiefſter Ruhe, und weder Flagge, noch Wim-<lb/>
pel, bei ihm zu verſpuͤren. Erſt ſpaͤt hatt’<lb/>
er ſich den Schlaf aus den Augen gerieben:<lb/>
aber ſobald er ſich auf dem Verdeck zeigte,<lb/>
warf ich ihm die Frage in den Bart: Ob<lb/>
er, gleich mir und ſo vielen Andern rings<lb/>
um uns her, den Koͤnig von Preuſſen nicht<lb/>
auf herkoͤmmliche Weiſe wolle hoch leben<lb/>
laſſen? —„Das werd’ ich wohl bleiben<lb/>
laſſen!‟ gab er zur Antwort —„Was geht<lb/><hirendition="#g">mich</hi> euer Koͤnig an?‟— Meine Erwiede-<lb/>
rung fiel, wie ſich leicht denken laͤßt, deutſch<lb/>
und derbe aus: allein ohne etwas drauf zu<lb/>
geben, wandte er mir den Ruͤcken und ließ<lb/>ſich an Land ſetzen.</p><lb/><p>„Topp!‟ gelobte ich mir ſelbſt —„Was<lb/>
der Schuft zu thun nicht Luſt hat, ſoll den-<lb/>
noch von mir und in ſeinem Namen geſche-<lb/>
hen!‟— Jch beſaß zwei Geſtelle Flaggen<lb/>
und Wimpel, wovon das ſeidene bereits ſeit<lb/>
Sonnenaufgang in meinem Tauwerk prangte<lb/>
und flatterte; das andre baumwollene nahm<lb/>
ich jetzt zur Hand, ſtieg mit ein paar Leuten<lb/></p></div></body></text></TEI>
[199/0203]
vor Anker; und daß er ſich Preuſſiſche Certi-
ficate zu verſchaffen gewußt hatte, lag dar-
aus klar am Tage, daß er zu Zeiten unſern
ſchwarzen Adler von ſeinem Hintertheile hatte
wehen laſſen.
Am Morgen des koͤniglichen Geburtsta-
ges war bei dieſem meinem Nachbar Alles
in tiefſter Ruhe, und weder Flagge, noch Wim-
pel, bei ihm zu verſpuͤren. Erſt ſpaͤt hatt’
er ſich den Schlaf aus den Augen gerieben:
aber ſobald er ſich auf dem Verdeck zeigte,
warf ich ihm die Frage in den Bart: Ob
er, gleich mir und ſo vielen Andern rings
um uns her, den Koͤnig von Preuſſen nicht
auf herkoͤmmliche Weiſe wolle hoch leben
laſſen? — „Das werd’ ich wohl bleiben
laſſen!‟ gab er zur Antwort — „Was geht
mich euer Koͤnig an?‟ — Meine Erwiede-
rung fiel, wie ſich leicht denken laͤßt, deutſch
und derbe aus: allein ohne etwas drauf zu
geben, wandte er mir den Ruͤcken und ließ
ſich an Land ſetzen.
„Topp!‟ gelobte ich mir ſelbſt — „Was
der Schuft zu thun nicht Luſt hat, ſoll den-
noch von mir und in ſeinem Namen geſche-
hen!‟ — Jch beſaß zwei Geſtelle Flaggen
und Wimpel, wovon das ſeidene bereits ſeit
Sonnenaufgang in meinem Tauwerk prangte
und flatterte; das andre baumwollene nahm
ich jetzt zur Hand, ſtieg mit ein paar Leuten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/203>, abgerufen am 15.08.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.