einer kundigen und geschickten Feder vielleicht binnen kurzem zu erhalten.
Bis dahin darf man es als einen glück- lichen Umstand betrachten, daß Nettelbeck dazu auf eine Weise vorgearbeitet hat, die ihm eine neue und seltene Merkwürdigkeit zutheilt. Schon seit mehreren Jahren war der, jetzt in sein 83stes Jahr getretene, aber noch einer seltenen Kraft und Munterkeit genießende Greis damit beschäftigt, die denk- würdigsten Ereignisse, insonderheit seines früheren Seelebens, selbst niederzuschreiben, und hat sich so der Welt treffender geschil- dert, als eine fremde Hand es vermöchte. Hier ist er ganz er selbst. Er giebt sich, wie er ist; und sein Leben ist so wun- derbar reich ausgestattet vom Schicksal, und gleicht, bei den sprechendsten Merkmalen in- nerer Glaubwürdigkeit, dennoch so sehr einem Romane, daß es, indem es die flüchtige Neugier vergnügt, zugleich auch in seinem äußern Thun und Treiben, wie in einem viel- seitig geschliffenen Glase, den innern Men- schen wundervoll und erfreulich zurückspiegelt.
Vielleicht ist es nicht allgemein bekannt, daß der wackre Greis, der nichts weniger, als reich, aber in seinem genügsamen Sinn
einer kundigen und geſchickten Feder vielleicht binnen kurzem zu erhalten.
Bis dahin darf man es als einen gluͤck- lichen Umſtand betrachten, daß Nettelbeck dazu auf eine Weiſe vorgearbeitet hat, die ihm eine neue und ſeltene Merkwuͤrdigkeit zutheilt. Schon ſeit mehreren Jahren war der, jetzt in ſein 83ſtes Jahr getretene, aber noch einer ſeltenen Kraft und Munterkeit genießende Greis damit beſchaͤftigt, die denk- wuͤrdigſten Ereigniſſe, inſonderheit ſeines fruͤheren Seelebens, ſelbſt niederzuſchreiben, und hat ſich ſo der Welt treffender geſchil- dert, als eine fremde Hand es vermoͤchte. Hier iſt er ganz er ſelbſt. Er giebt ſich, wie er iſt; und ſein Leben iſt ſo wun- derbar reich ausgeſtattet vom Schickſal, und gleicht, bei den ſprechendſten Merkmalen in- nerer Glaubwuͤrdigkeit, dennoch ſo ſehr einem Romane, daß es, indem es die fluͤchtige Neugier vergnuͤgt, zugleich auch in ſeinem aͤußern Thun und Treiben, wie in einem viel- ſeitig geſchliffenen Glaſe, den innern Men- ſchen wundervoll und erfreulich zuruͤckſpiegelt.
Vielleicht iſt es nicht allgemein bekannt, daß der wackre Greis, der nichts weniger, als reich, aber in ſeinem genuͤgſamen Sinn
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[II/0008]
einer kundigen und geſchickten Feder vielleicht
binnen kurzem zu erhalten.
Bis dahin darf man es als einen gluͤck-
lichen Umſtand betrachten, daß Nettelbeck
dazu auf eine Weiſe vorgearbeitet hat, die
ihm eine neue und ſeltene Merkwuͤrdigkeit
zutheilt. Schon ſeit mehreren Jahren war
der, jetzt in ſein 83ſtes Jahr getretene, aber
noch einer ſeltenen Kraft und Munterkeit
genießende Greis damit beſchaͤftigt, die denk-
wuͤrdigſten Ereigniſſe, inſonderheit ſeines
fruͤheren Seelebens, ſelbſt niederzuſchreiben,
und hat ſich ſo der Welt treffender geſchil-
dert, als eine fremde Hand es vermoͤchte.
Hier iſt er ganz er ſelbſt. Er giebt
ſich, wie er iſt; und ſein Leben iſt ſo wun-
derbar reich ausgeſtattet vom Schickſal, und
gleicht, bei den ſprechendſten Merkmalen in-
nerer Glaubwuͤrdigkeit, dennoch ſo ſehr einem
Romane, daß es, indem es die fluͤchtige
Neugier vergnuͤgt, zugleich auch in ſeinem
aͤußern Thun und Treiben, wie in einem viel-
ſeitig geſchliffenen Glaſe, den innern Men-
ſchen wundervoll und erfreulich zuruͤckſpiegelt.
Vielleicht iſt es nicht allgemein bekannt,
daß der wackre Greis, der nichts weniger,
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. II. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/8>, abgerufen am 16.07.2024.
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