vor uns hin nach dem weissen Schaume der- selben: allein die Nacht ward so finster und unser Fahrzeug flog so schnellen Laufs, daß wir uns plötzlich mitten darinn befanden. Ehe wir uns auch nur besinnen konnten, er- blickten wir kurz hinter uns den beschäumten Kamm einer Woge, die sich bis zur Höhe unsers Mastes aufbäumte, dann brausend über uns niederschoß und uns zu unterst zu oberst in ihren Abgrund mit sich fortriß.
Nun trat die See für ein paar Augen- blicke zurück; ich bekam den Kopf in die Höhe und meine Füße spürten Grund. Ehe die nächste brandende Welle wiederkehrte, hatt' ich meine Sinne glücklich gesammlet; ich hielt Stand, und da sie mir diesmal nur bis unter die Arme reichte, so eilte ich guter Dinge dem Strande zu, wo ich mich in weniger, als einer Minute, in voller Sicherheit befand. Meine beiden Gefährten hatten eben so gutes Glück. Wir fanden uns bald wieder zusam- men; nur unsre Jölle war wieder mit in die See gerissen worden, bis sie endlich mit dem Kiel nach oben, dennoch an Land trieb. Aber Alles, was drinne gewesen war, gieng uns verloren, ohne daß wir in der Dunkelheit etwas davon aufzufischen vermochten. Wir mußten uns also begnügen, unser Fahrzeug am Strande so hoch hinauf zu ziehen, daß
vor uns hin nach dem weiſſen Schaume der- ſelben: allein die Nacht ward ſo finſter und unſer Fahrzeug flog ſo ſchnellen Laufs, daß wir uns ploͤtzlich mitten darinn befanden. Ehe wir uns auch nur beſinnen konnten, er- blickten wir kurz hinter uns den beſchaͤumten Kamm einer Woge, die ſich bis zur Hoͤhe unſers Maſtes aufbaͤumte, dann brauſend uͤber uns niederſchoß und uns zu unterſt zu oberſt in ihren Abgrund mit ſich fortriß.
Nun trat die See fuͤr ein paar Augen- blicke zuruͤck; ich bekam den Kopf in die Hoͤhe und meine Fuͤße ſpuͤrten Grund. Ehe die naͤchſte brandende Welle wiederkehrte, hatt’ ich meine Sinne gluͤcklich geſammlet; ich hielt Stand, und da ſie mir diesmal nur bis unter die Arme reichte, ſo eilte ich guter Dinge dem Strande zu, wo ich mich in weniger, als einer Minute, in voller Sicherheit befand. Meine beiden Gefaͤhrten hatten eben ſo gutes Gluͤck. Wir fanden uns bald wieder zuſam- men; nur unſre Joͤlle war wieder mit in die See geriſſen worden, bis ſie endlich mit dem Kiel nach oben, dennoch an Land trieb. Aber Alles, was drinne geweſen war, gieng uns verloren, ohne daß wir in der Dunkelheit etwas davon aufzufiſchen vermochten. Wir mußten uns alſo begnuͤgen, unſer Fahrzeug am Strande ſo hoch hinauf zu ziehen, daß
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vor uns hin nach dem weiſſen Schaume der-
ſelben: allein die Nacht ward ſo finſter und
unſer Fahrzeug flog ſo ſchnellen Laufs, daß
wir uns ploͤtzlich mitten darinn befanden.
Ehe wir uns auch nur beſinnen konnten, er-
blickten wir kurz hinter uns den beſchaͤumten
Kamm einer Woge, die ſich bis zur Hoͤhe unſers
Maſtes aufbaͤumte, dann brauſend uͤber uns
niederſchoß und uns zu unterſt zu oberſt in
ihren Abgrund mit ſich fortriß.
Nun trat die See fuͤr ein paar Augen-
blicke zuruͤck; ich bekam den Kopf in die Hoͤhe
und meine Fuͤße ſpuͤrten Grund. Ehe die naͤchſte
brandende Welle wiederkehrte, hatt’ ich meine
Sinne gluͤcklich geſammlet; ich hielt Stand,
und da ſie mir diesmal nur bis unter die
Arme reichte, ſo eilte ich guter Dinge dem
Strande zu, wo ich mich in weniger, als
einer Minute, in voller Sicherheit befand.
Meine beiden Gefaͤhrten hatten eben ſo gutes
Gluͤck. Wir fanden uns bald wieder zuſam-
men; nur unſre Joͤlle war wieder mit in die
See geriſſen worden, bis ſie endlich mit dem
Kiel nach oben, dennoch an Land trieb. Aber
Alles, was drinne geweſen war, gieng uns
verloren, ohne daß wir in der Dunkelheit
etwas davon aufzufiſchen vermochten. Wir
mußten uns alſo begnuͤgen, unſer Fahrzeug
am Strande ſo hoch hinauf zu ziehen, daß
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/237>, abgerufen am 03.05.2024.
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