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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
Ohnmacht gefallen/ massen denn auch noch an dem Orte zum
Gedächtnüß ein weisser glatter Stein zu sehen ist.

Besser hinauf zum Thor S. Stephani ist erstlich zur rech-
ten Hand die Stätte/ da sich Christus umgesehen und die
Gottseligen Weiber/ so ihm nachgefolget und über ihn gewei-
net ansichtig worden und sie also angeredet: Jhr Töchter von
Jerusalem weinet nicht über mich/ sondern weinet über euch
selber und über eure Kinder. Hernach zur lincken Hand auf der
Höhe liegt Herodis Hauß/ welches sehr groß ist und Pilati
Hauß nicht weit davon. An solchem Hause Pilati siehet man
auch noch einen alten gewölbten Bogen/ so sich über die Gasse
hinüber strecket/ auf welchen heraus Pilatus den HERRN
Christum geführet denselben dem Volcke gezeiget/ wie blutig
ihn die Kriegs-Knechte zergeisselt und gesagt: Ecce homo, se-
het/ welch ein Mensch! Auf solchen Bogen bin ich mit dem
Münche hinauff gestiegen/ ist oben ziemlich breit und hat
zweene Fenster.

Weiter nach dem Stephans-Thor ist ein alter Gewölb-
ter Stall/ an dessen Stelle der HErr Christus soll gegeisselt
worden seyn. Besser aber droben zur rechten Hand ist der Tem-
pel Salomonis und gegen über ein alter Thurm/ so ziemlich
hoch/ welchen der Römische Keyser M. Antonius erbauen lassen.
Zur lincken Hand heraussen am Tempel Salomonis ist Pisci-
na probatica,
oder probir-Teich auf Teutsch genannt. Jst ein
grosser tieff ausgemauerter Teich/ der zu Christi Zeiten zu ge-
wisser Zeit von einem Engel vom Himmel pflegte bewegt zu
werden und ward allemahl der Krancke gesund/ der zu erst auf
solche Bewegung hinein kam und sich baden konte/ mit was
Kranckheit und Leibs-Beschwer er auch beladen war/ und
ward derselbe Bethesda genennet worden. An solchem Teiche
gar nahe ist das Thor in den Tempel Salomonis.

Solcher
Q q

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
Ohnmacht gefallen/ maſſen denn auch noch an dem Orte zum
Gedaͤchtnuͤß ein weiſſer glatter Stein zu ſehen iſt.

Beſſer hinauf zum Thor S. Stephani iſt erſtlich zur rech-
ten Hand die Staͤtte/ da ſich Chriſtus umgeſehen und die
Gottſeligen Weiber/ ſo ihm nachgefolget und uͤber ihn gewei-
net anſichtig worden und ſie alſo angeredet: Jhr Toͤchter von
Jeruſalem weinet nicht uͤber mich/ ſondern weinet uͤber euch
ſelber und uͤber eure Kinder. Hernach zur lincken Hand auf der
Hoͤhe liegt Herodis Hauß/ welches ſehr groß iſt und Pilati
Hauß nicht weit davon. An ſolchem Hauſe Pilati ſiehet man
auch noch einen alten gewoͤlbten Bogen/ ſo ſich uͤber die Gaſſe
hinuͤber ſtrecket/ auf welchen heraus Pilatus den HERRN
Chriſtum gefuͤhret denſelben dem Volcke gezeiget/ wie blutig
ihn die Kriegs-Knechte zergeiſſelt und geſagt: Ecce homo, ſe-
het/ welch ein Menſch! Auf ſolchen Bogen bin ich mit dem
Muͤnche hinauff geſtiegen/ iſt oben ziemlich breit und hat
zweene Fenſter.

Weiter nach dem Stephans-Thor iſt ein alter Gewoͤlb-
ter Stall/ an deſſen Stelle der HErr Chriſtus ſoll gegeiſſelt
worden ſeyn. Beſſer aber droben zur rechten Hand iſt der Tem-
pel Salomonis und gegen uͤber ein alter Thurm/ ſo ziemlich
hoch/ welchen der Roͤmiſche Keyſer M. Antonius erbauen laſſen.
Zur lincken Hand herauſſen am Tempel Salomonis iſt Piſci-
na probatica,
oder probir-Teich auf Teutſch genannt. Jſt ein
groſſer tieff ausgemauerter Teich/ der zu Chriſti Zeiten zu ge-
wiſſer Zeit von einem Engel vom Himmel pflegte bewegt zu
werden und ward allemahl der Krancke geſund/ der zu erſt auf
ſolche Bewegung hinein kam und ſich baden konte/ mit was
Kranckheit und Leibs-Beſchwer er auch beladen war/ und
ward derſelbe Bethesda genennet worden. An ſolchem Teiche
gar nahe iſt das Thor in den Tempel Salomonis.

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[303/0309] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. Ohnmacht gefallen/ maſſen denn auch noch an dem Orte zum Gedaͤchtnuͤß ein weiſſer glatter Stein zu ſehen iſt. Beſſer hinauf zum Thor S. Stephani iſt erſtlich zur rech- ten Hand die Staͤtte/ da ſich Chriſtus umgeſehen und die Gottſeligen Weiber/ ſo ihm nachgefolget und uͤber ihn gewei- net anſichtig worden und ſie alſo angeredet: Jhr Toͤchter von Jeruſalem weinet nicht uͤber mich/ ſondern weinet uͤber euch ſelber und uͤber eure Kinder. Hernach zur lincken Hand auf der Hoͤhe liegt Herodis Hauß/ welches ſehr groß iſt und Pilati Hauß nicht weit davon. An ſolchem Hauſe Pilati ſiehet man auch noch einen alten gewoͤlbten Bogen/ ſo ſich uͤber die Gaſſe hinuͤber ſtrecket/ auf welchen heraus Pilatus den HERRN Chriſtum gefuͤhret denſelben dem Volcke gezeiget/ wie blutig ihn die Kriegs-Knechte zergeiſſelt und geſagt: Ecce homo, ſe- het/ welch ein Menſch! Auf ſolchen Bogen bin ich mit dem Muͤnche hinauff geſtiegen/ iſt oben ziemlich breit und hat zweene Fenſter. Weiter nach dem Stephans-Thor iſt ein alter Gewoͤlb- ter Stall/ an deſſen Stelle der HErr Chriſtus ſoll gegeiſſelt worden ſeyn. Beſſer aber droben zur rechten Hand iſt der Tem- pel Salomonis und gegen uͤber ein alter Thurm/ ſo ziemlich hoch/ welchen der Roͤmiſche Keyſer M. Antonius erbauen laſſen. Zur lincken Hand herauſſen am Tempel Salomonis iſt Piſci- na probatica, oder probir-Teich auf Teutſch genannt. Jſt ein groſſer tieff ausgemauerter Teich/ der zu Chriſti Zeiten zu ge- wiſſer Zeit von einem Engel vom Himmel pflegte bewegt zu werden und ward allemahl der Krancke geſund/ der zu erſt auf ſolche Bewegung hinein kam und ſich baden konte/ mit was Kranckheit und Leibs-Beſchwer er auch beladen war/ und ward derſelbe Bethesda genennet worden. An ſolchem Teiche gar nahe iſt das Thor in den Tempel Salomonis. Solcher Q q

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/309>, abgerufen am 22.11.2024.