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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
und mit sonderbarer Bescheidenheit geheitzet seyn/ wie sie a-
ber eigentlich allenthalben formiret und zubrauchen seyn/ habe
ich nimmer erfahren können/ wie sorgfaltig ich auch dar-
nach gewesen bin.

Als ich nun mit meinem Janitzscharen/ wie oben gedacht
worden/ durch die Stadt dahin geritten/ sind wir endlich zu ei-
ner Kirchen kommen/ Della Madonna genannt/ so den Cofthi,
das ist/ denen Ketzerischen Christen/ zuständig war/ in welcher
neun Stuffen hinunter unter der Erden ein Orth und Höle
gezeiget ward/ da sich die heilige Jungfrau Maria mit ihrem
lieben Jesulein soll verborgen gehalten haben/ als sie von He-
rode verjagt in Egypten kommen. Und weils sehr finster drun-
ten war/ musten wir ein Liecht anzünden/ daß wir uns besehen
konten. Es steht auch ein viereckichter Marmelsteinerner Ka-
sten drunten/ nicht sehr tieff/ in welchem die Jungfrau Maria
ihrem lieben Jesulein sein Geräthe soll gewaschen haben. Deß-
gleichen siehet man auch noch ein kleines Heerdlein drunten/
worauff sie gekochet/ wie auch nicht weit davon einen Brunn/
darauß sie ihr Wasser geholet. Und unten in der Mauer ist ein
Loch/ wie ein Backofen/ darinnen sie soll gebacken haben. Vor-
an aber im Ofen liegt ein viereckichter weisser Marmel in der
Mitte mit einem Creutz/ auf welchem der Priester Messe lieset
und scheinet über alle masse alt seyn.

Diese Kirche ist in alt Cairo nechst bey einer Kirche und
Nonnen-Kloster/ S. Georg genannt/ welches sehr hoch gebauet
daß man auf demselben nicht allein fast über die gantze grosse
Stadt/ sondern auch fast sehr weit hinauß ins weite flache
sandige Feld/ biß zu dem Pyramidibus überm Nile gelegen/ se-
hen kan.

Ehe ich aber zu solcher Kirche S. Madonna kommen/ sind
wir zur rechten an einem Stück vom Fluß Nilo, zur lincken aber

an

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
und mit ſonderbarer Beſcheidenheit geheitzet ſeyn/ wie ſie a-
ber eigentlich allenthalben formiret und zubrauchen ſeyn/ habe
ich nimmer erfahren koͤnnen/ wie ſorgfaltig ich auch dar-
nach geweſen bin.

Als ich nun mit meinem Janitzſcharen/ wie oben gedacht
worden/ durch die Stadt dahin geritten/ ſind wir endlich zu ei-
ner Kirchen kommen/ Della Madonna genannt/ ſo den Cofthi,
das iſt/ denen Ketzeriſchen Chriſten/ zuſtaͤndig war/ in welcher
neun Stuffen hinunter unter der Erden ein Orth und Hoͤle
gezeiget ward/ da ſich die heilige Jungfrau Maria mit ihrem
lieben Jeſulein ſoll verborgen gehalten haben/ als ſie von He-
rode verjagt in Egypten kommen. Und weils ſehr finſter drun-
ten war/ muſten wir ein Liecht anzuͤnden/ daß wir uns beſehen
konten. Es ſteht auch ein viereckichter Marmelſteinerner Ka-
ſten drunten/ nicht ſehr tieff/ in welchem die Jungfrau Maria
ihrem lieben Jeſulein ſein Geraͤthe ſoll gewaſchen haben. Deß-
gleichen ſiehet man auch noch ein kleines Heerdlein drunten/
worauff ſie gekochet/ wie auch nicht weit davon einen Brunn/
darauß ſie ihr Waſſer geholet. Und unten in der Mauer iſt ein
Loch/ wie ein Backofen/ darinnen ſie ſoll gebacken haben. Vor-
an aber im Ofen liegt ein viereckichter weiſſer Marmel in der
Mitte mit einem Creutz/ auf welchem der Prieſter Meſſe lieſet
und ſcheinet uͤber alle maſſe alt ſeyn.

Dieſe Kirche iſt in alt Cairo nechſt bey einer Kirche und
Nonnen-Kloſter/ S. Georg genannt/ welches ſehr hoch gebauet
daß man auf demſelben nicht allein faſt uͤber die gantze groſſe
Stadt/ ſondern auch faſt ſehr weit hinauß ins weite flache
ſandige Feld/ biß zu dem Pyramidibus uͤberm Nile gelegen/ ſe-
hen kan.

Ehe ich aber zu ſolcher Kirche S. Madonna kommen/ ſind
wir zur rechten an einem Stuͤck vom Fluß Nilo, zur lincken aber

an
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[162/0168] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. und mit ſonderbarer Beſcheidenheit geheitzet ſeyn/ wie ſie a- ber eigentlich allenthalben formiret und zubrauchen ſeyn/ habe ich nimmer erfahren koͤnnen/ wie ſorgfaltig ich auch dar- nach geweſen bin. Als ich nun mit meinem Janitzſcharen/ wie oben gedacht worden/ durch die Stadt dahin geritten/ ſind wir endlich zu ei- ner Kirchen kommen/ Della Madonna genannt/ ſo den Cofthi, das iſt/ denen Ketzeriſchen Chriſten/ zuſtaͤndig war/ in welcher neun Stuffen hinunter unter der Erden ein Orth und Hoͤle gezeiget ward/ da ſich die heilige Jungfrau Maria mit ihrem lieben Jeſulein ſoll verborgen gehalten haben/ als ſie von He- rode verjagt in Egypten kommen. Und weils ſehr finſter drun- ten war/ muſten wir ein Liecht anzuͤnden/ daß wir uns beſehen konten. Es ſteht auch ein viereckichter Marmelſteinerner Ka- ſten drunten/ nicht ſehr tieff/ in welchem die Jungfrau Maria ihrem lieben Jeſulein ſein Geraͤthe ſoll gewaſchen haben. Deß- gleichen ſiehet man auch noch ein kleines Heerdlein drunten/ worauff ſie gekochet/ wie auch nicht weit davon einen Brunn/ darauß ſie ihr Waſſer geholet. Und unten in der Mauer iſt ein Loch/ wie ein Backofen/ darinnen ſie ſoll gebacken haben. Vor- an aber im Ofen liegt ein viereckichter weiſſer Marmel in der Mitte mit einem Creutz/ auf welchem der Prieſter Meſſe lieſet und ſcheinet uͤber alle maſſe alt ſeyn. Dieſe Kirche iſt in alt Cairo nechſt bey einer Kirche und Nonnen-Kloſter/ S. Georg genannt/ welches ſehr hoch gebauet daß man auf demſelben nicht allein faſt uͤber die gantze groſſe Stadt/ ſondern auch faſt ſehr weit hinauß ins weite flache ſandige Feld/ biß zu dem Pyramidibus uͤberm Nile gelegen/ ſe- hen kan. Ehe ich aber zu ſolcher Kirche S. Madonna kommen/ ſind wir zur rechten an einem Stuͤck vom Fluß Nilo, zur lincken aber an

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/168>, abgerufen am 04.05.2024.