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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
hat sie den Namen Babylon behalten und die andern verloh-
ren/ wiewol doch die Rudera von Memphis die Gegend der Py-
ra miden
über den Nilum eine Strecke von Babylon ab im fla-
chen Sand-Felde gezeiget werden/ da noch viel zerbrochene
Marmelsteinere Seulen stehen und liegen und viel altes Ge-
mäuer zu sehen/ daß ich darfür halte/ wie auch einige Nach-
richt davon vorhanden/ das alte Memphis mag sich wol biß
dahin erstrecket und geschleppet haben. Denn man siehet auch
noch daselbst etzliche verfallene Gebäude/ die nicht schlecht müs-
sen in ihrem Stande gewesen seyn/ von denen vorgegeben wird/
daß es Potiphars Pallast gewesen/ bey dem Joseph gedienet
und von seiner unzüchtigen Frauen zum Ehebruch gereitzet
worden.

Die Gassen in Babylon sind nicht gepflastert/ sondern
nur voller Sand und fleußt der Nilus durch die Stadt. Die
Häuser sind hoch/ aber wenig von Steinen und oben ohne Dä-
cher/ daß man drauff herum gehen und sich weit und fern um-
sehen kan/ aber inwendig sind sie gar schön gemahlet und mit
Teppichen gezieret/ daß mit Lust hinein zu gehen ist.

Das Schloß worauff der Türckische Bassa Hof hält und
das vortreffliche Castell/ welches mit lauter Janitzscharen
starck besetzt ist/ sind meines Erachtens und Befindens wol die
weitläufftigsten und fürtrefflichsten Gebäude in der Stadt.
denn das Castell ist vortrefflich erbauet/ hat viel starcke Thür-
me und Mauren und sehr viel lauter eiserne Thüren/ durch wel-
che man in die Höhe hinauff gehen muß und ist so hoch/ daß ich
fast die gantze Stadt übersehen können/ sammt dem Wasser
Nilus, welches denn über die masse schön zusehen war/ wiewol
sonst die Stadt in sich selber offen und ohne Mauren ist und in
zwey Städte/ alt und neu Babylon/ getheilet/ iedoch das alte
nicht so wol erbauet/ noch so Volckreich bewohnet wird/ als
das Neue.


Es

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
hat ſie den Namen Babylon behalten und die andern verloh-
ren/ wiewol doch die Rudera von Memphis die Gegend der Py-
ra miden
uͤber den Nilum eine Strecke von Babylon ab im fla-
chen Sand-Felde gezeiget werden/ da noch viel zerbrochene
Marmelſteinere Seulen ſtehen und liegen und viel altes Ge-
maͤuer zu ſehen/ daß ich darfuͤr halte/ wie auch einige Nach-
richt davon vorhanden/ das alte Memphis mag ſich wol biß
dahin erſtrecket und geſchleppet haben. Denn man ſiehet auch
noch daſelbſt etzliche verfallene Gebaͤude/ die nicht ſchlecht muͤſ-
ſen in ihrem Stande geweſen ſeyn/ von denen vorgegeben wiꝛd/
daß es Potiphars Pallaſt geweſen/ bey dem Joſeph gedienet
und von ſeiner unzuͤchtigen Frauen zum Ehebruch gereitzet
worden.

Die Gaſſen in Babylon ſind nicht gepflaſtert/ ſondern
nur voller Sand und fleußt der Nilus durch die Stadt. Die
Haͤuſer ſind hoch/ aber wenig von Steinen und oben ohne Daͤ-
cher/ daß man drauff herum gehen und ſich weit und fern um-
ſehen kan/ aber inwendig ſind ſie gar ſchoͤn gemahlet und mit
Teppichen gezieret/ daß mit Luſt hinein zu gehen iſt.

Das Schloß worauff der Tuͤrckiſche Baſſa Hof haͤlt und
das vortreffliche Caſtell/ welches mit lauter Janitzſcharen
ſtarck beſetzt iſt/ ſind meines Erachtens und Befindens wol die
weitlaͤufftigſten und fuͤrtrefflichſten Gebaͤude in der Stadt.
denn das Caſtell iſt vortrefflich erbauet/ hat viel ſtarcke Thuͤr-
me und Mauren und ſehr viel lauter eiſerne Thuͤren/ durch wel-
che man in die Hoͤhe hinauff gehen muß und iſt ſo hoch/ daß ich
faſt die gantze Stadt uͤberſehen koͤnnen/ ſammt dem Waſſer
Nilus, welches denn uͤber die maſſe ſchoͤn zuſehen war/ wiewol
ſonſt die Stadt in ſich ſelber offen und ohne Mauren iſt und in
zwey Staͤdte/ alt und neu Babylon/ getheilet/ iedoch das alte
nicht ſo wol erbauet/ noch ſo Volckreich bewohnet wird/ alſ
das Neue.


Es
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[160/0166] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. hat ſie den Namen Babylon behalten und die andern verloh- ren/ wiewol doch die Rudera von Memphis die Gegend der Py- ra miden uͤber den Nilum eine Strecke von Babylon ab im fla- chen Sand-Felde gezeiget werden/ da noch viel zerbrochene Marmelſteinere Seulen ſtehen und liegen und viel altes Ge- maͤuer zu ſehen/ daß ich darfuͤr halte/ wie auch einige Nach- richt davon vorhanden/ das alte Memphis mag ſich wol biß dahin erſtrecket und geſchleppet haben. Denn man ſiehet auch noch daſelbſt etzliche verfallene Gebaͤude/ die nicht ſchlecht muͤſ- ſen in ihrem Stande geweſen ſeyn/ von denen vorgegeben wiꝛd/ daß es Potiphars Pallaſt geweſen/ bey dem Joſeph gedienet und von ſeiner unzuͤchtigen Frauen zum Ehebruch gereitzet worden. Die Gaſſen in Babylon ſind nicht gepflaſtert/ ſondern nur voller Sand und fleußt der Nilus durch die Stadt. Die Haͤuſer ſind hoch/ aber wenig von Steinen und oben ohne Daͤ- cher/ daß man drauff herum gehen und ſich weit und fern um- ſehen kan/ aber inwendig ſind ſie gar ſchoͤn gemahlet und mit Teppichen gezieret/ daß mit Luſt hinein zu gehen iſt. Das Schloß worauff der Tuͤrckiſche Baſſa Hof haͤlt und das vortreffliche Caſtell/ welches mit lauter Janitzſcharen ſtarck beſetzt iſt/ ſind meines Erachtens und Befindens wol die weitlaͤufftigſten und fuͤrtrefflichſten Gebaͤude in der Stadt. denn das Caſtell iſt vortrefflich erbauet/ hat viel ſtarcke Thuͤr- me und Mauren und ſehr viel lauter eiſerne Thuͤren/ durch wel- che man in die Hoͤhe hinauff gehen muß und iſt ſo hoch/ daß ich faſt die gantze Stadt uͤberſehen koͤnnen/ ſammt dem Waſſer Nilus, welches denn uͤber die maſſe ſchoͤn zuſehen war/ wiewol ſonſt die Stadt in ſich ſelber offen und ohne Mauren iſt und in zwey Staͤdte/ alt und neu Babylon/ getheilet/ iedoch das alte nicht ſo wol erbauet/ noch ſo Volckreich bewohnet wird/ alſ das Neue. Es

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/166>, abgerufen am 26.11.2024.