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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Von Museis I. Theil
unterhält, Richard Lassel, ein gebohrner Engeländer, folgender Massen: Jn
der Gallerie des alten Pallasts siehet man Anfangs einen langen Saal, wie
ein L gebauet: Zur lincken Hand dieser Gallerie siehet man lauter Glas-
Fenster, und auf der andern Seite eine Reihe Bilder sehr groß. Unter die-
sen Fenstern stehet eine Reihe marmorne Seulen, so alte Stücke. Uber
den besagten Fenstern und Bildern gehet eine Reihe kleiner Bilder, welche
nach dem Leben repraesentiren die vornehmsten unter den obigen Gelehrten
und Kriegs-Leuten; die Soldaten stehen zur Rechten, die Gelehrten zur Lin-
cken. Gedachter Bilder sind wol nur 100. aber allzumal rare Stücke. Jch
erinnere mich nur etlicher, als des Bildes Leda, Diana, Bachus, Hercules
Gladiator,
der auf seiner Hut stehet, Scipio Africanus in Ertzt, der die ur-
alte Pracht der Römer repraesentiret, gar weit unterschieden von der
heutigen; das Bild eines kleinen Jungen in Ertzt, haltend ein Schwert in
der Hand; ein kleiner Knab schlafend auf einem Probier-Stein: Das
Haupt Ciceronis in Marmor, des Senecae. Das Haupt Michael Angelo Bo-
narota
in Ertzt, von seiner eigenen Hand gemacht. Endlich das Haupt Bru-
ti
,
eines von denen, welche den Caesar ermordet. Dieses hatte Michael Angelo
in Marmor angefangen, aber unförmlich, darum er es unterlassen. Will
man die Ursach wissen, warum er es nicht ausgemacht, so lese man das Disti-
chon
in Ertzt unter diesem Haupt, da der Bildhauer selbst also spricht:

M. Dum Bruti effigiem sculptor de marmorc ducit, A.
B. In mentem sceleris venit, & abstinuit. F.

Die vier Ecken und End-Buchstaben bedeuten Michael Angelo Bonarota
Fecit.
Unter den Gemählden, oder vielmehr Bildern, merckte ich auf der
andern Seiten, wo die Krieges-Lente stunden, sonderlich diese: Hannibal,
der Schrecken Roms; Scipio, der Carthago einnahm, und Hannibal über-
wand, ferner Pyrrbus, Scanderbeg, Venerius Alexander, Farnese, Cortesius
Magellanus, Andreas d' Oria, Gaston de Foix, Duc de Alba, Eccelino, Castruccio,

und noch unzählig viel andere tapffere Helden. Unter den Bildern der Ge-
lehrten erinnere mich des Petrarcbae Ariosto, Joannis Casa, Poggio, Machiavelli,
Guicciardini, Pauli Jovii, Sannazarii, Boccatii Platinae, Brunelleschi, Michael
Angelo, Raphael Urbin, Columbi, Americi
und Galilei, samt noch viel andern,
welche zu lang fallen würden zu beschreiben, und beschwerlicher zu besinnen.
Von da gehet man in das Zeug-Haus, allwo 3. oder 4. Gemächer voller
raren Sachen sind, als zwey der Jndianischen Könige Kleider oder Habit,
von Papagoien-Federn zusammen gesetzt, der Habit etlicher Janitscharen,
von rothem Sammet, mit güldenen Nägeln beschlagen, der Habit eines
Königes von China, die Haut eines Pferdes über Holtz gezogen, dessen

Mäh-

Von Muſeis I. Theil
unterhaͤlt, Richard Laſſel, ein gebohrner Engelaͤnder, folgender Maſſen: Jn
der Gallerie des alten Pallaſts ſiehet man Anfangs einen langen Saal, wie
ein L gebauet: Zur lincken Hand dieſer Gallerie ſiehet man lauter Glas-
Fenſter, und auf der andern Seite eine Reihe Bilder ſehr groß. Unter die-
ſen Fenſtern ſtehet eine Reihe marmorne Seulen, ſo alte Stuͤcke. Uber
den beſagten Fenſtern und Bildern gehet eine Reihe kleiner Bilder, welche
nach dem Leben repræſentiren die vornehmſten unter den obigen Gelehrten
und Kriegs-Leuten; die Soldaten ſtehen zur Rechten, die Gelehrten zur Lin-
cken. Gedachter Bilder ſind wol nur 100. aber allzumal rare Stuͤcke. Jch
erinnere mich nur etlicher, als des Bildes Leda, Diana, Bachus, Hercules
Gladiator,
der auf ſeiner Hut ſtehet, Scipio Africanus in Ertzt, der die ur-
alte Pracht der Roͤmer repræſentiret, gar weit unterſchieden von der
heutigen; das Bild eines kleinen Jungen in Ertzt, haltend ein Schwert in
der Hand; ein kleiner Knab ſchlafend auf einem Probier-Stein: Das
Haupt Ciceronis in Marmor, des Senecæ. Das Haupt Michaël Angelo Bo-
narota
in Ertzt, von ſeiner eigenen Hand gemacht. Endlich das Haupt Bru-
ti
,
eines von denen, welche den Cæſar ermordet. Dieſes hatte Michaël Angelo
in Marmor angefangen, aber unfoͤrmlich, darum er es unterlaſſen. Will
man die Urſach wiſſen, warum er es nicht ausgemacht, ſo leſe man das Diſti-
chon
in Ertzt unter dieſem Haupt, da der Bildhauer ſelbſt alſo ſpricht:

M. Dum Bruti effigiem ſculptor de marmorc ducit, A.
B. In mentem ſceleris venit, & abſtinuit. F.

Die vier Ecken und End-Buchſtaben bedeuten Michaël Angelo Bonarota
Fecit.
Unter den Gemaͤhlden, oder vielmehr Bildern, merckte ich auf der
andern Seiten, wo die Krieges-Lente ſtunden, ſonderlich dieſe: Hannibal,
der Schrecken Roms; Scipio, der Carthago einnahm, und Hannibal uͤber-
wand, ferner Pyrrbus, Scanderbeg, Venerius Alexander, Farneſe, Corteſius
Magellanus, Andreas d’ Oria, Gaſton de Foix, Duc de Alba, Eccelino, Caſtruccio,

und noch unzaͤhlig viel andere tapffere Helden. Unter den Bildern der Ge-
lehrten erinnere mich des Petrarcbæ Arioſto, Joannis Caſa, Poggio, Machiavelli,
Guicciardini, Pauli Jovii, Sannazarii, Boccatii Platinæ, Brunelleſchi, Michaël
Angelo, Raphaël Urbin, Columbi, Americi
und Galilei, ſamt noch viel andern,
welche zu lang fallen wuͤrden zu beſchreiben, und beſchwerlicher zu beſinnen.
Von da gehet man in das Zeug-Haus, allwo 3. oder 4. Gemaͤcher voller
raren Sachen ſind, als zwey der Jndianiſchen Koͤnige Kleider oder Habit,
von Papagoien-Federn zuſammen geſetzt, der Habit etlicher Janitſcharen,
von rothem Sammet, mit guͤldenen Naͤgeln beſchlagen, der Habit eines
Koͤniges von China, die Haut eines Pferdes uͤber Holtz gezogen, deſſen

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[38/0066] Von Muſeis I. Theil unterhaͤlt, Richard Laſſel, ein gebohrner Engelaͤnder, folgender Maſſen: Jn der Gallerie des alten Pallaſts ſiehet man Anfangs einen langen Saal, wie ein L gebauet: Zur lincken Hand dieſer Gallerie ſiehet man lauter Glas- Fenſter, und auf der andern Seite eine Reihe Bilder ſehr groß. Unter die- ſen Fenſtern ſtehet eine Reihe marmorne Seulen, ſo alte Stuͤcke. Uber den beſagten Fenſtern und Bildern gehet eine Reihe kleiner Bilder, welche nach dem Leben repræſentiren die vornehmſten unter den obigen Gelehrten und Kriegs-Leuten; die Soldaten ſtehen zur Rechten, die Gelehrten zur Lin- cken. Gedachter Bilder ſind wol nur 100. aber allzumal rare Stuͤcke. Jch erinnere mich nur etlicher, als des Bildes Leda, Diana, Bachus, Hercules Gladiator, der auf ſeiner Hut ſtehet, Scipio Africanus in Ertzt, der die ur- alte Pracht der Roͤmer repræſentiret, gar weit unterſchieden von der heutigen; das Bild eines kleinen Jungen in Ertzt, haltend ein Schwert in der Hand; ein kleiner Knab ſchlafend auf einem Probier-Stein: Das Haupt Ciceronis in Marmor, des Senecæ. Das Haupt Michaël Angelo Bo- narota in Ertzt, von ſeiner eigenen Hand gemacht. Endlich das Haupt Bru- ti, eines von denen, welche den Cæſar ermordet. Dieſes hatte Michaël Angelo in Marmor angefangen, aber unfoͤrmlich, darum er es unterlaſſen. Will man die Urſach wiſſen, warum er es nicht ausgemacht, ſo leſe man das Diſti- chon in Ertzt unter dieſem Haupt, da der Bildhauer ſelbſt alſo ſpricht: M. Dum Bruti effigiem ſculptor de marmorc ducit, A. B. In mentem ſceleris venit, & abſtinuit. F. Die vier Ecken und End-Buchſtaben bedeuten Michaël Angelo Bonarota Fecit. Unter den Gemaͤhlden, oder vielmehr Bildern, merckte ich auf der andern Seiten, wo die Krieges-Lente ſtunden, ſonderlich dieſe: Hannibal, der Schrecken Roms; Scipio, der Carthago einnahm, und Hannibal uͤber- wand, ferner Pyrrbus, Scanderbeg, Venerius Alexander, Farneſe, Corteſius Magellanus, Andreas d’ Oria, Gaſton de Foix, Duc de Alba, Eccelino, Caſtruccio, und noch unzaͤhlig viel andere tapffere Helden. Unter den Bildern der Ge- lehrten erinnere mich des Petrarcbæ Arioſto, Joannis Caſa, Poggio, Machiavelli, Guicciardini, Pauli Jovii, Sannazarii, Boccatii Platinæ, Brunelleſchi, Michaël Angelo, Raphaël Urbin, Columbi, Americi und Galilei, ſamt noch viel andern, welche zu lang fallen wuͤrden zu beſchreiben, und beſchwerlicher zu beſinnen. Von da gehet man in das Zeug-Haus, allwo 3. oder 4. Gemaͤcher voller raren Sachen ſind, als zwey der Jndianiſchen Koͤnige Kleider oder Habit, von Papagoien-Federn zuſammen geſetzt, der Habit etlicher Janitſcharen, von rothem Sammet, mit guͤldenen Naͤgeln beſchlagen, der Habit eines Koͤniges von China, die Haut eines Pferdes uͤber Holtz gezogen, deſſen Maͤh-

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/66>, abgerufen am 24.11.2024.