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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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III. Theil von Bibliothequen.
daß die Gelehrsamkeit bey solchem vergnügten Stand, in welchem man auf
keinen leiblichen Unterhalt hätte nöthig gehabt bedacht zu seyn, sondern da
alles Dichten und Trachten nur auf herrliche Studia gezielet hätte, bald wür-
de auf den höchsten Gipffel der Vollkommenheit haben können gebracht wer-
den. Diese Haupt-Sache aber fehlet diesen Nationen, und folglich leben
sie bey ihrem geruhigen und dem Ansehen nach glückseligen Stand dennoch in
einer elenden Finsterniß und Dunckelheit, in Betrachtung des Zustandes ih-
rer Seelen. Was könte also denen Nationen solcher Lebens-Art heil samer
und ersprießlicher, sowol zur Verbesserung ihrer leiblichen Sitten, als auch,
welches das vornehmste, zum Heil ihrer Seelen behülfflicher seyn, als eine
solche Apotheke, oder Medicina Animi, wodurch sie von der grossen Kranckheit
ihrer Seelen, durch die heilsame Artzeney des göttlichen Wortes, zur voll-
kommenen Genesung, in der Erkänntniß des rechten wahren GOttes, bald
würden gebracht werden. Doch genug hiervon: Jch habe nur hiemit eini-
ger Massen die Möglichkeit vorstellen wollen, wie man in der Welt eher die
Kauff-und Handelschafft, als geist-und weltlicher Gelehrsamkeit könne
entübriget seyn, als ohne welche letztere unter Menschen und Thieren ein gar
geringer Unterscheid seyn würde. Doch da die Kauffmannschafft nicht al-
lein ein in göttlichen und weltlichen Rechten erlaubter, sondern auch gelobter
Stand (so fern er ohne Sünde,) bleibet, wie denn dessen in der heil. Schrifft
an unterschiedlichen Orten gedacht wird, Gen. 37. v. 25. 26. Zeph. 1. v. 11.
Ezech. 27. 1. Reg.
10. da der weise König Salomo selber zur See ge-
handelt, und Carolus V. Römischer Kayser seine leibliche Tochter Margare-
tham Austriacam
An.
1535. dem damals berühmten Kauffmann Alexandre
de Medices
zur Gemahlin gegeben, anderer dergleichen Exempel von Hochhal-
tung der edlen Kauffmannschafft zu geschweigen: Also halten wir billig
nächst der Gelehrsamkeit die Kauffmannschafft, und beyde für zwey Haupt-
Stützen, die zu dem Flor und Wohl eines Staats, wie nicht weniger zu einer
GOtt und Menschen wohlgefälligen Polizey unumgänglich erfordert wer-
den. Anerwogen nun des herrlichen Nutzens, Ruhm und Ehre, welcher
diejenigen von Rechts-wegen würdig seyn, die zum Behuf und Unterhal-
tung der Gelehrsamkeit, nicht allein neue Schrifften ans Tages-Licht stellen;
sondern einen nicht mindern, ja fast unsterblichen Ruhm erwerben sich alle
diejenige, welche sowol für sich selber zu ihrem eignen, als auch gemeinen Nu-
tzen solche publique Bücher-Kammern stifften. Und hierzu haben grosse
Herren und Fürsten zuvörderst die beste Gelegenheit, welche Privat-Perso-
nen offt in vielen Stücken mangelt. So hoch aber die Gunst und Gnade bey
hohen Häuptern zu aestimiren, wenn sie Privat-Leuten den Zutritt zu ihren

Biblio-

III. Theil von Bibliothequen.
daß die Gelehrſamkeit bey ſolchem vergnuͤgten Stand, in welchem man auf
keinen leiblichen Unterhalt haͤtte noͤthig gehabt bedacht zu ſeyn, ſondern da
alles Dichten und Trachten nur auf herrliche Studia gezielet haͤtte, bald wuͤr-
de auf den hoͤchſten Gipffel der Vollkommenheit haben koͤnnen gebracht wer-
den. Dieſe Haupt-Sache aber fehlet dieſen Nationen, und folglich leben
ſie bey ihrem geruhigen und dem Anſehen nach gluͤckſeligen Stand dennoch in
einer elenden Finſterniß und Dunckelheit, in Betrachtung des Zuſtandes ih-
rer Seelen. Was koͤnte alſo denen Nationen ſolcher Lebens-Art heil ſamer
und erſprießlicher, ſowol zur Verbeſſerung ihrer leiblichen Sitten, als auch,
welches das vornehmſte, zum Heil ihrer Seelen behuͤlfflicher ſeyn, als eine
ſolche Apotheke, oder Medicina Animi, wodurch ſie von der groſſen Kranckheit
ihrer Seelen, durch die heilſame Artzeney des goͤttlichen Wortes, zur voll-
kommenen Geneſung, in der Erkaͤnntniß des rechten wahren GOttes, bald
wuͤrden gebracht werden. Doch genug hiervon: Jch habe nur hiemit eini-
ger Maſſen die Moͤglichkeit vorſtellen wollen, wie man in der Welt eher die
Kauff-und Handelſchafft, als geiſt-und weltlicher Gelehrſamkeit koͤnne
entuͤbriget ſeyn, als ohne welche letztere unter Menſchen und Thieren ein gar
geringer Unterſcheid ſeyn wuͤrde. Doch da die Kauffmannſchafft nicht al-
lein ein in goͤttlichen und weltlichen Rechten erlaubter, ſondern auch gelobter
Stand (ſo fern er ohne Suͤnde,) bleibet, wie denn deſſen in der heil. Schrifft
an unterſchiedlichen Orten gedacht wird, Gen. 37. v. 25. 26. Zeph. 1. v. 11.
Ezech. 27. 1. Reg.
10. da der weiſe Koͤnig Salomo ſelber zur See ge-
handelt, und Carolus V. Roͤmiſcher Kayſer ſeine leibliche Tochter Margare-
tham Auſtriacam
An.
1535. dem damals beruͤhmten Kauffmann Alexandre
de Medices
zur Gemahlin gegeben, anderer dergleichen Exempel von Hochhal-
tung der edlen Kauffmannſchafft zu geſchweigen: Alſo halten wir billig
naͤchſt der Gelehrſamkeit die Kauffmannſchafft, und beyde fuͤr zwey Haupt-
Stuͤtzen, die zu dem Flor und Wohl eines Staats, wie nicht weniger zu einer
GOtt und Menſchen wohlgefaͤlligen Polizey unumgaͤnglich erfordert wer-
den. Anerwogen nun des herrlichen Nutzens, Ruhm und Ehre, welcher
diejenigen von Rechts-wegen wuͤrdig ſeyn, die zum Behuf und Unterhal-
tung der Gelehrſamkeit, nicht allein neue Schrifften ans Tages-Licht ſtellen;
ſondern einen nicht mindern, ja faſt unſterblichen Ruhm erwerben ſich alle
diejenige, welche ſowol fuͤr ſich ſelber zu ihrem eignen, als auch gemeinen Nu-
tzen ſolche publique Buͤcher-Kammern ſtifften. Und hierzu haben groſſe
Herren und Fuͤrſten zuvoͤrderſt die beſte Gelegenheit, welche Privat-Perſo-
nen offt in vielen Stuͤcken mangelt. So hoch aber die Gunſt und Gnade bey
hohen Haͤuptern zu æſtimiren, wenn ſie Privat-Leuten den Zutritt zu ihren

Biblio-
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[238/0266] III. Theil von Bibliothequen. daß die Gelehrſamkeit bey ſolchem vergnuͤgten Stand, in welchem man auf keinen leiblichen Unterhalt haͤtte noͤthig gehabt bedacht zu ſeyn, ſondern da alles Dichten und Trachten nur auf herrliche Studia gezielet haͤtte, bald wuͤr- de auf den hoͤchſten Gipffel der Vollkommenheit haben koͤnnen gebracht wer- den. Dieſe Haupt-Sache aber fehlet dieſen Nationen, und folglich leben ſie bey ihrem geruhigen und dem Anſehen nach gluͤckſeligen Stand dennoch in einer elenden Finſterniß und Dunckelheit, in Betrachtung des Zuſtandes ih- rer Seelen. Was koͤnte alſo denen Nationen ſolcher Lebens-Art heil ſamer und erſprießlicher, ſowol zur Verbeſſerung ihrer leiblichen Sitten, als auch, welches das vornehmſte, zum Heil ihrer Seelen behuͤlfflicher ſeyn, als eine ſolche Apotheke, oder Medicina Animi, wodurch ſie von der groſſen Kranckheit ihrer Seelen, durch die heilſame Artzeney des goͤttlichen Wortes, zur voll- kommenen Geneſung, in der Erkaͤnntniß des rechten wahren GOttes, bald wuͤrden gebracht werden. Doch genug hiervon: Jch habe nur hiemit eini- ger Maſſen die Moͤglichkeit vorſtellen wollen, wie man in der Welt eher die Kauff-und Handelſchafft, als geiſt-und weltlicher Gelehrſamkeit koͤnne entuͤbriget ſeyn, als ohne welche letztere unter Menſchen und Thieren ein gar geringer Unterſcheid ſeyn wuͤrde. Doch da die Kauffmannſchafft nicht al- lein ein in goͤttlichen und weltlichen Rechten erlaubter, ſondern auch gelobter Stand (ſo fern er ohne Suͤnde,) bleibet, wie denn deſſen in der heil. Schrifft an unterſchiedlichen Orten gedacht wird, Gen. 37. v. 25. 26. Zeph. 1. v. 11. Ezech. 27. 1. Reg. 10. da der weiſe Koͤnig Salomo ſelber zur See ge- handelt, und Carolus V. Roͤmiſcher Kayſer ſeine leibliche Tochter Margare- tham Auſtriacam An. 1535. dem damals beruͤhmten Kauffmann Alexandre de Medices zur Gemahlin gegeben, anderer dergleichen Exempel von Hochhal- tung der edlen Kauffmannſchafft zu geſchweigen: Alſo halten wir billig naͤchſt der Gelehrſamkeit die Kauffmannſchafft, und beyde fuͤr zwey Haupt- Stuͤtzen, die zu dem Flor und Wohl eines Staats, wie nicht weniger zu einer GOtt und Menſchen wohlgefaͤlligen Polizey unumgaͤnglich erfordert wer- den. Anerwogen nun des herrlichen Nutzens, Ruhm und Ehre, welcher diejenigen von Rechts-wegen wuͤrdig ſeyn, die zum Behuf und Unterhal- tung der Gelehrſamkeit, nicht allein neue Schrifften ans Tages-Licht ſtellen; ſondern einen nicht mindern, ja faſt unſterblichen Ruhm erwerben ſich alle diejenige, welche ſowol fuͤr ſich ſelber zu ihrem eignen, als auch gemeinen Nu- tzen ſolche publique Buͤcher-Kammern ſtifften. Und hierzu haben groſſe Herren und Fuͤrſten zuvoͤrderſt die beſte Gelegenheit, welche Privat-Perſo- nen offt in vielen Stuͤcken mangelt. So hoch aber die Gunſt und Gnade bey hohen Haͤuptern zu æſtimiren, wenn ſie Privat-Leuten den Zutritt zu ihren Biblio-

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/266>, abgerufen am 22.11.2024.