"lästen hat König Montezuma einige gehabt, die nicht allein mit allerley kost- "baren Meublen ausgezieret gewesen; sondern es waren auch in solchen "Schlössern oder Pallästen von gemeldtem König gewisse Zimmer und Cabi- "netter dazu aptiret, daß König Montezuma darin die Figuren und Bildnisse "aller derer in seiner Herrschafft befindlichen lebendigen Thiere Geschlechter "hier in einem kurtzen oder kleinen Begriff bey einander vor Augen haben "könte. Diese Bilder waren nicht von Stein oder Holtz, sondern von lau- "ter Golde und Silber, ja gar viele von Edelgestein nach dem Original so leb- "hafft gebildet, daß der beste Künstler in gantz Europa schwerlich ein besser "Meister-Stück machen würde; bey seinen Pallästen hatte er auch Gärten, "und unter solchen einen sonderlichen, darinnen ein Lust-Haus, daran alles "von Marmor und Jaspis aufs beste ausgearbeitet gewesen, in solchen Gär- "ten waren Lust-Seen, auf welchen allerhand Meer- und Wasser-Vögel in "grosser Anzahl schwummen: Diese waren abgetheilt in See- und Strom- "Vögel, jene hatten in ihren Teichen Saltz-diese aber süsses Wasser, 300. "Männer waren dahin verordnet, deren Geschäffte und Verrichtung allein "dieses war, daß sie solch Gevögel in den Teichen mit Fisch-Werck, Maltz "oder Korn, Gewürm und dergleichen ihnen bequeme Nahrung fütterten. "Noch andere waren ausser diesen 300. Männern, welche sich auf die Artzeney "und Curen verstunden, diese musten, dafern ein und ander Thier einigen "Schaden bekommen, solche verbinden und curiren. Zu gewissen Zeiten "wurden solche Seen, um selbige rein zu halten, abgelassen, und nachmals "durch gewisse Canäle wieder anders frisches Wasser darein gelassen. Fer- "ner hat er auch grosse Theriotrophaea oder Thier-Häufer gehabt, in solchen "waren nun unterschiedliche grosse Vogelbauer von 9. Füssen groß, darinnen "wurden allerley wilde und grosse Raub-Vögel bewahret, und mehrentheils "mit Hüner-Fleisch gefüttert. An einer andern Seite stunden grosse höltzer- "ne Kasten, und in solchen wurden Löwen, Tieger-Thiere, Wölffe, Füchse, "wilde Katzen, eingesperret und unterhalten. Noch eine fast seltsamere "Curiosität hat dieser König an einem andern Ort, nemlich Knaben und "Jungfrauen, die von Natur weiß an Haut und Haaren: (diese weisse Far- "be war unter ihnen eben so selten, als unter uns Europäern eine schwartze.) "Anderswo waren wiederum andere Menschen-Wunder, zum Exempel: "Zwerge, pucklichte oder höckrichte, und dergleichen. Ein iedweder hatte "unter solchen sein eigenes Behältniß, und Aufwärter, welche ihrer pflegen und warten müssen."
Jch übergehe die andere Neben-Kostbarkeiten, und die von Vogel-Federn überaus künstlich gemachte Bildnisse, welche die be- ste Mahlerey beschämeten, und sage mit Herrn Major nur, daß dieses Ame-
rica-
Von Muſeis II. Theil.
„laͤſten hat Koͤnig Montezuma einige gehabt, die nicht allein mit allerley koſt- „baren Meublen ausgezieret geweſen; ſondern es waren auch in ſolchen „Schloͤſſern oder Pallaͤſten von gemeldtem Koͤnig gewiſſe Zimmer und Cabi- „netter dazu aptiret, daß Koͤnig Montezuma darin die Figuren und Bildniſſe „aller derer in ſeiner Herrſchafft befindlichen lebendigen Thiere Geſchlechter „hier in einem kurtzen oder kleinen Begriff bey einander vor Augen haben „koͤnte. Dieſe Bilder waren nicht von Stein oder Holtz, ſondern von lau- „ter Golde und Silber, ja gar viele von Edelgeſtein nach dem Original ſo leb- „hafft gebildet, daß der beſte Kuͤnſtler in gantz Europa ſchwerlich ein beſſer „Meiſter-Stuͤck machen wuͤrde; bey ſeinen Pallaͤſten hatte er auch Gaͤrten, „und unter ſolchen einen ſonderlichen, darinnen ein Luſt-Haus, daran alles „von Marmor und Jaſpis aufs beſte ausgearbeitet geweſen, in ſolchen Gaͤr- „ten waren Luſt-Seen, auf welchen allerhand Meer- und Waſſer-Voͤgel in „groſſer Anzahl ſchwummen: Dieſe waren abgetheilt in See- und Strom- „Voͤgel, jene hatten in ihren Teichen Saltz-dieſe aber ſuͤſſes Waſſer, 300. „Maͤnner waren dahin verordnet, deren Geſchaͤffte und Verrichtung allein „dieſes war, daß ſie ſolch Gevoͤgel in den Teichen mit Fiſch-Werck, Maltz „oder Korn, Gewuͤrm und dergleichen ihnen bequeme Nahrung fuͤtterten. „Noch andere waren auſſer dieſen 300. Maͤnnern, welche ſich auf die Artzeney „und Curen verſtunden, dieſe muſten, dafern ein und ander Thier einigen „Schaden bekommen, ſolche verbinden und curiren. Zu gewiſſen Zeiten „wurden ſolche Seen, um ſelbige rein zu halten, abgelaſſen, und nachmals „durch gewiſſe Canaͤle wieder anders friſches Waſſer darein gelaſſen. Fer- „ner hat er auch groſſe Theriotrophæa oder Thier-Haͤufer gehabt, in ſolchen „waren nun unterſchiedliche groſſe Vogelbauer von 9. Fuͤſſen groß, darinnen „wurden allerley wilde und groſſe Raub-Voͤgel bewahret, und mehrentheils „mit Huͤner-Fleiſch gefuͤttert. An einer andern Seite ſtunden groſſe hoͤltzer- „ne Kaſten, und in ſolchen wurden Loͤwen, Tieger-Thiere, Woͤlffe, Fuͤchſe, „wilde Katzen, eingeſperret und unterhalten. Noch eine faſt ſeltſamere „Curioſität hat dieſer Koͤnig an einem andern Ort, nemlich Knaben und „Jungfrauen, die von Natur weiß an Haut und Haaren: (dieſe weiſſe Far- „be war unter ihnen eben ſo ſelten, als unter uns Europäern eine ſchwartze.) „Anderswo waren wiederum andere Menſchen-Wunder, zum Exempel: „Zwerge, pucklichte oder hoͤckrichte, und dergleichen. Ein iedweder hatte „unter ſolchen ſein eigenes Behaͤltniß, und Aufwaͤrter, welche ihrer pflegen und warten muͤſſen.„
Jch uͤbergehe die andere Neben-Koſtbarkeiten, und die von Vogel-Federn uͤberaus kuͤnſtlich gemachte Bildniſſe, welche die be- ſte Mahlerey beſchaͤmeten, und ſage mit Herrn Major nur, daß dieſes Ame-
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Von Muſeis II. Theil.
„laͤſten hat Koͤnig Montezuma einige gehabt, die nicht allein mit allerley koſt-
„baren Meublen ausgezieret geweſen; ſondern es waren auch in ſolchen
„Schloͤſſern oder Pallaͤſten von gemeldtem Koͤnig gewiſſe Zimmer und Cabi-
„netter dazu aptiret, daß Koͤnig Montezuma darin die Figuren und Bildniſſe
„aller derer in ſeiner Herrſchafft befindlichen lebendigen Thiere Geſchlechter
„hier in einem kurtzen oder kleinen Begriff bey einander vor Augen haben
„koͤnte. Dieſe Bilder waren nicht von Stein oder Holtz, ſondern von lau-
„ter Golde und Silber, ja gar viele von Edelgeſtein nach dem Original ſo leb-
„hafft gebildet, daß der beſte Kuͤnſtler in gantz Europa ſchwerlich ein beſſer
„Meiſter-Stuͤck machen wuͤrde; bey ſeinen Pallaͤſten hatte er auch Gaͤrten,
„und unter ſolchen einen ſonderlichen, darinnen ein Luſt-Haus, daran alles
„von Marmor und Jaſpis aufs beſte ausgearbeitet geweſen, in ſolchen Gaͤr-
„ten waren Luſt-Seen, auf welchen allerhand Meer- und Waſſer-Voͤgel in
„groſſer Anzahl ſchwummen: Dieſe waren abgetheilt in See- und Strom-
„Voͤgel, jene hatten in ihren Teichen Saltz-dieſe aber ſuͤſſes Waſſer, 300.
„Maͤnner waren dahin verordnet, deren Geſchaͤffte und Verrichtung allein
„dieſes war, daß ſie ſolch Gevoͤgel in den Teichen mit Fiſch-Werck, Maltz
„oder Korn, Gewuͤrm und dergleichen ihnen bequeme Nahrung fuͤtterten.
„Noch andere waren auſſer dieſen 300. Maͤnnern, welche ſich auf die Artzeney
„und Curen verſtunden, dieſe muſten, dafern ein und ander Thier einigen
„Schaden bekommen, ſolche verbinden und curiren. Zu gewiſſen Zeiten
„wurden ſolche Seen, um ſelbige rein zu halten, abgelaſſen, und nachmals
„durch gewiſſe Canaͤle wieder anders friſches Waſſer darein gelaſſen. Fer-
„ner hat er auch groſſe Theriotrophæa oder Thier-Haͤufer gehabt, in ſolchen
„waren nun unterſchiedliche groſſe Vogelbauer von 9. Fuͤſſen groß, darinnen
„wurden allerley wilde und groſſe Raub-Voͤgel bewahret, und mehrentheils
„mit Huͤner-Fleiſch gefuͤttert. An einer andern Seite ſtunden groſſe hoͤltzer-
„ne Kaſten, und in ſolchen wurden Loͤwen, Tieger-Thiere, Woͤlffe, Fuͤchſe,
„wilde Katzen, eingeſperret und unterhalten. Noch eine faſt ſeltſamere
„Curioſität hat dieſer Koͤnig an einem andern Ort, nemlich Knaben und
„Jungfrauen, die von Natur weiß an Haut und Haaren: (dieſe weiſſe Far-
„be war unter ihnen eben ſo ſelten, als unter uns Europäern eine ſchwartze.)
„Anderswo waren wiederum andere Menſchen-Wunder, zum Exempel:
„Zwerge, pucklichte oder hoͤckrichte, und dergleichen. Ein iedweder hatte
„unter ſolchen ſein eigenes Behaͤltniß, und Aufwaͤrter, welche ihrer pflegen
und warten muͤſſen.„ Jch uͤbergehe die andere Neben-Koſtbarkeiten, und
die von Vogel-Federn uͤberaus kuͤnſtlich gemachte Bildniſſe, welche die be-
ſte Mahlerey beſchaͤmeten, und ſage mit Herrn Major nur, daß dieſes Ame-
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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/232>, abgerufen am 24.11.2024.
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