Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.Von Museis II. Theil. Dagegen weit klüger und löblicher gehandelt, wenn solcher in dem Besitz ei-ner andern vernünfftigen und geschickten Person (für die Billigkeit und der Sachen Würde,) übergeben wird. So weislich dieses, so thöricht ist nun im Gegentheil wiederum jenes, wenn selbiges, nach itzigen vielen Exempeln, Stück weise an den meist dafür bietenden in öffentlichem Ausruff gleich ei- nem andern Hausgeräthe verkauffet wird, da denn nicht allein das comple- te Gemach oder Cabinet distrahiret oder zertrennet wird, sondern auch man- cher Unvernunfft, bey einer solchen Gelegenheit, offt ein oder anderes zwar wol eben nicht allemal dem äusserlichen Ansehen nach, doch an und in sich selbst köstliche Ding in die Hände bekommt, und daher von ihm nicht aestimi- ret wird; dagegen einer, dem die Sache kündig, vielmehr Fait und AEstim davon machen würde. Jn solchen Fällen wird offt manche Rose von einer Sau gefunden, und bey dergleichen Begebenheiten gehets offt vielen, wie je- nem Apotheker in Holland, der einsmals in einer gewissen Erbschafft viele alte Römische und andere rare Müntzen mit bekam; weil er aber wol nie von Römischen Müntzen, und noch viel weniger von derselben Rarität moch- te gehöret haben, so wuste er nicht, was er mit diesem Krahm anfangen solte. Er mag sie wol seiner Köchin mit zu Marckte gegeben haben, und da er ver- nommen, daß kein Fleischer, Fischer, oder Höcker solches Geld habe anneh- men wollen, (weil solche sonder Zweifel eben so klug gewesen,) hat sich seine Bekümmerniß noch mehr vergrössert, deßwegen hat er solche, weil er sie zu nichts bessers zu employren gewust, zusammen geschmoltzen und einen Mör- ser daraus machen lassen. Vielleicht hat sich dieser gute Tropff noch wol über sein inventiöses Ingenium verwundert, daß sein hoher Witz ein solch unbegreifflich Werck ersonnen, aus vielen kleinen Pfennigen und Silber- Stücken die Form eines Mörsers machen zu können. Wunder, welch ein herrliches Arcanum! Und wer weiß, ob dieser ungewürtzte Apotheker nicht viele seines gleichen unter andern Apothekern und Materialisten, welche sich doch insgemein mit curieusen Sachen abgeben, solte finden; derohal- ben thun solche sehr wohl, wenn sie offt und fleißig an diese wenige Worte ge- dencken: In Bibliotheca intra libros philosophatur. Nehmen sie dieses in Acht so werden sie sich nicht allein daran begnügen lassen, wenn sie nur ei- nen grossen Vorrath allerley curieuser Dinge aufzuweisen haben, sondern sie werden auch eines Bücher-Vorraths eingedenck bleiben, die sie von ih- rem curieusen Apparat so zu unterrichten vermögen, daß sie mit mehr Ge- wißheit von dem Werth oder Unwerth, von der Kostbarkeit oder Geringig- keit, dieser oder jener Sache judiciren, und überhaupt mehr Verstand und Nutzen davon haben können. Jch schreite aber hinwieder zu meinem Zweck, von
Von Muſeis II. Theil. Dagegen weit kluͤger und loͤblicher gehandelt, wenn ſolcher in dem Beſitz ei-ner andern vernuͤnfftigen und geſchickten Perſon (fuͤr die Billigkeit und der Sachen Wuͤrde,) uͤbergeben wird. So weislich dieſes, ſo thoͤricht iſt nun im Gegentheil wiederum jenes, wenn ſelbiges, nach itzigen vielen Exempeln, Stuͤck weiſe an den meiſt dafuͤr bietenden in oͤffentlichem Ausruff gleich ei- nem andern Hausgeraͤthe verkauffet wird, da denn nicht allein das comple- te Gemach oder Cabinet diſtrahiret oder zertrennet wird, ſondern auch man- cher Unvernunfft, bey einer ſolchen Gelegenheit, offt ein oder anderes zwar wol eben nicht allemal dem aͤuſſerlichen Anſehen nach, doch an und in ſich ſelbſt koͤſtliche Ding in die Haͤnde bekommt, und daher von ihm nicht æſtimi- ret wird; dagegen einer, dem die Sache kuͤndig, vielmehr Fait und Æſtim davon machen wuͤrde. Jn ſolchen Faͤllen wird offt manche Roſe von einer Sau gefunden, und bey dergleichen Begebenheiten gehets offt vielen, wie je- nem Apotheker in Holland, der einsmals in einer gewiſſen Erbſchafft viele alte Roͤmiſche und andere rare Muͤntzen mit bekam; weil er aber wol nie von Roͤmiſchen Muͤntzen, und noch viel weniger von derſelben Raritaͤt moch- te gehoͤret haben, ſo wuſte er nicht, was er mit dieſem Krahm anfangen ſolte. Er mag ſie wol ſeiner Koͤchin mit zu Marckte gegeben haben, und da er ver- nommen, daß kein Fleiſcher, Fiſcher, oder Hoͤcker ſolches Geld habe anneh- men wollen, (weil ſolche ſonder Zweifel eben ſo klug geweſen,) hat ſich ſeine Bekuͤmmerniß noch mehr vergroͤſſert, deßwegen hat er ſolche, weil er ſie zu nichts beſſers zu employren gewuſt, zuſammen geſchmoltzen und einen Moͤr- ſer daraus machen laſſen. Vielleicht hat ſich dieſer gute Tropff noch wol uͤber ſein inventiöſes Ingenium verwundert, daß ſein hoher Witz ein ſolch unbegreifflich Werck erſonnen, aus vielen kleinen Pfennigen und Silber- Stuͤcken die Form eines Moͤrſers machen zu koͤnnen. Wunder, welch ein herrliches Arcanum! Und wer weiß, ob dieſer ungewuͤrtzte Apotheker nicht viele ſeines gleichen unter andern Apothekern und Materialiſten, welche ſich doch insgemein mit curieuſen Sachen abgeben, ſolte finden; derohal- ben thun ſolche ſehr wohl, wenn ſie offt und fleißig an dieſe wenige Worte ge- dencken: In Bibliotheca intra libros philoſophatur. Nehmen ſie dieſes in Acht ſo werden ſie ſich nicht allein daran begnuͤgen laſſen, wenn ſie nur ei- nen groſſen Vorrath allerley curieuſer Dinge aufzuweiſen haben, ſondern ſie werden auch eines Buͤcher-Vorraths eingedenck bleiben, die ſie von ih- rem curieuſen Apparat ſo zu unterrichten vermoͤgen, daß ſie mit mehr Ge- wißheit von dem Werth oder Unwerth, von der Koſtbarkeit oder Geringig- keit, dieſer oder jener Sache judiciren, und uͤberhaupt mehr Verſtand und Nutzen davon haben koͤnnen. Jch ſchreite aber hinwieder zu meinem Zweck, von
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0208" n="180"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von <hi rendition="#aq">Muſeis II.</hi> Theil.</hi></fw><lb/> Dagegen weit kluͤger und loͤblicher gehandelt, wenn ſolcher in dem Beſitz ei-<lb/> ner andern vernuͤnfftigen und geſchickten Perſon (fuͤr die Billigkeit und der<lb/> Sachen Wuͤrde,) uͤbergeben wird. So weislich dieſes, ſo thoͤricht iſt nun<lb/> im Gegentheil wiederum jenes, wenn ſelbiges, nach itzigen vielen Exempeln,<lb/> Stuͤck weiſe an den meiſt dafuͤr bietenden in oͤffentlichem Ausruff gleich ei-<lb/> nem andern Hausgeraͤthe verkauffet wird, da denn nicht allein das <hi rendition="#aq">comple</hi>-<lb/> te Gemach oder <hi rendition="#aq">Cabinet diſtrahi</hi>ret oder zertrennet wird, ſondern auch man-<lb/> cher Unvernunfft, bey einer ſolchen Gelegenheit, offt ein oder anderes zwar<lb/> wol eben nicht allemal dem aͤuſſerlichen Anſehen nach, doch an und in ſich<lb/> ſelbſt koͤſtliche Ding in die Haͤnde bekommt, und daher von ihm nicht <hi rendition="#aq">æſtimi</hi>-<lb/> ret wird; dagegen einer, dem die Sache kuͤndig, vielmehr <hi rendition="#aq">Fait</hi> und <hi rendition="#aq">Æſtim</hi><lb/> davon machen wuͤrde. Jn ſolchen Faͤllen wird offt manche Roſe von einer<lb/> Sau gefunden, und bey dergleichen Begebenheiten gehets offt vielen, wie je-<lb/> nem Apotheker in <hi rendition="#fr">Holland,</hi> der einsmals in einer gewiſſen Erbſchafft viele<lb/> alte Roͤmiſche und andere rare Muͤntzen mit bekam; weil er aber wol nie<lb/> von Roͤmiſchen Muͤntzen, und noch viel weniger von derſelben Raritaͤt moch-<lb/> te gehoͤret haben, ſo wuſte er nicht, was er mit dieſem Krahm anfangen ſolte.<lb/> Er mag ſie wol ſeiner Koͤchin mit zu Marckte gegeben haben, und da er ver-<lb/> nommen, daß kein Fleiſcher, Fiſcher, oder Hoͤcker ſolches Geld habe anneh-<lb/> men wollen, (weil ſolche ſonder Zweifel eben ſo klug geweſen,) hat ſich ſeine<lb/> Bekuͤmmerniß noch mehr vergroͤſſert, deßwegen hat er ſolche, weil er ſie zu<lb/> nichts beſſers zu <hi rendition="#aq">employ</hi>ren gewuſt, zuſammen geſchmoltzen und einen Moͤr-<lb/> ſer daraus machen laſſen. Vielleicht hat ſich dieſer gute Tropff noch wol<lb/> uͤber ſein <hi rendition="#aq">inventiöſ</hi>es <hi rendition="#aq">Ingenium</hi> verwundert, daß ſein hoher Witz ein ſolch<lb/> unbegreifflich Werck erſonnen, aus vielen kleinen Pfennigen und Silber-<lb/> Stuͤcken die Form eines Moͤrſers machen zu koͤnnen. Wunder, welch ein<lb/> herrliches <hi rendition="#aq">Arcanum!</hi> Und wer weiß, ob dieſer ungewuͤrtzte Apotheker nicht<lb/> viele ſeines gleichen unter andern Apothekern und Materialiſten, welche<lb/> ſich doch insgemein mit <hi rendition="#aq">curieuſ</hi>en Sachen abgeben, ſolte finden; derohal-<lb/> ben thun ſolche ſehr wohl, wenn ſie offt und fleißig an dieſe wenige Worte ge-<lb/> dencken: <hi rendition="#aq">In Bibliotheca intra libros philoſophatur.</hi> Nehmen ſie dieſes<lb/> in Acht ſo werden ſie ſich nicht allein daran begnuͤgen laſſen, wenn ſie nur ei-<lb/> nen groſſen Vorrath allerley <hi rendition="#aq">curieuſ</hi>er Dinge aufzuweiſen haben, ſondern<lb/> ſie werden auch eines Buͤcher-Vorraths eingedenck bleiben, die ſie von ih-<lb/> rem <hi rendition="#aq">curieuſ</hi>en <hi rendition="#aq">Apparat</hi> ſo zu unterrichten vermoͤgen, daß ſie mit mehr Ge-<lb/> wißheit von dem Werth oder Unwerth, von der Koſtbarkeit oder Geringig-<lb/> keit, dieſer oder jener Sache <hi rendition="#aq">judici</hi>ren, und uͤberhaupt mehr Verſtand und<lb/> Nutzen davon haben koͤnnen. Jch ſchreite aber hinwieder zu meinem Zweck,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [180/0208]
Von Muſeis II. Theil.
Dagegen weit kluͤger und loͤblicher gehandelt, wenn ſolcher in dem Beſitz ei-
ner andern vernuͤnfftigen und geſchickten Perſon (fuͤr die Billigkeit und der
Sachen Wuͤrde,) uͤbergeben wird. So weislich dieſes, ſo thoͤricht iſt nun
im Gegentheil wiederum jenes, wenn ſelbiges, nach itzigen vielen Exempeln,
Stuͤck weiſe an den meiſt dafuͤr bietenden in oͤffentlichem Ausruff gleich ei-
nem andern Hausgeraͤthe verkauffet wird, da denn nicht allein das comple-
te Gemach oder Cabinet diſtrahiret oder zertrennet wird, ſondern auch man-
cher Unvernunfft, bey einer ſolchen Gelegenheit, offt ein oder anderes zwar
wol eben nicht allemal dem aͤuſſerlichen Anſehen nach, doch an und in ſich
ſelbſt koͤſtliche Ding in die Haͤnde bekommt, und daher von ihm nicht æſtimi-
ret wird; dagegen einer, dem die Sache kuͤndig, vielmehr Fait und Æſtim
davon machen wuͤrde. Jn ſolchen Faͤllen wird offt manche Roſe von einer
Sau gefunden, und bey dergleichen Begebenheiten gehets offt vielen, wie je-
nem Apotheker in Holland, der einsmals in einer gewiſſen Erbſchafft viele
alte Roͤmiſche und andere rare Muͤntzen mit bekam; weil er aber wol nie
von Roͤmiſchen Muͤntzen, und noch viel weniger von derſelben Raritaͤt moch-
te gehoͤret haben, ſo wuſte er nicht, was er mit dieſem Krahm anfangen ſolte.
Er mag ſie wol ſeiner Koͤchin mit zu Marckte gegeben haben, und da er ver-
nommen, daß kein Fleiſcher, Fiſcher, oder Hoͤcker ſolches Geld habe anneh-
men wollen, (weil ſolche ſonder Zweifel eben ſo klug geweſen,) hat ſich ſeine
Bekuͤmmerniß noch mehr vergroͤſſert, deßwegen hat er ſolche, weil er ſie zu
nichts beſſers zu employren gewuſt, zuſammen geſchmoltzen und einen Moͤr-
ſer daraus machen laſſen. Vielleicht hat ſich dieſer gute Tropff noch wol
uͤber ſein inventiöſes Ingenium verwundert, daß ſein hoher Witz ein ſolch
unbegreifflich Werck erſonnen, aus vielen kleinen Pfennigen und Silber-
Stuͤcken die Form eines Moͤrſers machen zu koͤnnen. Wunder, welch ein
herrliches Arcanum! Und wer weiß, ob dieſer ungewuͤrtzte Apotheker nicht
viele ſeines gleichen unter andern Apothekern und Materialiſten, welche
ſich doch insgemein mit curieuſen Sachen abgeben, ſolte finden; derohal-
ben thun ſolche ſehr wohl, wenn ſie offt und fleißig an dieſe wenige Worte ge-
dencken: In Bibliotheca intra libros philoſophatur. Nehmen ſie dieſes
in Acht ſo werden ſie ſich nicht allein daran begnuͤgen laſſen, wenn ſie nur ei-
nen groſſen Vorrath allerley curieuſer Dinge aufzuweiſen haben, ſondern
ſie werden auch eines Buͤcher-Vorraths eingedenck bleiben, die ſie von ih-
rem curieuſen Apparat ſo zu unterrichten vermoͤgen, daß ſie mit mehr Ge-
wißheit von dem Werth oder Unwerth, von der Koſtbarkeit oder Geringig-
keit, dieſer oder jener Sache judiciren, und uͤberhaupt mehr Verſtand und
Nutzen davon haben koͤnnen. Jch ſchreite aber hinwieder zu meinem Zweck,
von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |