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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Von Museis I. Theil
Nur ist noch eine Ampel, so in der Atterera zu Padua gefunden worden, und
700. Jahr soll gebrannt haben, nebst dem vortrefflichen Kunststücke Adam
und Eva, nebst einen Löwen, von Albrecht Dürer im Gefängniß nur einig
und allein mit einem Federmesser geschnitzt, und wodurch er seine Freyheit er-
langet, sonderlich zu admiriren. Das grosse Arsenal zu Venedig lieget
am Ende der Stadt, und hat den Ruhm, daß es das gröste und schönste in
Europa ist: Es soll 3. Welsche Meilen im Umkreis haben: Doch die unge-
heure Grösse desselben bestehet eigentlich darinnen, weil es die Magazins der
Schiffs-Geräthschafften in seinen Mauren begreifft, als da ist das Gewöl-
be oder Magazin der Seiler, worinnen die Schiffs-Tauen verfertiget; das
Magazin der Schmiede, darinnen die Ancker etc. geschmiedet; der Zimmer-
leute und Schreiner ihr Altan, darinnen dasjenige, so zu der Galleeren Zier-
athen nöthig, verfertiget; item der Haven oder Stapel, worauf neue Gallee-
ren gebauet werden: Nicht weniger sieht man in dem Arsenal einen grossen
Raum, in welchem iederzeit das zubereitete Holtz und Vorrath von 100.
Galleeren und 12. Galeazzen wenigstens in Vorrath und Bereitschafft lie-
get, auch sobald etwas davon genommen wird, unterläßt man nicht, sogleich
wieder anders an dessen Stelle dahin zu legen; item der Gieß-Ofen, wor-
innen die Stücke gegossen und poliret werden, nebst dem Wag-Raum,
worinnen eine Wage, auf welcher auf einmal bis in die 60000. Lb. und zwar
so just bis auf 1/2. Lb. kan gewogen werden; die unbändige Ancker und Stü-
cke, die man hierauf balancirt, werden vermittelst eines grossen Rades durch
etliche Männer auf die Wage gelegt, das sonst mit 100. Männern und drü-
ber nicht geschehen könte. Wann man nun diesen bereits erzehlten Raum
consideriret, und noch dazu thut die Menge der Stücke, Feuer-Mörser,
Harnische, Pantzer, Gewehr, Bomben, Kugeln etc. (wie man denn für ge-
wiß sagen will, daß darinnen eine vollkommene Rüstung für 25000. Mann
Cavallerie und mehr als 100000 Mann Infanterie zu finden,) auch daß
der Haven selber in dem Raum dieses Arsenals begriffen, worinnen ieder-
zeit unzählig viel Galleeren und andre Kriegs-Schiffe, nebst dem grossen Bu-
centauro,
welcher mehrentheils verguldet ist, und mit welchem alle Him-
melfahrts-Tage das Fest der Vermählung der Venetianischen Herrschafft
mit dem Adriatischen Meere, durch Hineinwerffung eines köstlichen Rin-
ges, nach der aufgebrachten Ceremonie des Pabsts Alexandri III stattlich
celebriret wird, vor Ancker oder angebunden liegen; so lässet sich leicht be-
dencken und vorstellen die Grösse dieses berühmten Arsenals.

Liebhaber der Mahlereyen finden in dieser Stadt zwey Academien
derselben, in welchen sie, wie nicht weniger in der Schule S. Rochi auf dem

Saal

Von Muſeis I. Theil
Nur iſt noch eine Ampel, ſo in der Atterera zu Padua gefunden worden, und
700. Jahr ſoll gebrannt haben, nebſt dem vortrefflichen Kunſtſtuͤcke Adam
und Eva, nebſt einen Loͤwen, von Albrecht Duͤrer im Gefaͤngniß nur einig
und allein mit einem Federmeſſer geſchnitzt, und wodurch er ſeine Freyheit er-
langet, ſonderlich zu admiriren. Das groſſe Arſenal zu Venedig lieget
am Ende der Stadt, und hat den Ruhm, daß es das groͤſte und ſchoͤnſte in
Europa iſt: Es ſoll 3. Welſche Meilen im Umkreis haben: Doch die unge-
heure Groͤſſe deſſelben beſtehet eigentlich darinnen, weil es die Magazins der
Schiffs-Geraͤthſchafften in ſeinen Mauren begreifft, als da iſt das Gewoͤl-
be oder Magazin der Seiler, worinnen die Schiffs-Tauen verfertiget; das
Magazin der Schmiede, darinnen die Ancker ꝛc. geſchmiedet; der Zimmer-
leute und Schreiner ihr Altan, darinnen dasjenige, ſo zu der Galleeren Zier-
athen noͤthig, verfertiget; item der Haven oder Stapel, worauf neue Gallee-
ren gebauet werden: Nicht weniger ſieht man in dem Arſenal einen groſſen
Raum, in welchem iederzeit das zubereitete Holtz und Vorrath von 100.
Galleeren und 12. Galeazzen wenigſtens in Vorrath und Bereitſchafft lie-
get, auch ſobald etwas davon genommen wird, unterlaͤßt man nicht, ſogleich
wieder anders an deſſen Stelle dahin zu legen; item der Gieß-Ofen, wor-
innen die Stuͤcke gegoſſen und poliret werden, nebſt dem Wag-Raum,
worinnen eine Wage, auf welcher auf einmal bis in die 60000. ℔. und zwar
ſo juſt bis auf ½. ℔. kan gewogen werden; die unbaͤndige Ancker und Stuͤ-
cke, die man hierauf balancirt, werden vermittelſt eines groſſen Rades durch
etliche Maͤnner auf die Wage gelegt, das ſonſt mit 100. Maͤnnern und druͤ-
ber nicht geſchehen koͤnte. Wann man nun dieſen bereits erzehlten Raum
conſideriret, und noch dazu thut die Menge der Stuͤcke, Feuer-Moͤrſer,
Harniſche, Pantzer, Gewehr, Bomben, Kugeln ꝛc. (wie man denn fuͤr ge-
wiß ſagen will, daß darinnen eine vollkommene Ruͤſtung fuͤr 25000. Mann
Cavallerie und mehr als 100000 Mann Infanterie zu finden,) auch daß
der Haven ſelber in dem Raum dieſes Arſenals begriffen, worinnen ieder-
zeit unzaͤhlig viel Galleeren und andre Kriegs-Schiffe, nebſt dem groſſen Bu-
centauro,
welcher mehrentheils verguldet iſt, und mit welchem alle Him-
melfahrts-Tage das Feſt der Vermaͤhlung der Venetianiſchen Herrſchafft
mit dem Adriatiſchen Meere, durch Hineinwerffung eines koͤſtlichen Rin-
ges, nach der aufgebrachten Ceremonie des Pabſts Alexandri III ſtattlich
celebriret wird, vor Ancker oder angebunden liegen; ſo laͤſſet ſich leicht be-
dencken und vorſtellen die Groͤſſe dieſes beruͤhmten Arſenals.

Liebhaber der Mahlereyen finden in dieſer Stadt zwey Academien
derſelben, in welchen ſie, wie nicht weniger in der Schule S. Rochi auf dem

Saal
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[120/0148] Von Muſeis I. Theil Nur iſt noch eine Ampel, ſo in der Atterera zu Padua gefunden worden, und 700. Jahr ſoll gebrannt haben, nebſt dem vortrefflichen Kunſtſtuͤcke Adam und Eva, nebſt einen Loͤwen, von Albrecht Duͤrer im Gefaͤngniß nur einig und allein mit einem Federmeſſer geſchnitzt, und wodurch er ſeine Freyheit er- langet, ſonderlich zu admiriren. Das groſſe Arſenal zu Venedig lieget am Ende der Stadt, und hat den Ruhm, daß es das groͤſte und ſchoͤnſte in Europa iſt: Es ſoll 3. Welſche Meilen im Umkreis haben: Doch die unge- heure Groͤſſe deſſelben beſtehet eigentlich darinnen, weil es die Magazins der Schiffs-Geraͤthſchafften in ſeinen Mauren begreifft, als da iſt das Gewoͤl- be oder Magazin der Seiler, worinnen die Schiffs-Tauen verfertiget; das Magazin der Schmiede, darinnen die Ancker ꝛc. geſchmiedet; der Zimmer- leute und Schreiner ihr Altan, darinnen dasjenige, ſo zu der Galleeren Zier- athen noͤthig, verfertiget; item der Haven oder Stapel, worauf neue Gallee- ren gebauet werden: Nicht weniger ſieht man in dem Arſenal einen groſſen Raum, in welchem iederzeit das zubereitete Holtz und Vorrath von 100. Galleeren und 12. Galeazzen wenigſtens in Vorrath und Bereitſchafft lie- get, auch ſobald etwas davon genommen wird, unterlaͤßt man nicht, ſogleich wieder anders an deſſen Stelle dahin zu legen; item der Gieß-Ofen, wor- innen die Stuͤcke gegoſſen und poliret werden, nebſt dem Wag-Raum, worinnen eine Wage, auf welcher auf einmal bis in die 60000. ℔. und zwar ſo juſt bis auf ½. ℔. kan gewogen werden; die unbaͤndige Ancker und Stuͤ- cke, die man hierauf balancirt, werden vermittelſt eines groſſen Rades durch etliche Maͤnner auf die Wage gelegt, das ſonſt mit 100. Maͤnnern und druͤ- ber nicht geſchehen koͤnte. Wann man nun dieſen bereits erzehlten Raum conſideriret, und noch dazu thut die Menge der Stuͤcke, Feuer-Moͤrſer, Harniſche, Pantzer, Gewehr, Bomben, Kugeln ꝛc. (wie man denn fuͤr ge- wiß ſagen will, daß darinnen eine vollkommene Ruͤſtung fuͤr 25000. Mann Cavallerie und mehr als 100000 Mann Infanterie zu finden,) auch daß der Haven ſelber in dem Raum dieſes Arſenals begriffen, worinnen ieder- zeit unzaͤhlig viel Galleeren und andre Kriegs-Schiffe, nebſt dem groſſen Bu- centauro, welcher mehrentheils verguldet iſt, und mit welchem alle Him- melfahrts-Tage das Feſt der Vermaͤhlung der Venetianiſchen Herrſchafft mit dem Adriatiſchen Meere, durch Hineinwerffung eines koͤſtlichen Rin- ges, nach der aufgebrachten Ceremonie des Pabſts Alexandri III ſtattlich celebriret wird, vor Ancker oder angebunden liegen; ſo laͤſſet ſich leicht be- dencken und vorſtellen die Groͤſſe dieſes beruͤhmten Arſenals. Liebhaber der Mahlereyen finden in dieſer Stadt zwey Academien derſelben, in welchen ſie, wie nicht weniger in der Schule S. Rochi auf dem Saal

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/148>, abgerufen am 24.11.2024.