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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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Das V. Capitel.
lein. Sechs Leuchter von purem Golde. Zwey güldene Flaschen, so auf
des Königs Salomonis Credentz-Tisch gestanden. Zwey Gefässe von
Römischem Agat, welche der Hertzog von Mantua der Republic praesenti-
ret. Eine grosse Schüssel von einem Turcois. Ein Eimer von Rubinen.
Viele Creutze und Scepter von Diamanten. Noch ein grosser Saphir,
welchen Dominicus Grimani hieher verehret, und 10. Unzen wiegt. Nebst einem
Hauffen Schachteln und kleinen Kästgen voll Edelgesteinen. Nicht weni-
ger ist des S. Jerosme Portrait von feiner Mosaischer Arbeit mit grosser Ver-
wunderung, sowol der Kostbarkeit als subtiler Arbeit wegen, zu besehen.
Jn diesem Schatz wird auch ferner bewahret des Dogens Crone, il Corno
oder das Horn genannt, dieweil sie auf der Art eines gedrehten Cornu Co-
piae
von Carmoisin-färbigtem Sammet gemacht ist; sie ist rund herum mit
einer Reihe herrlicher Perlen besetzet, deren iede nicht kleiner, aber wol grös-
ser, als eine Hasel-Nuß ist; auf der Spitze dieser Crone oder Horn ist ein
achteckigter Diamant von Verwunderungs-würdiger Grösse und folglich
hohem Werth: Henricus III. König in Franckreich hat denselben, wie er
aus Polen kommen, der Republic geschencket. Doch der grosse Rubin, so
vorne in der Mitte dieses Corno stehet, giebt jenem nicht viel nach, zumalen er
auf 100000. Cronen werth. Alle übrige in diesem Schatz-Hause noch be-
findliche unzählige kostbare Gefässe und Edelgesteine übergehe ich mit Still-
schweigen: Nur will ich nochmals gedencken, daß allhier als ein besondrer
Schatz bewahret wird ein hochgeachtetes MScriptum von S. Marco, nemlich
dessen Evangelium, welches er mit seiner eigenen Hand soll geschrieben ha-
ben. Die Blätter dieses MS. sind von Pergament, aber so alt und vermo-
dert, daß man fast kein Blat anrühren darff, ohne daß es einem zwischen den
Fingern kleben bleibt; das Format dieses MS. ist in Quarto, zwey Finger
dick, und in einer rothen vergüldeten Schachtel verwahret, welches auf die
Art eines Buches von aussen gemacht ist; die Characteres sind mehrentheils
ausgegangen, so daß man wenig oder nichts von einigen kenntlichen Buch-
staben noch erblicken kan. Aus etlichen Worten aber, die noch nicht gantz
und gar ausgelöscht, als das Wort kata, welches so zu sehen, wie es hie ste-
het, nebst einem D und einem S, die man anderwärts noch erkennen kan, geben
Zeugniß, daß es ein Griechisch MScriptum sey, aber eben nicht, daß es der
Evangelist Marcus geschrieben habe. Zwar könte man aus dem grossen
Alterthum und Verweslichkeit dieses MS. wol den Glauben holen: Al-
lein solch ein Alterthum kan auch per artem durch Exponirung der Lufft und
Feuchtigkeit zu wege gebracht werden; da denn mehr als zu natürlich die
Blätter ohne Zerreissung zwischen den Fingern nicht mögen angegriffen wer-

den,
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Das V. Capitel.
lein. Sechs Leuchter von purem Golde. Zwey guͤldene Flaſchen, ſo auf
des Koͤnigs Salomonis Credentz-Tiſch geſtanden. Zwey Gefaͤſſe von
Roͤmiſchem Agat, welche der Hertzog von Mantua der Republic præſenti-
ret. Eine groſſe Schuͤſſel von einem Turcois. Ein Eimer von Rubinen.
Viele Creutze und Scepter von Diamanten. Noch ein groſſer Saphir,
welchen Dominicus Grimani hieher verehret, und 10. Unzen wiegt. Nebſt einem
Hauffen Schachteln und kleinen Kaͤſtgen voll Edelgeſteinen. Nicht weni-
ger iſt des S. Jerosme Portrait von feiner Moſaiſcher Arbeit mit groſſer Ver-
wunderung, ſowol der Koſtbarkeit als ſubtiler Arbeit wegen, zu beſehen.
Jn dieſem Schatz wird auch ferner bewahret des Dogens Crone, il Corno
oder das Horn genannt, dieweil ſie auf der Art eines gedrehten Cornu Co-
piæ
von Carmoiſin-faͤrbigtem Sammet gemacht iſt; ſie iſt rund herum mit
einer Reihe herrlicher Perlen beſetzet, deren iede nicht kleiner, aber wol groͤſ-
ſer, als eine Haſel-Nuß iſt; auf der Spitze dieſer Crone oder Horn iſt ein
achteckigter Diamant von Verwunderungs-wuͤrdiger Groͤſſe und folglich
hohem Werth: Henricus III. Koͤnig in Franckreich hat denſelben, wie er
aus Polen kommen, der Republic geſchencket. Doch der groſſe Rubin, ſo
vorne in der Mitte dieſes Corno ſtehet, giebt jenem nicht viel nach, zumalen er
auf 100000. Cronen werth. Alle uͤbrige in dieſem Schatz-Hauſe noch be-
findliche unzaͤhlige koſtbare Gefaͤſſe und Edelgeſteine uͤbergehe ich mit Still-
ſchweigen: Nur will ich nochmals gedencken, daß allhier als ein beſondrer
Schatz bewahret wird ein hochgeachtetes MScriptum von S. Marco, nemlich
deſſen Evangelium, welches er mit ſeiner eigenen Hand ſoll geſchrieben ha-
ben. Die Blaͤtter dieſes MS. ſind von Pergament, aber ſo alt und vermo-
dert, daß man faſt kein Blat anruͤhren darff, ohne daß es einem zwiſchen den
Fingern kleben bleibt; das Format dieſes MS. iſt in Quarto, zwey Finger
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ausgegangen, ſo daß man wenig oder nichts von einigen kenntlichen Buch-
ſtaben noch erblicken kan. Aus etlichen Worten aber, die noch nicht gantz
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het, nebſt einem Δ und einem Σ, die man anderwaͤrts noch erkennen kan, geben
Zeugniß, daß es ein Griechiſch MScriptum ſey, aber eben nicht, daß es der
Evangeliſt Marcus geſchrieben habe. Zwar koͤnte man aus dem groſſen
Alterthum und Verweslichkeit dieſes MS. wol den Glauben holen: Al-
lein ſolch ein Alterthum kan auch per artem durch Exponirung der Lufft und
Feuchtigkeit zu wege gebracht werden; da denn mehr als zu natuͤrlich die
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den,
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[117/0145] Das V. Capitel. lein. Sechs Leuchter von purem Golde. Zwey guͤldene Flaſchen, ſo auf des Koͤnigs Salomonis Credentz-Tiſch geſtanden. Zwey Gefaͤſſe von Roͤmiſchem Agat, welche der Hertzog von Mantua der Republic præſenti- ret. Eine groſſe Schuͤſſel von einem Turcois. Ein Eimer von Rubinen. Viele Creutze und Scepter von Diamanten. Noch ein groſſer Saphir, welchen Dominicus Grimani hieher verehret, und 10. Unzen wiegt. Nebſt einem Hauffen Schachteln und kleinen Kaͤſtgen voll Edelgeſteinen. Nicht weni- ger iſt des S. Jerosme Portrait von feiner Moſaiſcher Arbeit mit groſſer Ver- wunderung, ſowol der Koſtbarkeit als ſubtiler Arbeit wegen, zu beſehen. Jn dieſem Schatz wird auch ferner bewahret des Dogens Crone, il Corno oder das Horn genannt, dieweil ſie auf der Art eines gedrehten Cornu Co- piæ von Carmoiſin-faͤrbigtem Sammet gemacht iſt; ſie iſt rund herum mit einer Reihe herrlicher Perlen beſetzet, deren iede nicht kleiner, aber wol groͤſ- ſer, als eine Haſel-Nuß iſt; auf der Spitze dieſer Crone oder Horn iſt ein achteckigter Diamant von Verwunderungs-wuͤrdiger Groͤſſe und folglich hohem Werth: Henricus III. Koͤnig in Franckreich hat denſelben, wie er aus Polen kommen, der Republic geſchencket. Doch der groſſe Rubin, ſo vorne in der Mitte dieſes Corno ſtehet, giebt jenem nicht viel nach, zumalen er auf 100000. Cronen werth. Alle uͤbrige in dieſem Schatz-Hauſe noch be- findliche unzaͤhlige koſtbare Gefaͤſſe und Edelgeſteine uͤbergehe ich mit Still- ſchweigen: Nur will ich nochmals gedencken, daß allhier als ein beſondrer Schatz bewahret wird ein hochgeachtetes MScriptum von S. Marco, nemlich deſſen Evangelium, welches er mit ſeiner eigenen Hand ſoll geſchrieben ha- ben. Die Blaͤtter dieſes MS. ſind von Pergament, aber ſo alt und vermo- dert, daß man faſt kein Blat anruͤhren darff, ohne daß es einem zwiſchen den Fingern kleben bleibt; das Format dieſes MS. iſt in Quarto, zwey Finger dick, und in einer rothen verguͤldeten Schachtel verwahret, welches auf die Art eines Buches von auſſen gemacht iſt; die Characteres ſind mehrentheils ausgegangen, ſo daß man wenig oder nichts von einigen kenntlichen Buch- ſtaben noch erblicken kan. Aus etlichen Worten aber, die noch nicht gantz und gar ausgeloͤſcht, als das Wort kata, welches ſo zu ſehen, wie es hie ſte- het, nebſt einem Δ und einem Σ, die man anderwaͤrts noch erkennen kan, geben Zeugniß, daß es ein Griechiſch MScriptum ſey, aber eben nicht, daß es der Evangeliſt Marcus geſchrieben habe. Zwar koͤnte man aus dem groſſen Alterthum und Verweslichkeit dieſes MS. wol den Glauben holen: Al- lein ſolch ein Alterthum kan auch per artem durch Exponirung der Lufft und Feuchtigkeit zu wege gebracht werden; da denn mehr als zu natuͤrlich die Blaͤtter ohne Zerreiſſung zwiſchen den Fingern nicht moͤgen angegriffen wer- den, P 3

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/145>, abgerufen am 22.11.2024.