Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.Das V. Capitel. ich in der Beschreibung der Merckwürdigkeiten von Hamburg, Enge-land, Paris etc. über mein Vorhaben (welches nur kurtz seyn soll,) geschrit- ten, so sehe ich schon zum Voraus, daß dieser Ort auch einen mercklichen Raum erfordern wird: Doch was befürchte ich des curiösen Lesers Ver- druß, vielmehr lebe ich versichert, es werden curiöse Gemüther hierin mit mir einen Sinn haben, und in Betrachtung merckwürdiger und rarer Din- ge niemalen satt, vielweniger verdrießlich werden. Und hiermit wollen wir in diese Stadt hinein gehen, und uns zum ersten in das Vaticanum oder Päbstlichen Pallast verfügen. Was dieses für ein Gebäue, lässet sich leicht abnehmen, wann man betrachtet, daß darin bey die 12000. Zimmer zu fin- den: Diese sind nun alle mit den vortrefflichsten Gemählden, Tapezereyen, wunderns-würdigen Cabinettern und tausenderley prächtigen Sachen aus- gezieret. Nur deren etliche hieher zu setzen, so findet man ausser den reichen Meß-Kleidern, und Päbftlichem Schmuck, der allein einige Millionen werth ist, (sintemalen bey 800. Pfund der allerköstlichsten Perlen, die aus Jndien gekommen, auf den Meß-Gewandten allein versetzt sind,) ausser diesen sage ich, siehet man hier mehr denn tausenderley Reliquien, die mit den köstlichsten Edelgesteinen besetzt seyn. Ferner die fünff Päbstlichen dreyfa- chen Kronen, Regni genannt, deren 4. so dichte mit den grössesten Edelgestei- nen besetzt, daß man kaum etwas anders daran erblicken kan. Diese wer- den auch, wegen ihres übergrossen Werths, zur Sicherheit in der Burg An- gelo bewahret. Zwey Mitren oder Päbstliche Hauben, von nicht geringerm Reichthum: Den grossen güldenen Kelch, worin die Vota der Cardinaele zur Päbstlichen Wahl gesammlet werden: Das Buch des Evangelii von Giulio Glorio in Miniatur gemahlet, ist was überaus rares. Pabst Paulus III. hat diesem Meister für das erste Gemählde, welches das jüngste Gericht vorstellet, 1500. Pistolen geschickt. Was die übrigen gekostet haben, und an Würde zu schätzen sind, übergehe ich nebst dem gantzen Rest der Kostbar- keiten dieses Pallasts mit Stillschweigen, und eile vielmehr nach der Biblio- theque dieses Pallasts, um deren Schönheiten auch in Augenschein zu neh- men. Der Raum derselben ist groß und lang, der sich am Ende in zwey Flügel abtheilet, worin die Manuscripta vor den Mäusen und Ratzen wohl verwahret sind. Beym Eingang in dieser Bibliothec findet man (nach R. Lassels Bericht,) ein schön Gemach, darin viele Schreib-Pulten seyn, und ein Dutzent Scribenten sind pro Salario verobligiret, Bücher, in allerley Sprachen abzucopiren. Um diß Gemach hangen die Bildnisse aller Cardinaele, die von Pabsts Sixti V. Zeiten an allhier Bibliothecarii gewe- sen. Die Bibliothec an sich aber ist ein Ort so groß und hoch wie eine Kir- che,
Das V. Capitel. ich in der Beſchreibung der Merckwuͤrdigkeiten von Hamburg, Enge-land, Paris ꝛc. uͤber mein Vorhaben (welches nur kurtz ſeyn ſoll,) geſchrit- ten, ſo ſehe ich ſchon zum Voraus, daß dieſer Ort auch einen mercklichen Raum erfordern wird: Doch was befuͤrchte ich des curiöſen Leſers Ver- druß, vielmehr lebe ich verſichert, es werden curiöſe Gemuͤther hierin mit mir einen Sinn haben, und in Betrachtung merckwuͤrdiger und rarer Din- ge niemalen ſatt, vielweniger verdrießlich werden. Und hiermit wollen wir in dieſe Stadt hinein gehen, und uns zum erſten in das Vaticanum oder Paͤbſtlichen Pallaſt verfuͤgen. Was dieſes fuͤr ein Gebaͤue, laͤſſet ſich leicht abnehmen, wann man betrachtet, daß darin bey die 12000. Zimmer zu fin- den: Dieſe ſind nun alle mit den vortrefflichſten Gemaͤhlden, Tapezereyen, wunderns-wuͤrdigen Cabinettern und tauſenderley praͤchtigen Sachen aus- gezieret. Nur deren etliche hieher zu ſetzen, ſo findet man auſſer den reichen Meß-Kleidern, und Paͤbftlichem Schmuck, der allein einige Millionen werth iſt, (ſintemalen bey 800. Pfund der allerkoͤſtlichſten Perlen, die aus Jndien gekommen, auf den Meß-Gewandten allein verſetzt ſind,) auſſer dieſen ſage ich, ſiehet man hier mehr denn tauſenderley Reliquien, die mit den koͤſtlichſten Edelgeſteinen beſetzt ſeyn. Ferner die fuͤnff Paͤbſtlichen dreyfa- chen Kronen, Regni genannt, deren 4. ſo dichte mit den groͤſſeſten Edelgeſtei- nen beſetzt, daß man kaum etwas anders daran erblicken kan. Dieſe wer- den auch, wegen ihres uͤbergroſſen Werths, zur Sicherheit in der Burg An- gelo bewahret. Zwey Mitren oder Paͤbſtliche Hauben, von nicht geringerm Reichthum: Den groſſen guͤldenen Kelch, worin die Vota der Cardinæle zur Paͤbſtlichen Wahl geſammlet werden: Das Buch des Evangelii von Giulio Glorio in Miniatur gemahlet, iſt was uͤberaus rares. Pabſt Paulus III. hat dieſem Meiſter fuͤr das erſte Gemaͤhlde, welches das juͤngſte Gericht vorſtellet, 1500. Piſtolen geſchickt. Was die uͤbrigen gekoſtet haben, und an Wuͤrde zu ſchaͤtzen ſind, uͤbergehe ich nebſt dem gantzen Reſt der Koſtbar- keiten dieſes Pallaſts mit Stillſchweigen, und eile vielmehr nach der Biblio- theque dieſes Pallaſts, um deren Schoͤnheiten auch in Augenſchein zu neh- men. Der Raum derſelben iſt groß und lang, der ſich am Ende in zwey Fluͤgel abtheilet, worin die Manuſcripta vor den Maͤuſen und Ratzen wohl verwahret ſind. Beym Eingang in dieſer Bibliothec findet man (nach R. Laſſels Bericht,) ein ſchoͤn Gemach, darin viele Schreib-Pulten ſeyn, und ein Dutzent Scribenten ſind pro Salario verobligiret, Buͤcher, in allerley Sprachen abzucopiren. Um diß Gemach hangen die Bildniſſe aller Cardinæle, die von Pabſts Sixti V. Zeiten an allhier Bibliothecarii gewe- ſen. Die Bibliothec an ſich aber iſt ein Ort ſo groß und hoch wie eine Kir- che,
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land, Paris ꝛc. uͤber mein Vorhaben (welches nur kurtz ſeyn ſoll,) geſchrit-
ten, ſo ſehe ich ſchon zum Voraus, daß dieſer Ort auch einen mercklichen
Raum erfordern wird: Doch was befuͤrchte ich des curiöſen Leſers Ver-
druß, vielmehr lebe ich verſichert, es werden curiöſe Gemuͤther hierin mit
mir einen Sinn haben, und in Betrachtung merckwuͤrdiger und rarer Din-
ge niemalen ſatt, vielweniger verdrießlich werden. Und hiermit wollen wir
in dieſe Stadt hinein gehen, und uns zum erſten in das Vaticanum oder
Paͤbſtlichen Pallaſt verfuͤgen. Was dieſes fuͤr ein Gebaͤue, laͤſſet ſich leicht
abnehmen, wann man betrachtet, daß darin bey die 12000. Zimmer zu fin-
den: Dieſe ſind nun alle mit den vortrefflichſten Gemaͤhlden, Tapezereyen,
wunderns-wuͤrdigen Cabinettern und tauſenderley praͤchtigen Sachen aus-
gezieret. Nur deren etliche hieher zu ſetzen, ſo findet man auſſer den reichen
Meß-Kleidern, und Paͤbftlichem Schmuck, der allein einige Millionen
werth iſt, (ſintemalen bey 800. Pfund der allerkoͤſtlichſten Perlen, die aus
Jndien gekommen, auf den Meß-Gewandten allein verſetzt ſind,) auſſer
dieſen ſage ich, ſiehet man hier mehr denn tauſenderley Reliquien, die mit den
koͤſtlichſten Edelgeſteinen beſetzt ſeyn. Ferner die fuͤnff Paͤbſtlichen dreyfa-
chen Kronen, Regni genannt, deren 4. ſo dichte mit den groͤſſeſten Edelgeſtei-
nen beſetzt, daß man kaum etwas anders daran erblicken kan. Dieſe wer-
den auch, wegen ihres uͤbergroſſen Werths, zur Sicherheit in der Burg An-
gelo bewahret. Zwey Mitren oder Paͤbſtliche Hauben, von nicht geringerm
Reichthum: Den groſſen guͤldenen Kelch, worin die Vota der Cardinæle
zur Paͤbſtlichen Wahl geſammlet werden: Das Buch des Evangelii von
Giulio Glorio in Miniatur gemahlet, iſt was uͤberaus rares. Pabſt Paulus
III. hat dieſem Meiſter fuͤr das erſte Gemaͤhlde, welches das juͤngſte Gericht
vorſtellet, 1500. Piſtolen geſchickt. Was die uͤbrigen gekoſtet haben, und
an Wuͤrde zu ſchaͤtzen ſind, uͤbergehe ich nebſt dem gantzen Reſt der Koſtbar-
keiten dieſes Pallaſts mit Stillſchweigen, und eile vielmehr nach der Biblio-
theque dieſes Pallaſts, um deren Schoͤnheiten auch in Augenſchein zu neh-
men. Der Raum derſelben iſt groß und lang, der ſich am Ende in zwey
Fluͤgel abtheilet, worin die Manuſcripta vor den Maͤuſen und Ratzen wohl
verwahret ſind. Beym Eingang in dieſer Bibliothec findet man (nach R.
Laſſels Bericht,) ein ſchoͤn Gemach, darin viele Schreib-Pulten ſeyn, und
ein Dutzent Scribenten ſind pro Salario verobligiret, Buͤcher, in allerley
Sprachen abzucopiren. Um diß Gemach hangen die Bildniſſe aller
Cardinæle, die von Pabſts Sixti V. Zeiten an allhier Bibliothecarii gewe-
ſen. Die Bibliothec an ſich aber iſt ein Ort ſo groß und hoch wie eine Kir-
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