für beide völlig in eins zusammenfällt, nämlich in der Technik im weitesten Verstande, so muss wohl der Zusammenhang der Entwicklung des Intellekts mit der des Willens sich in diesen beiden Richtungen gleich sehr bewähren.
Zur Durchführung dieser Grundansicht aber haben wir nur das früher (§ 9) begründete und weiterhin immer voraus- gesetzte genaue Zusammengehen der drei Stufen der Intellekt- und Willensbildung zu Grunde zu legen und daraus die Konsequenzen zu ziehen. Derselbe dreigliedrige Stufengang, vom sinnlichen Bewusstsein durch das empirisch- gesetzliche zum vernunftgesetzlichen, d. h. dem auf durch- gängige Einheit gerichteten, muss gelten für die Verstandes- entwicklung in der Doppelbedeutung des Kennens und Könnens und für die Entwicklung des Willens. Indem die Entfaltung des Verständnisses von Stufe zu Stufe den Willen je auf den entsprechenden Stufen in Thätigkeit setzt, kann sie gar nicht umhin auch auf seine Entwicklung in derselben Abstufung hin- zuwirken.
So wird von seiten des Intellekts in der That "der Grund gelegt" zu den drei fundamentalen Tugenden des Willens. Reinheit der sinnlichen Auffassung und sinnlichen Bethätigung, ein gebildetes Gefühl für Maass und Harmonie im Anschauen und verwirklichenden Thun wird gewiss, da es selbst unmittel- bar im Triebleben Wurzel fassen muss, auch direkt hinwirken auf jene ethische Tugend der Reinheit oder des Maasses, welche das ganze Triebleben durchdringen und ihm seine gesunde, mit sich selbst einstimmige Richtung geben soll. Die Erschliessung des Verständnisses für Regel und Gesetz, für die Zusammen- stimmung des Vielen im Einen, und die dadurch bedingte Be- herrschung alles Stofflichen der Natur im theoretischen und technischen Verstehen fordert nicht minder und fördert daher die Sicherheit und Klarheit gesetzlichen Wollens, den Sinn der Ordnung, der Organisation in allem unserm Wirken, der den Kern unsrer zweiten ethischen Tugend bildet. Und in womöglich noch innigerer Verbindung steht das wieder hieraus sich ent- wickelnde Vernunftbedürfnis nach durchgehender Einheit und Uebereinstimmung, der voll erwachte Sinn der Wahrheit in
für beide völlig in eins zusammenfällt, nämlich in der Technik im weitesten Verstande, so muss wohl der Zusammenhang der Entwicklung des Intellekts mit der des Willens sich in diesen beiden Richtungen gleich sehr bewähren.
Zur Durchführung dieser Grundansicht aber haben wir nur das früher (§ 9) begründete und weiterhin immer voraus- gesetzte genaue Zusammengehen der drei Stufen der Intellekt- und Willensbildung zu Grunde zu legen und daraus die Konsequenzen zu ziehen. Derselbe dreigliedrige Stufengang, vom sinnlichen Bewusstsein durch das empirisch- gesetzliche zum vernunftgesetzlichen, d. h. dem auf durch- gängige Einheit gerichteten, muss gelten für die Verstandes- entwicklung in der Doppelbedeutung des Kennens und Könnens und für die Entwicklung des Willens. Indem die Entfaltung des Verständnisses von Stufe zu Stufe den Willen je auf den entsprechenden Stufen in Thätigkeit setzt, kann sie gar nicht umhin auch auf seine Entwicklung in derselben Abstufung hin- zuwirken.
So wird von seiten des Intellekts in der That „der Grund gelegt“ zu den drei fundamentalen Tugenden des Willens. Reinheit der sinnlichen Auffassung und sinnlichen Bethätigung, ein gebildetes Gefühl für Maass und Harmonie im Anschauen und verwirklichenden Thun wird gewiss, da es selbst unmittel- bar im Triebleben Wurzel fassen muss, auch direkt hinwirken auf jene ethische Tugend der Reinheit oder des Maasses, welche das ganze Triebleben durchdringen und ihm seine gesunde, mit sich selbst einstimmige Richtung geben soll. Die Erschliessung des Verständnisses für Regel und Gesetz, für die Zusammen- stimmung des Vielen im Einen, und die dadurch bedingte Be- herrschung alles Stofflichen der Natur im theoretischen und technischen Verstehen fordert nicht minder und fördert daher die Sicherheit und Klarheit gesetzlichen Wollens, den Sinn der Ordnung, der Organisation in allem unserm Wirken, der den Kern unsrer zweiten ethischen Tugend bildet. Und in womöglich noch innigerer Verbindung steht das wieder hieraus sich ent- wickelnde Vernunftbedürfnis nach durchgehender Einheit und Uebereinstimmung, der voll erwachte Sinn der Wahrheit in
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[275/0291]
für beide völlig in eins zusammenfällt, nämlich in der Technik
im weitesten Verstande, so muss wohl der Zusammenhang der
Entwicklung des Intellekts mit der des Willens sich in diesen
beiden Richtungen gleich sehr bewähren.
Zur Durchführung dieser Grundansicht aber haben wir
nur das früher (§ 9) begründete und weiterhin immer voraus-
gesetzte genaue Zusammengehen der drei Stufen der
Intellekt- und Willensbildung zu Grunde zu legen und
daraus die Konsequenzen zu ziehen. Derselbe dreigliedrige
Stufengang, vom sinnlichen Bewusstsein durch das empirisch-
gesetzliche zum vernunftgesetzlichen, d. h. dem auf durch-
gängige Einheit gerichteten, muss gelten für die Verstandes-
entwicklung in der Doppelbedeutung des Kennens und Könnens
und für die Entwicklung des Willens. Indem die Entfaltung
des Verständnisses von Stufe zu Stufe den Willen je auf den
entsprechenden Stufen in Thätigkeit setzt, kann sie gar nicht
umhin auch auf seine Entwicklung in derselben Abstufung hin-
zuwirken.
So wird von seiten des Intellekts in der That „der Grund
gelegt“ zu den drei fundamentalen Tugenden des Willens.
Reinheit der sinnlichen Auffassung und sinnlichen Bethätigung,
ein gebildetes Gefühl für Maass und Harmonie im Anschauen
und verwirklichenden Thun wird gewiss, da es selbst unmittel-
bar im Triebleben Wurzel fassen muss, auch direkt hinwirken
auf jene ethische Tugend der Reinheit oder des Maasses, welche
das ganze Triebleben durchdringen und ihm seine gesunde, mit
sich selbst einstimmige Richtung geben soll. Die Erschliessung
des Verständnisses für Regel und Gesetz, für die Zusammen-
stimmung des Vielen im Einen, und die dadurch bedingte Be-
herrschung alles Stofflichen der Natur im theoretischen und
technischen Verstehen fordert nicht minder und fördert daher
die Sicherheit und Klarheit gesetzlichen Wollens, den Sinn der
Ordnung, der Organisation in allem unserm Wirken, der den
Kern unsrer zweiten ethischen Tugend bildet. Und in womöglich
noch innigerer Verbindung steht das wieder hieraus sich ent-
wickelnde Vernunftbedürfnis nach durchgehender Einheit und
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/291>, abgerufen am 25.11.2024.
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