das Bewusstsein des unbegrenzt möglichen Fortschritts in jeder einzelnen Richtung humaner Bildung wie in ihrer zentralen Vereinigung ein. Der Gipfel der Menschenbildung ist m. a. W. nicht ein definiter höchster Grad des Gebildet- seins, sondern freieste Bildungsfähigkeit, unbeschränktestes Vermögen der Selbstbildung; womit zugleich erst die volle Befähigung, an der Bildung Andrer mitzuarbeiten, errungen wird.
Also wir sollen immer Lernende bleiben. Und so finden wir uns zunächst auf bekanntem Boden: auf dem Boden der Lehre, des Unterrichts. Nur wird, nachdem durch Haus und Schule ein fester Grund bereits gelegt ist, das Weitere Sache freier Bildungsthätigkeit sein. Diese braucht aber einer Organisation nicht zu entbehren. Von der Möglichkeit einer Organisation freier, nicht autoritativer Bildungsthätigkeit giebt das beweisende Exempel die Hochschule. Sie ist auch seit Plato schon als ein notwendiges, vielmehr als das eigentlich zentrale Organ der sozialpädagogischen Organisation erkannt.
Aber sie ist nur in einseitiger Form bisher verwirklicht. Eine Hochschule, die des Namens wert ist, existiert bisher nur für eine enge, hoch bevorzugte Klasse sich wissenschaftlich Bildender. Es ist eine noch junge, aber siegreich vordringende Erkenntnis, dass etwas Entsprechendes für alle, die der gleichen bevorzugten äusseren Lage und besonderen Vorbildung nicht teilhaft sind, erst recht notwendig ist: die Idee der "Volks- hochschule"; in weitestgehender Fassung, der Hochschule für alle. Man spricht auch von "Erweiterung" des Hoch- schulunterrichts (Extension of University Teaching), indem an- genommen wird, dass die Bewegung auf das genannte Ziel hin von den vorhandenen Hochschulen ausgehen müsse; wie es mit vielverheissendem Erfolg in England und Nordamerika geschehen ist. Man denkt sich, dass die alte Universitas litte- rarum zur wahren universitas, zu einem Mittelpunkt freier Bildungsarbeit für die Gesamtheit zu werden bestimmt sei. Auch wird nicht verkannt, in wie enger Beziehung diese recht eigentlich "sozialpädagogische" Bewegung zur konzentrativen Entwicklung der Wirtschaft und zur demokratischen Entwick- lung des öffentlichen Lebens steht. Die Zusammengehörigkeit
das Bewusstsein des unbegrenzt möglichen Fortschritts in jeder einzelnen Richtung humaner Bildung wie in ihrer zentralen Vereinigung ein. Der Gipfel der Menschenbildung ist m. a. W. nicht ein definiter höchster Grad des Gebildet- seins, sondern freieste Bildungsfähigkeit, unbeschränktestes Vermögen der Selbstbildung; womit zugleich erst die volle Befähigung, an der Bildung Andrer mitzuarbeiten, errungen wird.
Also wir sollen immer Lernende bleiben. Und so finden wir uns zunächst auf bekanntem Boden: auf dem Boden der Lehre, des Unterrichts. Nur wird, nachdem durch Haus und Schule ein fester Grund bereits gelegt ist, das Weitere Sache freier Bildungsthätigkeit sein. Diese braucht aber einer Organisation nicht zu entbehren. Von der Möglichkeit einer Organisation freier, nicht autoritativer Bildungsthätigkeit giebt das beweisende Exempel die Hochschule. Sie ist auch seit Plato schon als ein notwendiges, vielmehr als das eigentlich zentrale Organ der sozialpädagogischen Organisation erkannt.
Aber sie ist nur in einseitiger Form bisher verwirklicht. Eine Hochschule, die des Namens wert ist, existiert bisher nur für eine enge, hoch bevorzugte Klasse sich wissenschaftlich Bildender. Es ist eine noch junge, aber siegreich vordringende Erkenntnis, dass etwas Entsprechendes für alle, die der gleichen bevorzugten äusseren Lage und besonderen Vorbildung nicht teilhaft sind, erst recht notwendig ist: die Idee der „Volks- hochschule“; in weitestgehender Fassung, der Hochschule für alle. Man spricht auch von „Erweiterung“ des Hoch- schulunterrichts (Extension of University Teaching), indem an- genommen wird, dass die Bewegung auf das genannte Ziel hin von den vorhandenen Hochschulen ausgehen müsse; wie es mit vielverheissendem Erfolg in England und Nordamerika geschehen ist. Man denkt sich, dass die alte Universitas litte- rarum zur wahren universitas, zu einem Mittelpunkt freier Bildungsarbeit für die Gesamtheit zu werden bestimmt sei. Auch wird nicht verkannt, in wie enger Beziehung diese recht eigentlich „sozialpädagogische“ Bewegung zur konzentrativen Entwicklung der Wirtschaft und zur demokratischen Entwick- lung des öffentlichen Lebens steht. Die Zusammengehörigkeit
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[216/0232]
das Bewusstsein des unbegrenzt möglichen Fortschritts
in jeder einzelnen Richtung humaner Bildung wie in ihrer
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seins, sondern freieste Bildungsfähigkeit, unbeschränktestes
Vermögen der Selbstbildung; womit zugleich erst die volle
Befähigung, an der Bildung Andrer mitzuarbeiten, errungen wird.
Also wir sollen immer Lernende bleiben. Und so finden
wir uns zunächst auf bekanntem Boden: auf dem Boden der
Lehre, des Unterrichts. Nur wird, nachdem durch Haus
und Schule ein fester Grund bereits gelegt ist, das Weitere
Sache freier Bildungsthätigkeit sein. Diese braucht aber
einer Organisation nicht zu entbehren. Von der Möglichkeit
einer Organisation freier, nicht autoritativer Bildungsthätigkeit
giebt das beweisende Exempel die Hochschule. Sie ist auch
seit Plato schon als ein notwendiges, vielmehr als das eigentlich
zentrale Organ der sozialpädagogischen Organisation erkannt.
Aber sie ist nur in einseitiger Form bisher verwirklicht.
Eine Hochschule, die des Namens wert ist, existiert bisher
nur für eine enge, hoch bevorzugte Klasse sich wissenschaftlich
Bildender. Es ist eine noch junge, aber siegreich vordringende
Erkenntnis, dass etwas Entsprechendes für alle, die der gleichen
bevorzugten äusseren Lage und besonderen Vorbildung nicht
teilhaft sind, erst recht notwendig ist: die Idee der „Volks-
hochschule“; in weitestgehender Fassung, der Hochschule
für alle. Man spricht auch von „Erweiterung“ des Hoch-
schulunterrichts (Extension of University Teaching), indem an-
genommen wird, dass die Bewegung auf das genannte Ziel
hin von den vorhandenen Hochschulen ausgehen müsse; wie
es mit vielverheissendem Erfolg in England und Nordamerika
geschehen ist. Man denkt sich, dass die alte Universitas litte-
rarum zur wahren universitas, zu einem Mittelpunkt freier
Bildungsarbeit für die Gesamtheit zu werden bestimmt sei.
Auch wird nicht verkannt, in wie enger Beziehung diese recht
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/232>, abgerufen am 24.11.2024.
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