Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.Angst und ihr Zorn in heftige Worte aus. Er glotzte Klärchen legte sich mit den Kleidern auf das Angſt und ihr Zorn in heftige Worte aus. Er glotzte Klärchen legte ſich mit den Kleidern auf das <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0107" n="101"/> Angſt und ihr Zorn in heftige Worte aus. Er glotzte<lb/> ſie mit ſtarren Augen an und ſagte kein Wort. Sie<lb/> ward immer heftiger und verlangte, er ſolle ſich zu<lb/> Bett legen. Sie faßte ihn an, um ihn dahin zu füh¬<lb/> ren, da machte er ſich mit einem mal los, gab ihr<lb/> einen tüchtigen Stoß und ſagte grimmig: Sei ruhig<lb/> und mach nicht ſolchen Lärm! Wer heißt Dich raiſon¬<lb/> niren? Hier, zieh meine Stiefeln aus! — Klärchen<lb/> ſtand erſchrocken, aber unmöglich hätte ſie ſich zu ſol¬<lb/> chem erniedrigenden Dienſt hergeben können. — Willſt<lb/> Du bald! rief er noch grimmiger, oder ſoll ich Dich<lb/> gehorchen lehren? Dabei trat er dicht vor ſie, ſtarrte<lb/> ſie an und ſchüttelte mit ſeiner ſchweren Hand ihr<lb/> Kinn gar unſanft. Klärchen ſchrie laut auf. — Al¬<lb/> lons! ſagte er, warf ſich auf einen Stuhl nieder und<lb/> ſtreckte ihr die Füße entgegen. Klärchen ſah, daß mit<lb/> dem betrunkenen Menſchen nicht zu ſpaßen ſei, daß<lb/> ſie Mißhandlungen erwarten könne, und entſchloß ſich<lb/> zu der Arbeit, aber mit lautem Weinen. Er gab ihr<lb/> noch einen Tritt mit dem Fuß, und ſchlug dann wie¬<lb/> der mit beiden Fäuſten auf den Tiſch. Zehntauſend<lb/> Thaler! lallte ſeine Zunge, — zehntauſend Thaler —<lb/> und dann links um kehrt! — Klärchen hatte ſich in<lb/> eine dunkle Ecke geſetzt; er hielt noch ein langes Selbſt¬<lb/> geſpräch, aber ſeine Worte wurden immer unverſtänd¬<lb/> licher, bis er ſein Haupt ſenkte und laut ſchnarchte.</p><lb/> <p>Klärchen legte ſich mit den Kleidern auf das<lb/> Bett, aber an Schlaf war nicht zu denken, ſie fürch¬<lb/> tete ſich vor ihrem Mann, es war ihr grauſig mit<lb/> ihm allein zu ſein, in ihrer Hülfsloſigkeit waren Thrä¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [101/0107]
Angſt und ihr Zorn in heftige Worte aus. Er glotzte
ſie mit ſtarren Augen an und ſagte kein Wort. Sie
ward immer heftiger und verlangte, er ſolle ſich zu
Bett legen. Sie faßte ihn an, um ihn dahin zu füh¬
ren, da machte er ſich mit einem mal los, gab ihr
einen tüchtigen Stoß und ſagte grimmig: Sei ruhig
und mach nicht ſolchen Lärm! Wer heißt Dich raiſon¬
niren? Hier, zieh meine Stiefeln aus! — Klärchen
ſtand erſchrocken, aber unmöglich hätte ſie ſich zu ſol¬
chem erniedrigenden Dienſt hergeben können. — Willſt
Du bald! rief er noch grimmiger, oder ſoll ich Dich
gehorchen lehren? Dabei trat er dicht vor ſie, ſtarrte
ſie an und ſchüttelte mit ſeiner ſchweren Hand ihr
Kinn gar unſanft. Klärchen ſchrie laut auf. — Al¬
lons! ſagte er, warf ſich auf einen Stuhl nieder und
ſtreckte ihr die Füße entgegen. Klärchen ſah, daß mit
dem betrunkenen Menſchen nicht zu ſpaßen ſei, daß
ſie Mißhandlungen erwarten könne, und entſchloß ſich
zu der Arbeit, aber mit lautem Weinen. Er gab ihr
noch einen Tritt mit dem Fuß, und ſchlug dann wie¬
der mit beiden Fäuſten auf den Tiſch. Zehntauſend
Thaler! lallte ſeine Zunge, — zehntauſend Thaler —
und dann links um kehrt! — Klärchen hatte ſich in
eine dunkle Ecke geſetzt; er hielt noch ein langes Selbſt¬
geſpräch, aber ſeine Worte wurden immer unverſtänd¬
licher, bis er ſein Haupt ſenkte und laut ſchnarchte.
Klärchen legte ſich mit den Kleidern auf das
Bett, aber an Schlaf war nicht zu denken, ſie fürch¬
tete ſich vor ihrem Mann, es war ihr grauſig mit
ihm allein zu ſein, in ihrer Hülfsloſigkeit waren Thrä¬
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