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Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808.

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II. Buch. 2. Titel. 2. Cap.

557. Eine gleiche Bewandniß hat es mit solchen An-
sätzen, welche das fließende Wasser bildet, indem es sich
unmerklich von einem Ufer zurückzieht, und auf das an-
dere übertritt; die Alluvion gereicht alsdann dem Eigen-
thümer des verlassenen Ufers zum Vortheile, ohne daß der
Ufereigenthümer der entgegengesetzten Seite den Grund und
Boden, welchen er verloren hat, diesseits in Anspruch
nehmen kann. Dies Recht tritt jedoch in Ansehung der
vom Meere verlassenen Plätze nicht ein.

558. Die Alluvion hat bey Seen und Teichen nicht
statt; deren Eigenthümer behält immer, auch wenn die
Masse des Wassers sich nachher vermindern sollte, den Grund
und Boden, welchen dasselbe, wenn es bis zu der Höhe
des Abflusses gestiegen ist, bedeckt.
Umgekehrt erwirbt aber auch der Eigenthümer des Teiches
kein Recht auf die angränzenden Grundstücke, welche das.
Teichwasser bey einer außerordentlichen Höhe bedeckt.

559. Wird von einem Strome oder Flusse, er sey
schiffbar, oder nicht, durch plötzliche Gewalt ein beträchtlicher
und erkennbarer Theil eines angränzenden Feldes abgerissen,
und einem unterhalb oder am entgegengesetzten Ufer ge-
legenen Felde zugeführt: so kann der Eigenthümer des
abgerissenen Stückes sein Eigenthum in Anspruch nehmen;
doch muß er deßhalb binnen einem Jahre seine Klage
anstellen, und wird nach dieser Frist damit nicht mehr
gehört, es sey dann, daß der Eigenthümer des Feldes,
womit das abgerissene Stück vereinigt worden ist, dasselbe
noch nicht in Besitz genommen hätte.

560. Große und kleine Inseln und Anwüchse, die in
dem Wasserbette der Ströme und schiffbaren oder flößbaren
Flüsse sich bilden, gehören dem Staate, so lange nicht ein
besonderer Rechtsgrund oder Verjährung ihm entgegensteht.

561. Inseln und Anwüchse, die in nicht schiffbaren

II. Buch. 2. Titel. 2. Cap.

557. Eine gleiche Bewandniß hat es mit ſolchen An-
ſaͤtzen, welche das fließende Waſſer bildet, indem es ſich
unmerklich von einem Ufer zuruͤckzieht, und auf das an-
dere uͤbertritt; die Alluvion gereicht alsdann dem Eigen-
thuͤmer des verlaſſenen Ufers zum Vortheile, ohne daß der
Ufereigenthuͤmer der entgegengeſetzten Seite den Grund und
Boden, welchen er verloren hat, dieſſeits in Anſpruch
nehmen kann. Dies Recht tritt jedoch in Anſehung der
vom Meere verlaſſenen Plaͤtze nicht ein.

558. Die Alluvion hat bey Seen und Teichen nicht
ſtatt; deren Eigenthuͤmer behaͤlt immer, auch wenn die
Maſſe des Waſſers ſich nachher vermindern ſollte, den Grund
und Boden, welchen daſſelbe, wenn es bis zu der Hoͤhe
des Abfluſſes geſtiegen iſt, bedeckt.
Umgekehrt erwirbt aber auch der Eigenthuͤmer des Teiches
kein Recht auf die angraͤnzenden Grundſtuͤcke, welche daſ.
Teichwaſſer bey einer außerordentlichen Hoͤhe bedeckt.

559. Wird von einem Strome oder Fluſſe, er ſey
ſchiffbar, oder nicht, durch ploͤtzliche Gewalt ein betraͤchtlicher
und erkennbarer Theil eines angraͤnzenden Feldes abgeriſſen,
und einem unterhalb oder am entgegengeſetzten Ufer ge-
legenen Felde zugefuͤhrt: ſo kann der Eigenthuͤmer des
abgeriſſenen Stuͤckes ſein Eigenthum in Anſpruch nehmen;
doch muß er deßhalb binnen einem Jahre ſeine Klage
anſtellen, und wird nach dieſer Friſt damit nicht mehr
gehoͤrt, es ſey dann, daß der Eigenthuͤmer des Feldes,
womit das abgeriſſene Stuͤck vereinigt worden iſt, daſſelbe
noch nicht in Beſitz genommen haͤtte.

560. Große und kleine Inſeln und Anwuͤchſe, die in
dem Waſſerbette der Stroͤme und ſchiffbaren oder floͤßbaren
Fluͤſſe ſich bilden, gehoͤren dem Staate, ſo lange nicht ein
beſonderer Rechtsgrund oder Verjaͤhrung ihm entgegenſteht.

561. Inſeln und Anwuͤchſe, die in nicht ſchiffbaren

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[242/0254] II. Buch. 2. Titel. 2. Cap. 557. Eine gleiche Bewandniß hat es mit ſolchen An- ſaͤtzen, welche das fließende Waſſer bildet, indem es ſich unmerklich von einem Ufer zuruͤckzieht, und auf das an- dere uͤbertritt; die Alluvion gereicht alsdann dem Eigen- thuͤmer des verlaſſenen Ufers zum Vortheile, ohne daß der Ufereigenthuͤmer der entgegengeſetzten Seite den Grund und Boden, welchen er verloren hat, dieſſeits in Anſpruch nehmen kann. Dies Recht tritt jedoch in Anſehung der vom Meere verlaſſenen Plaͤtze nicht ein. 558. Die Alluvion hat bey Seen und Teichen nicht ſtatt; deren Eigenthuͤmer behaͤlt immer, auch wenn die Maſſe des Waſſers ſich nachher vermindern ſollte, den Grund und Boden, welchen daſſelbe, wenn es bis zu der Hoͤhe des Abfluſſes geſtiegen iſt, bedeckt. Umgekehrt erwirbt aber auch der Eigenthuͤmer des Teiches kein Recht auf die angraͤnzenden Grundſtuͤcke, welche daſ. Teichwaſſer bey einer außerordentlichen Hoͤhe bedeckt. 559. Wird von einem Strome oder Fluſſe, er ſey ſchiffbar, oder nicht, durch ploͤtzliche Gewalt ein betraͤchtlicher und erkennbarer Theil eines angraͤnzenden Feldes abgeriſſen, und einem unterhalb oder am entgegengeſetzten Ufer ge- legenen Felde zugefuͤhrt: ſo kann der Eigenthuͤmer des abgeriſſenen Stuͤckes ſein Eigenthum in Anſpruch nehmen; doch muß er deßhalb binnen einem Jahre ſeine Klage anſtellen, und wird nach dieſer Friſt damit nicht mehr gehoͤrt, es ſey dann, daß der Eigenthuͤmer des Feldes, womit das abgeriſſene Stuͤck vereinigt worden iſt, daſſelbe noch nicht in Beſitz genommen haͤtte. 560. Große und kleine Inſeln und Anwuͤchſe, die in dem Waſſerbette der Stroͤme und ſchiffbaren oder floͤßbaren Fluͤſſe ſich bilden, gehoͤren dem Staate, ſo lange nicht ein beſonderer Rechtsgrund oder Verjaͤhrung ihm entgegenſteht. 561. Inſeln und Anwuͤchſe, die in nicht ſchiffbaren

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Zitationshilfe: Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/254>, abgerufen am 22.11.2024.