Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
I. Buch. 8. Titel. 2. Cap.

366. Wenn der Pfleger nach dem Ablaufe von fünf Jah-
ren seit der übernommenen Pflege, in der Besorgniß, vor
des Pfleglings Volljährigkeit zu versterben, denselben durch
eine letzte Willens-Verordnung an Kindesstatt annimmt:
so soll diese Verfügung gültig seyn, vorausgesetzt, daß
der Pfleger keine ehelichen Kinder zurückläßt.

367. Stirbt der Pfleger entweder vor Ablauf dieser fünf
Jahre oder nachher, ohne seinen Pflegling an Kindesstatt
angenommen zu haben: so soll diesem, so lange er min-
derjährig ist, der Lebensunterhalt gereicht, dessen Betrag
und Beschaffenheit aber, in Ermangelung einer vorher
darüber getroffenen förmlichen Uebereinkunft, entweder
freundschaftlich unter den beyderseitigen Stellvertretern des
Pflegers und des Pfleglings, oder, im Falle eines hierüber
entstandenen Streites, gerichtlich bestimmt werden.

368. Will der Pfleger seinen Pflegling, nachdem er
volljährig geworden, mit dessen Zustimmung an Kindesstatt
annehmen: so wird nach den im vorhergehenden Capitel
bestimmten Formen zur Adoption geschritten, deren Wir-
kungen in jeder Hinsicht die nämlichen sind.

369. Sind während der ersten drey Monate nach der
Volljährigkeit des Pfleglings, die in Beziehung auf die
Adoption seinem Pfleger von ihm gethanen Anträge ohne
Erfolg geblieben, und ist der Pflegling nicht im Stande,
sich seinen Lebensunterhalt zu erwerben: so kann der Pfle-
ger verurtheilt werden, den Pflegling wegen dieser Unfä-
higkeit zum eignen Erwerbe seines Unterhalts zu entschä-
digen.

Diese Entschädigung soll sich in eine Unterstützung auf-
lösen, die dazu geeignet ist, dem Pflegling zu einem
Gewerbe zu verhelfen; alles jedoch ohne Nachtheil der
auf diesen Fall zum Voraus getroffenen Verabredungen.

370. In jedem Falle ist der Pfleger, wenn er einiges

I. Buch. 8. Titel. 2. Cap.

366. Wenn der Pfleger nach dem Ablaufe von fuͤnf Jah-
ren ſeit der uͤbernommenen Pflege, in der Beſorgniß, vor
des Pfleglings Volljaͤhrigkeit zu verſterben, denſelben durch
eine letzte Willens-Verordnung an Kindesſtatt annimmt:
ſo ſoll dieſe Verfuͤgung guͤltig ſeyn, vorausgeſetzt, daß
der Pfleger keine ehelichen Kinder zuruͤcklaͤßt.

367. Stirbt der Pfleger entweder vor Ablauf dieſer fuͤnf
Jahre oder nachher, ohne ſeinen Pflegling an Kindesſtatt
angenommen zu haben: ſo ſoll dieſem, ſo lange er min-
derjaͤhrig iſt, der Lebensunterhalt gereicht, deſſen Betrag
und Beſchaffenheit aber, in Ermangelung einer vorher
daruͤber getroffenen foͤrmlichen Uebereinkunft, entweder
freundſchaftlich unter den beyderſeitigen Stellvertretern des
Pflegers und des Pfleglings, oder, im Falle eines hieruͤber
entſtandenen Streites, gerichtlich beſtimmt werden.

368. Will der Pfleger ſeinen Pflegling, nachdem er
volljaͤhrig geworden, mit deſſen Zuſtimmung an Kindesſtatt
annehmen: ſo wird nach den im vorhergehenden Capitel
beſtimmten Formen zur Adoption geſchritten, deren Wir-
kungen in jeder Hinſicht die naͤmlichen ſind.

369. Sind waͤhrend der erſten drey Monate nach der
Volljaͤhrigkeit des Pfleglings, die in Beziehung auf die
Adoption ſeinem Pfleger von ihm gethanen Antraͤge ohne
Erfolg geblieben, und iſt der Pflegling nicht im Stande,
ſich ſeinen Lebensunterhalt zu erwerben: ſo kann der Pfle-
ger verurtheilt werden, den Pflegling wegen dieſer Unfaͤ-
higkeit zum eignen Erwerbe ſeines Unterhalts zu entſchaͤ-
digen.

Dieſe Entſchaͤdigung ſoll ſich in eine Unterſtuͤtzung auf-
loͤſen, die dazu geeignet iſt, dem Pflegling zu einem
Gewerbe zu verhelfen; alles jedoch ohne Nachtheil der
auf dieſen Fall zum Voraus getroffenen Verabredungen.

370. In jedem Falle iſt der Pfleger, wenn er einiges

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0172" n="160"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Buch. 8. Titel. 2. Cap.</fw><lb/>
            <p>366. Wenn der Pfleger nach dem Ablaufe von fu&#x0364;nf Jah-<lb/>
ren &#x017F;eit der u&#x0364;bernommenen Pflege, in der Be&#x017F;orgniß, vor<lb/>
des Pfleglings Vollja&#x0364;hrigkeit zu ver&#x017F;terben, den&#x017F;elben durch<lb/>
eine letzte Willens-Verordnung an Kindes&#x017F;tatt annimmt:<lb/>
&#x017F;o &#x017F;oll die&#x017F;e Verfu&#x0364;gung gu&#x0364;ltig &#x017F;eyn, vorausge&#x017F;etzt, daß<lb/>
der Pfleger keine ehelichen Kinder zuru&#x0364;ckla&#x0364;ßt.<lb/></p>
            <p>367. Stirbt der Pfleger entweder vor Ablauf die&#x017F;er fu&#x0364;nf<lb/>
Jahre oder nachher, ohne &#x017F;einen Pflegling an Kindes&#x017F;tatt<lb/>
angenommen zu haben: &#x017F;o &#x017F;oll die&#x017F;em, &#x017F;o lange er min-<lb/>
derja&#x0364;hrig i&#x017F;t, der Lebensunterhalt gereicht, de&#x017F;&#x017F;en Betrag<lb/>
und Be&#x017F;chaffenheit aber, in Ermangelung einer vorher<lb/>
daru&#x0364;ber getroffenen fo&#x0364;rmlichen Uebereinkunft, entweder<lb/>
freund&#x017F;chaftlich unter den beyder&#x017F;eitigen Stellvertretern des<lb/>
Pflegers und des Pfleglings, oder, im Falle eines hieru&#x0364;ber<lb/>
ent&#x017F;tandenen Streites, gerichtlich be&#x017F;timmt werden.<lb/></p>
            <p>368. Will der Pfleger &#x017F;einen Pflegling, nachdem er<lb/>
vollja&#x0364;hrig geworden, mit de&#x017F;&#x017F;en Zu&#x017F;timmung an Kindes&#x017F;tatt<lb/>
annehmen: &#x017F;o wird nach den im vorhergehenden Capitel<lb/>
be&#x017F;timmten Formen zur Adoption ge&#x017F;chritten, deren Wir-<lb/>
kungen in jeder Hin&#x017F;icht die na&#x0364;mlichen &#x017F;ind.<lb/></p>
            <p>369. Sind wa&#x0364;hrend der er&#x017F;ten drey Monate nach der<lb/>
Vollja&#x0364;hrigkeit des Pfleglings, die in Beziehung auf die<lb/>
Adoption &#x017F;einem Pfleger von ihm gethanen Antra&#x0364;ge ohne<lb/>
Erfolg geblieben, und i&#x017F;t der Pflegling nicht im Stande,<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;einen Lebensunterhalt zu erwerben: &#x017F;o kann der Pfle-<lb/>
ger verurtheilt werden, den Pflegling wegen die&#x017F;er Unfa&#x0364;-<lb/>
higkeit zum eignen Erwerbe &#x017F;eines Unterhalts zu ent&#x017F;cha&#x0364;-<lb/>
digen.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e Ent&#x017F;cha&#x0364;digung &#x017F;oll &#x017F;ich in eine Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung auf-<lb/>
lo&#x0364;&#x017F;en, die dazu geeignet i&#x017F;t, dem Pflegling zu einem<lb/>
Gewerbe zu verhelfen; alles jedoch ohne Nachtheil der<lb/>
auf die&#x017F;en Fall zum Voraus getroffenen Verabredungen.<lb/></p>
            <p>370. In jedem Falle i&#x017F;t der Pfleger, wenn er einiges<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0172] I. Buch. 8. Titel. 2. Cap. 366. Wenn der Pfleger nach dem Ablaufe von fuͤnf Jah- ren ſeit der uͤbernommenen Pflege, in der Beſorgniß, vor des Pfleglings Volljaͤhrigkeit zu verſterben, denſelben durch eine letzte Willens-Verordnung an Kindesſtatt annimmt: ſo ſoll dieſe Verfuͤgung guͤltig ſeyn, vorausgeſetzt, daß der Pfleger keine ehelichen Kinder zuruͤcklaͤßt. 367. Stirbt der Pfleger entweder vor Ablauf dieſer fuͤnf Jahre oder nachher, ohne ſeinen Pflegling an Kindesſtatt angenommen zu haben: ſo ſoll dieſem, ſo lange er min- derjaͤhrig iſt, der Lebensunterhalt gereicht, deſſen Betrag und Beſchaffenheit aber, in Ermangelung einer vorher daruͤber getroffenen foͤrmlichen Uebereinkunft, entweder freundſchaftlich unter den beyderſeitigen Stellvertretern des Pflegers und des Pfleglings, oder, im Falle eines hieruͤber entſtandenen Streites, gerichtlich beſtimmt werden. 368. Will der Pfleger ſeinen Pflegling, nachdem er volljaͤhrig geworden, mit deſſen Zuſtimmung an Kindesſtatt annehmen: ſo wird nach den im vorhergehenden Capitel beſtimmten Formen zur Adoption geſchritten, deren Wir- kungen in jeder Hinſicht die naͤmlichen ſind. 369. Sind waͤhrend der erſten drey Monate nach der Volljaͤhrigkeit des Pfleglings, die in Beziehung auf die Adoption ſeinem Pfleger von ihm gethanen Antraͤge ohne Erfolg geblieben, und iſt der Pflegling nicht im Stande, ſich ſeinen Lebensunterhalt zu erwerben: ſo kann der Pfle- ger verurtheilt werden, den Pflegling wegen dieſer Unfaͤ- higkeit zum eignen Erwerbe ſeines Unterhalts zu entſchaͤ- digen. Dieſe Entſchaͤdigung ſoll ſich in eine Unterſtuͤtzung auf- loͤſen, die dazu geeignet iſt, dem Pflegling zu einem Gewerbe zu verhelfen; alles jedoch ohne Nachtheil der auf dieſen Fall zum Voraus getroffenen Verabredungen. 370. In jedem Falle iſt der Pfleger, wenn er einiges

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: ignoriert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;

manuell nachkorrigierter OCR-Text der BSB-München




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/172
Zitationshilfe: Napoléon, Hieronymus: Napoleons Gesetzbuch. Code Napoléon. Straßburg, 1808, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/napoleon_code_1808/172>, abgerufen am 23.11.2024.