Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Jch. Curios!

Er. Gefragt, womit er sich ausser den
Kirchtagen beschäftiget, ob er sich da nicht
als Diebsspion und Mäkler gestohlner Sa-
chen habe brauchen lassen? Antwort: er
habe Jahr aus Jahr ein alle Tage was zu
treten gehabt, die Glocken oder die Orgel-
bälge. Bey müssigen Stunden hab er dem
Todtengräber Würz, wenn sich die Stadt-
ärzte hurtig gehalten und ihre Lieferungen
häufig gewesen, dann und wann ein Grab
gegen ein Trankgeld auswerfen helfen.
Gefragt, ob er nicht gern Zechgelachen bey-
gewohnt, am Spieltisch gesessen und ge-
wizelt habe? Antwort, ja zuweilen sey
das geschehen, wenn er bey Geld gewesen,
Spiel und gute Schwänke hab er von ieher
geliebt. Gefragt, wodurch er in Verfall
der Nahrung gerathen? Antwort, die Ur-
sache wisse er nicht eigentlich anzugeben;
der Glöckner hab ihn unter allerley nichtigem

Vorwand

Jch. Curios!

Er. Gefragt, womit er ſich auſſer den
Kirchtagen beſchaͤftiget, ob er ſich da nicht
als Diebsſpion und Maͤkler geſtohlner Sa-
chen habe brauchen laſſen? Antwort: er
habe Jahr aus Jahr ein alle Tage was zu
treten gehabt, die Glocken oder die Orgel-
baͤlge. Bey muͤſſigen Stunden hab er dem
Todtengraͤber Wuͤrz, wenn ſich die Stadt-
aͤrzte hurtig gehalten und ihre Lieferungen
haͤufig geweſen, dann und wann ein Grab
gegen ein Trankgeld auswerfen helfen.
Gefragt, ob er nicht gern Zechgelachen bey-
gewohnt, am Spieltiſch geſeſſen und ge-
wizelt habe? Antwort, ja zuweilen ſey
das geſchehen, wenn er bey Geld geweſen,
Spiel und gute Schwaͤnke hab er von ieher
geliebt. Gefragt, wodurch er in Verfall
der Nahrung gerathen? Antwort, die Ur-
ſache wiſſe er nicht eigentlich anzugeben;
der Gloͤckner hab ihn unter allerley nichtigem

Vorwand
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0071" n="63"/>
        <p><hi rendition="#fr">Jch.</hi> Curios!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Er.</hi> Gefragt, womit er &#x017F;ich au&#x017F;&#x017F;er den<lb/>
Kirchtagen be&#x017F;cha&#x0364;ftiget, ob er &#x017F;ich da nicht<lb/>
als Diebs&#x017F;pion und Ma&#x0364;kler ge&#x017F;tohlner Sa-<lb/>
chen habe brauchen la&#x017F;&#x017F;en? Antwort: er<lb/>
habe Jahr aus Jahr ein alle Tage was zu<lb/>
treten gehabt, die Glocken oder die Orgel-<lb/>
ba&#x0364;lge. Bey mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Stunden hab er dem<lb/>
Todtengra&#x0364;ber Wu&#x0364;rz, wenn &#x017F;ich die Stadt-<lb/>
a&#x0364;rzte hurtig gehalten und ihre Lieferungen<lb/>
ha&#x0364;ufig gewe&#x017F;en, dann und wann ein Grab<lb/>
gegen ein Trankgeld auswerfen helfen.<lb/>
Gefragt, ob er nicht gern Zechgelachen bey-<lb/>
gewohnt, am Spielti&#x017F;ch ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en und ge-<lb/>
wizelt habe? Antwort, ja zuweilen &#x017F;ey<lb/>
das ge&#x017F;chehen, wenn er bey Geld gewe&#x017F;en,<lb/>
Spiel und gute Schwa&#x0364;nke hab er von ieher<lb/>
geliebt. Gefragt, wodurch er in Verfall<lb/>
der Nahrung gerathen? Antwort, die Ur-<lb/>
&#x017F;ache wi&#x017F;&#x017F;e er nicht eigentlich anzugeben;<lb/>
der Glo&#x0364;ckner hab ihn unter allerley nichtigem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Vorwand</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0071] Jch. Curios! Er. Gefragt, womit er ſich auſſer den Kirchtagen beſchaͤftiget, ob er ſich da nicht als Diebsſpion und Maͤkler geſtohlner Sa- chen habe brauchen laſſen? Antwort: er habe Jahr aus Jahr ein alle Tage was zu treten gehabt, die Glocken oder die Orgel- baͤlge. Bey muͤſſigen Stunden hab er dem Todtengraͤber Wuͤrz, wenn ſich die Stadt- aͤrzte hurtig gehalten und ihre Lieferungen haͤufig geweſen, dann und wann ein Grab gegen ein Trankgeld auswerfen helfen. Gefragt, ob er nicht gern Zechgelachen bey- gewohnt, am Spieltiſch geſeſſen und ge- wizelt habe? Antwort, ja zuweilen ſey das geſchehen, wenn er bey Geld geweſen, Spiel und gute Schwaͤnke hab er von ieher geliebt. Gefragt, wodurch er in Verfall der Nahrung gerathen? Antwort, die Ur- ſache wiſſe er nicht eigentlich anzugeben; der Gloͤckner hab ihn unter allerley nichtigem Vorwand

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/71
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/71>, abgerufen am 25.11.2024.