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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

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wollte sich zwar auf den tollen Rappen
schwingen, und da sollts Balthasar Koch
entgelten; aber das Herz zog ihn gemach-
sam wieder in Stall, und lobte mir meinen
Haushalter, daß er klüglich gethan habe.
Jch konnt nichts als eine philosophische Be-
trachtung nach meiner Art darüber anstellen.
Lieber Gott! dacht ich, wenn Unglück seyn
soll, ie nun so kommts wohl nie zu gelegner
Zeit; aber zuweilen kommts doch auch ganz
zur Unzeit. Doch weil sichs just so und
nicht anders gefügt hatte, dacht ich mit
Ernst auf den Heimweg, knüpfte mich wie-
der in meinen Oberrock hinein, und wollt
rasch von hinnen scheiden. Wurde mir
gleichwohl der Reiserock wieder abkompli-
mentirt: Freund Spörtler wollte sich noch
zum Valet, bey einem Abschiedsschmauß mit
mir letzen, der zugleich Lottchens Verlo-
bung feiern sollte. Begaben sich bey dieser
Feierlichkeit noch allerley denkwürdige Dinge,

die

wollte ſich zwar auf den tollen Rappen
ſchwingen, und da ſollts Balthaſar Koch
entgelten; aber das Herz zog ihn gemach-
ſam wieder in Stall, und lobte mir meinen
Haushalter, daß er kluͤglich gethan habe.
Jch konnt nichts als eine philoſophiſche Be-
trachtung nach meiner Art daruͤber anſtellen.
Lieber Gott! dacht ich, wenn Ungluͤck ſeyn
ſoll, ie nun ſo kommts wohl nie zu gelegner
Zeit; aber zuweilen kommts doch auch ganz
zur Unzeit. Doch weil ſichs juſt ſo und
nicht anders gefuͤgt hatte, dacht ich mit
Ernſt auf den Heimweg, knuͤpfte mich wie-
der in meinen Oberrock hinein, und wollt
raſch von hinnen ſcheiden. Wurde mir
gleichwohl der Reiſerock wieder abkompli-
mentirt: Freund Spoͤrtler wollte ſich noch
zum Valet, bey einem Abſchiedsſchmauß mit
mir letzen, der zugleich Lottchens Verlo-
bung feiern ſollte. Begaben ſich bey dieſer
Feierlichkeit noch allerley denkwuͤrdige Dinge,

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[235/0243] wollte ſich zwar auf den tollen Rappen ſchwingen, und da ſollts Balthaſar Koch entgelten; aber das Herz zog ihn gemach- ſam wieder in Stall, und lobte mir meinen Haushalter, daß er kluͤglich gethan habe. Jch konnt nichts als eine philoſophiſche Be- trachtung nach meiner Art daruͤber anſtellen. Lieber Gott! dacht ich, wenn Ungluͤck ſeyn ſoll, ie nun ſo kommts wohl nie zu gelegner Zeit; aber zuweilen kommts doch auch ganz zur Unzeit. Doch weil ſichs juſt ſo und nicht anders gefuͤgt hatte, dacht ich mit Ernſt auf den Heimweg, knuͤpfte mich wie- der in meinen Oberrock hinein, und wollt raſch von hinnen ſcheiden. Wurde mir gleichwohl der Reiſerock wieder abkompli- mentirt: Freund Spoͤrtler wollte ſich noch zum Valet, bey einem Abſchiedsſchmauß mit mir letzen, der zugleich Lottchens Verlo- bung feiern ſollte. Begaben ſich bey dieſer Feierlichkeit noch allerley denkwuͤrdige Dinge, die

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/243>, abgerufen am 28.03.2024.