aus Lottchens Bücherschrank bey mir in der Tasche trug, welches ich aufschlug, um ein wenig drinn zu blättern, als ich keinen schicklichen Eingang zu meiner prämeditir- ten Rede finden konnte, und sieh da! wi- der Vermuthen diente mir das Büchlein selbst zum Taubenkropf.
Als der Beamte aus dem Stoppelfeld zurückkam, mich zum Heimzug abzuholen, und mich mit Lesen beschäftigt fand, frug er: ob mich die Lektüre mehr amüsir als die Hasenjagd? Keins von beyden, antwortet' ich, hat da 'n schmucker Duns von Autor, was von Hoffnung baldiger besserer und fröhlicherer Menschen hergehast, das mich aneckelt; weil er mir ein herrlich trostreich Jdeal verpfuscht hat, daran ich mich zu la- ben und zu erquicken gedachte, denn ich fin- de, daß die fröhlichen Menschen unter dem Monde, wenigstens so fern er mir leuch- tet, sich alle Tag' seltner machen. Freund
Spört-
aus Lottchens Buͤcherſchrank bey mir in der Taſche trug, welches ich aufſchlug, um ein wenig drinn zu blaͤttern, als ich keinen ſchicklichen Eingang zu meiner praͤmeditir- ten Rede finden konnte, und ſieh da! wi- der Vermuthen diente mir das Buͤchlein ſelbſt zum Taubenkropf.
Als der Beamte aus dem Stoppelfeld zuruͤckkam, mich zum Heimzug abzuholen, und mich mit Leſen beſchaͤftigt fand, frug er: ob mich die Lektuͤre mehr amuͤſir als die Haſenjagd? Keins von beyden, antwortet’ ich, hat da ’n ſchmucker Duns von Autor, was von Hoffnung baldiger beſſerer und froͤhlicherer Menſchen hergehast, das mich aneckelt; weil er mir ein herrlich troſtreich Jdeal verpfuſcht hat, daran ich mich zu la- ben und zu erquicken gedachte, denn ich fin- de, daß die froͤhlichen Menſchen unter dem Monde, wenigſtens ſo fern er mir leuch- tet, ſich alle Tag’ ſeltner machen. Freund
Spoͤrt-
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aus Lottchens Buͤcherſchrank bey mir in der
Taſche trug, welches ich aufſchlug, um ein
wenig drinn zu blaͤttern, als ich keinen
ſchicklichen Eingang zu meiner praͤmeditir-
ten Rede finden konnte, und ſieh da! wi-
der Vermuthen diente mir das Buͤchlein
ſelbſt zum Taubenkropf.
Als der Beamte aus dem Stoppelfeld
zuruͤckkam, mich zum Heimzug abzuholen,
und mich mit Leſen beſchaͤftigt fand, frug
er: ob mich die Lektuͤre mehr amuͤſir als die
Haſenjagd? Keins von beyden, antwortet’
ich, hat da ’n ſchmucker Duns von Autor,
was von Hoffnung baldiger beſſerer und
froͤhlicherer Menſchen hergehast, das mich
aneckelt; weil er mir ein herrlich troſtreich
Jdeal verpfuſcht hat, daran ich mich zu la-
ben und zu erquicken gedachte, denn ich fin-
de, daß die froͤhlichen Menſchen unter dem
Monde, wenigſtens ſo fern er mir leuch-
tet, ſich alle Tag’ ſeltner machen. Freund
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/151>, abgerufen am 22.11.2024.
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