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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

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ich Jhnen aber auch nicht verheelen, daß
mir Jhre Methode Menschenantlitz zu deu-
ten, gleichfalls kein Evangelium zu seyn
dünkt. Zwar befind ich, daß Jhr Prinzi-
pium sicherer seyn mag, als der unräsonirte
Gefühlsblick: aber in der Anwendung Jh-
rer Grundsätz schießen Sie neben dem Ziel
vorbey; denn genau besehn, machen Sie
Jhr Gefühl eben so wohl zum Richter Jh-
res physiognomischen Gewissens, als Lava-
ter das Seinige. Wenn Sie dem Men-
schen Betrug, Büberey, Tück und Boßheit
aus den Augen lesen, wie L. lauter Schätze
verborgner Treflichkeiten darinnen aufspührt:
so irren Sie so gut wie Er, durch den Be-
trug, den das Herz Jhrer beyderseitigen
Empfindung spielt, und so wirkt ein' und
die nämliche Sach, Menschenlieb in des
Schweizers Sinn, und Menschenhaß in
Jhrem Schwabenkopf.

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ich Jhnen aber auch nicht verheelen, daß
mir Jhre Methode Menſchenantlitz zu deu-
ten, gleichfalls kein Evangelium zu ſeyn
duͤnkt. Zwar befind ich, daß Jhr Prinzi-
pium ſicherer ſeyn mag, als der unraͤſonirte
Gefuͤhlsblick: aber in der Anwendung Jh-
rer Grundſaͤtz ſchießen Sie neben dem Ziel
vorbey; denn genau beſehn, machen Sie
Jhr Gefuͤhl eben ſo wohl zum Richter Jh-
res phyſiognomiſchen Gewiſſens, als Lava-
ter das Seinige. Wenn Sie dem Men-
ſchen Betrug, Buͤberey, Tuͤck und Boßheit
aus den Augen leſen, wie L. lauter Schaͤtze
verborgner Treflichkeiten darinnen aufſpuͤhrt:
ſo irren Sie ſo gut wie Er, durch den Be-
trug, den das Herz Jhrer beyderſeitigen
Empfindung ſpielt, und ſo wirkt ein’ und
die naͤmliche Sach, Menſchenlieb in des
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[81/0081] ich Jhnen aber auch nicht verheelen, daß mir Jhre Methode Menſchenantlitz zu deu- ten, gleichfalls kein Evangelium zu ſeyn duͤnkt. Zwar befind ich, daß Jhr Prinzi- pium ſicherer ſeyn mag, als der unraͤſonirte Gefuͤhlsblick: aber in der Anwendung Jh- rer Grundſaͤtz ſchießen Sie neben dem Ziel vorbey; denn genau beſehn, machen Sie Jhr Gefuͤhl eben ſo wohl zum Richter Jh- res phyſiognomiſchen Gewiſſens, als Lava- ter das Seinige. Wenn Sie dem Men- ſchen Betrug, Buͤberey, Tuͤck und Boßheit aus den Augen leſen, wie L. lauter Schaͤtze verborgner Treflichkeiten darinnen aufſpuͤhrt: ſo irren Sie ſo gut wie Er, durch den Be- trug, den das Herz Jhrer beyderſeitigen Empfindung ſpielt, und ſo wirkt ein’ und die naͤmliche Sach, Menſchenlieb in des Schweizers Sinn, und Menſchenhaß in Jhrem Schwabenkopf. „Es F

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/81>, abgerufen am 25.11.2024.