waren, bestund darinne, daß sie mir einen Plaz in ihrem armen Gebet offerirten, wel- chen ich aus Gefälligkeit annahm, in der völligen Ueberzeugung, daß dadurch mein Schicksal um nichts gebessert oder verschlim- mert würde.
Die verdienstliche That, durch Lösegeld mich zu befreien, war einem lieben iungen Mädchen vorbehalten, einer iüngern Schwe- ster von mir, die Freund Eliphas sich zur Braut zwoter Ehe erkohren hatte. Sie war ein Spätling, wurde meinem Vater noch im Alter gebohren, und nach dessen Absterben von einem Anverwandten an Kin- desstatt erzogen. Weil ihr Erbe keinem Kirchschaffner in die Hände gefallen war, so besaß sie es noch, und es hatte sich durch Zinß und Sparsamkeit um die Hälfte ver- mehrt. Sie hatte eben ihr vollbürtiges Al- ter erreicht, als sie den ersten Gebrauch ih- rer Unabhängigkeit, durch Bezahlung mei-
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waren, beſtund darinne, daß ſie mir einen Plaz in ihrem armen Gebet offerirten, wel- chen ich aus Gefaͤlligkeit annahm, in der voͤlligen Ueberzeugung, daß dadurch mein Schickſal um nichts gebeſſert oder verſchlim- mert wuͤrde.
Die verdienſtliche That, durch Loͤſegeld mich zu befreien, war einem lieben iungen Maͤdchen vorbehalten, einer iuͤngern Schwe- ſter von mir, die Freund Eliphas ſich zur Braut zwoter Ehe erkohren hatte. Sie war ein Spaͤtling, wurde meinem Vater noch im Alter gebohren, und nach deſſen Abſterben von einem Anverwandten an Kin- desſtatt erzogen. Weil ihr Erbe keinem Kirchſchaffner in die Haͤnde gefallen war, ſo beſaß ſie es noch, und es hatte ſich durch Zinß und Sparſamkeit um die Haͤlfte ver- mehrt. Sie hatte eben ihr vollbuͤrtiges Al- ter erreicht, als ſie den erſten Gebrauch ih- rer Unabhaͤngigkeit, durch Bezahlung mei-
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waren, beſtund darinne, daß ſie mir einen
Plaz in ihrem armen Gebet offerirten, wel-
chen ich aus Gefaͤlligkeit annahm, in der
voͤlligen Ueberzeugung, daß dadurch mein
Schickſal um nichts gebeſſert oder verſchlim-
mert wuͤrde.
Die verdienſtliche That, durch Loͤſegeld
mich zu befreien, war einem lieben iungen
Maͤdchen vorbehalten, einer iuͤngern Schwe-
ſter von mir, die Freund Eliphas ſich zur
Braut zwoter Ehe erkohren hatte. Sie
war ein Spaͤtling, wurde meinem Vater
noch im Alter gebohren, und nach deſſen
Abſterben von einem Anverwandten an Kin-
desſtatt erzogen. Weil ihr Erbe keinem
Kirchſchaffner in die Haͤnde gefallen war,
ſo beſaß ſie es noch, und es hatte ſich durch
Zinß und Sparſamkeit um die Haͤlfte ver-
mehrt. Sie hatte eben ihr vollbuͤrtiges Al-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/35>, abgerufen am 16.07.2024.
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