Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

vorigen Herbst an einem Eichbaum, wel-
ches ein Spiel der Winde wird. Find aus-
serdem noch zwischen dem Troß der anony-
mischen Schriftsteller, die sich verbergen,
wo sie's nicht Ursach haben, und meinem
Philipp eine sonderbare Aehnlichkeit. Dem
fiels vorigen Winter ein, als ich dem Stall-
amt in H** meinen Haber verhandelte,
einer Faschingsmummerey mit beyzuwoh-
nen. Weil aber in der Maskenwelt die Li-
vree nicht in dem Ansehn ist als in der lit-
terarischen, hatt' er nicht das Herz hin zu
gehen. Jch heuert' ihm dennoch einen tür-
kischen Kaftan, schob ihm eine tüchtige Nase
mit einem Knebelbart unter den Turban,
und hieß ihn mir folgen. Aber was ge-
schah! Bey einem Schleiffer ward ihm die
Nase abgestoßen, und im Getümmel des
Tanzsaals alsbald zertreten. Da gaft'
ihm nun ieder ins Gesicht, kennt' ihn gleich-
wohl kein Mensch, und er behauptete sein

Jnco-

vorigen Herbſt an einem Eichbaum, wel-
ches ein Spiel der Winde wird. Find auſ-
ſerdem noch zwiſchen dem Troß der anony-
miſchen Schriftſteller, die ſich verbergen,
wo ſie’s nicht Urſach haben, und meinem
Philipp eine ſonderbare Aehnlichkeit. Dem
fiels vorigen Winter ein, als ich dem Stall-
amt in H** meinen Haber verhandelte,
einer Faſchingsmummerey mit beyzuwoh-
nen. Weil aber in der Maſkenwelt die Li-
vree nicht in dem Anſehn iſt als in der lit-
terariſchen, hatt’ er nicht das Herz hin zu
gehen. Jch heuert’ ihm dennoch einen tuͤr-
kiſchen Kaftan, ſchob ihm eine tuͤchtige Naſe
mit einem Knebelbart unter den Turban,
und hieß ihn mir folgen. Aber was ge-
ſchah! Bey einem Schleiffer ward ihm die
Naſe abgeſtoßen, und im Getuͤmmel des
Tanzſaals alsbald zertreten. Da gaft’
ihm nun ieder ins Geſicht, kennt’ ihn gleich-
wohl kein Menſch, und er behauptete ſein

Jnco-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0184" n="184"/>
vorigen Herb&#x017F;t an einem Eichbaum, wel-<lb/>
ches ein Spiel der Winde wird. Find au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erdem noch zwi&#x017F;chen dem Troß der anony-<lb/>
mi&#x017F;chen Schrift&#x017F;teller, die &#x017F;ich verbergen,<lb/>
wo &#x017F;ie&#x2019;s nicht Ur&#x017F;ach haben, und meinem<lb/>
Philipp eine &#x017F;onderbare Aehnlichkeit. Dem<lb/>
fiels vorigen Winter ein, als ich dem Stall-<lb/>
amt in H** meinen Haber verhandelte,<lb/>
einer Fa&#x017F;chingsmummerey mit beyzuwoh-<lb/>
nen. Weil aber in der Ma&#x017F;kenwelt die Li-<lb/>
vree nicht in dem An&#x017F;ehn i&#x017F;t als in der lit-<lb/>
terari&#x017F;chen, hatt&#x2019; er nicht das Herz hin zu<lb/>
gehen. Jch heuert&#x2019; ihm dennoch einen tu&#x0364;r-<lb/>
ki&#x017F;chen Kaftan, &#x017F;chob ihm eine tu&#x0364;chtige Na&#x017F;e<lb/>
mit einem Knebelbart unter den Turban,<lb/>
und hieß ihn mir folgen. Aber was ge-<lb/>
&#x017F;chah! Bey einem Schleiffer ward ihm die<lb/>
Na&#x017F;e abge&#x017F;toßen, und im Getu&#x0364;mmel des<lb/>
Tanz&#x017F;aals alsbald zertreten. Da gaft&#x2019;<lb/>
ihm nun ieder ins Ge&#x017F;icht, kennt&#x2019; ihn gleich-<lb/>
wohl kein Men&#x017F;ch, und er behauptete &#x017F;ein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Jnco-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0184] vorigen Herbſt an einem Eichbaum, wel- ches ein Spiel der Winde wird. Find auſ- ſerdem noch zwiſchen dem Troß der anony- miſchen Schriftſteller, die ſich verbergen, wo ſie’s nicht Urſach haben, und meinem Philipp eine ſonderbare Aehnlichkeit. Dem fiels vorigen Winter ein, als ich dem Stall- amt in H** meinen Haber verhandelte, einer Faſchingsmummerey mit beyzuwoh- nen. Weil aber in der Maſkenwelt die Li- vree nicht in dem Anſehn iſt als in der lit- terariſchen, hatt’ er nicht das Herz hin zu gehen. Jch heuert’ ihm dennoch einen tuͤr- kiſchen Kaftan, ſchob ihm eine tuͤchtige Naſe mit einem Knebelbart unter den Turban, und hieß ihn mir folgen. Aber was ge- ſchah! Bey einem Schleiffer ward ihm die Naſe abgeſtoßen, und im Getuͤmmel des Tanzſaals alsbald zertreten. Da gaft’ ihm nun ieder ins Geſicht, kennt’ ihn gleich- wohl kein Menſch, und er behauptete ſein Jnco-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/184
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/184>, abgerufen am 18.12.2024.