Reuter. Wer seine Peitsche knallen, die Sporen klirren läßt, Schluß- und Sattelvest ist; kurz bey wem sie physiognomische Ue- berlegenheit fühlen, den lassen sie aufsitzen, tragen ihn sanft und sicher, sind freundlich, bescheiden, gutmüthig, lenksam, lassen kei- nen ihrer Schwänk und Tücken ausgehen. Wo sie aber aus physiognomischen Gründen vermuthen, das Uebergewicht sey auf ihrer Seite, fangen sie flugs an sich aufzubäu- men, sind stetisch und störrisch, stolz, über- müthig, wiehern und schnauben, spitzen die Ohren, werfen die Nasen auf, und gebehr- den sich so unbändig, als Roß und Mäu- ler, lassen nicht eher ab, biß sie den un- kundigen Reuter abgesattelt und auf den Sand gesezt haben, da sie denn gar lustige Sprünge machen und die Mähne schütteln. Hab von dem allen sicher Zeugniß und Be- weiß, durch die Aufnahme die mir in Freund Spörtlers Behausung wiederfuhr.
Ein
Reuter. Wer ſeine Peitſche knallen, die Sporen klirren laͤßt, Schluß- und Sattelveſt iſt; kurz bey wem ſie phyſiognomiſche Ue- berlegenheit fuͤhlen, den laſſen ſie aufſitzen, tragen ihn ſanft und ſicher, ſind freundlich, beſcheiden, gutmuͤthig, lenkſam, laſſen kei- nen ihrer Schwaͤnk und Tuͤcken ausgehen. Wo ſie aber aus phyſiognomiſchen Gruͤnden vermuthen, das Uebergewicht ſey auf ihrer Seite, fangen ſie flugs an ſich aufzubaͤu- men, ſind ſtetiſch und ſtoͤrriſch, ſtolz, uͤber- muͤthig, wiehern und ſchnauben, ſpitzen die Ohren, werfen die Naſen auf, und gebehr- den ſich ſo unbaͤndig, als Roß und Maͤu- ler, laſſen nicht eher ab, biß ſie den un- kundigen Reuter abgeſattelt und auf den Sand geſezt haben, da ſie denn gar luſtige Spruͤnge machen und die Maͤhne ſchuͤtteln. Hab von dem allen ſicher Zeugniß und Be- weiß, durch die Aufnahme die mir in Freund Spoͤrtlers Behauſung wiederfuhr.
Ein
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0132"n="132"/>
Reuter. Wer ſeine Peitſche knallen, die<lb/>
Sporen klirren laͤßt, Schluß- und Sattelveſt<lb/>
iſt; kurz bey wem ſie phyſiognomiſche Ue-<lb/>
berlegenheit fuͤhlen, den laſſen ſie aufſitzen,<lb/>
tragen ihn ſanft und ſicher, ſind freundlich,<lb/>
beſcheiden, gutmuͤthig, lenkſam, laſſen kei-<lb/>
nen ihrer Schwaͤnk und Tuͤcken ausgehen.<lb/>
Wo ſie aber aus phyſiognomiſchen Gruͤnden<lb/>
vermuthen, das Uebergewicht ſey auf ihrer<lb/>
Seite, fangen ſie flugs an ſich aufzubaͤu-<lb/>
men, ſind ſtetiſch und ſtoͤrriſch, ſtolz, uͤber-<lb/>
muͤthig, wiehern und ſchnauben, ſpitzen die<lb/>
Ohren, werfen die Naſen auf, und gebehr-<lb/>
den ſich ſo unbaͤndig, als Roß und Maͤu-<lb/>
ler, laſſen nicht eher ab, biß ſie den un-<lb/>
kundigen Reuter abgeſattelt und auf den<lb/>
Sand geſezt haben, da ſie denn gar luſtige<lb/>
Spruͤnge machen und die Maͤhne ſchuͤtteln.<lb/>
Hab von dem allen ſicher Zeugniß und Be-<lb/>
weiß, durch die Aufnahme die mir in Freund<lb/>
Spoͤrtlers Behauſung wiederfuhr.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ein</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[132/0132]
Reuter. Wer ſeine Peitſche knallen, die
Sporen klirren laͤßt, Schluß- und Sattelveſt
iſt; kurz bey wem ſie phyſiognomiſche Ue-
berlegenheit fuͤhlen, den laſſen ſie aufſitzen,
tragen ihn ſanft und ſicher, ſind freundlich,
beſcheiden, gutmuͤthig, lenkſam, laſſen kei-
nen ihrer Schwaͤnk und Tuͤcken ausgehen.
Wo ſie aber aus phyſiognomiſchen Gruͤnden
vermuthen, das Uebergewicht ſey auf ihrer
Seite, fangen ſie flugs an ſich aufzubaͤu-
men, ſind ſtetiſch und ſtoͤrriſch, ſtolz, uͤber-
muͤthig, wiehern und ſchnauben, ſpitzen die
Ohren, werfen die Naſen auf, und gebehr-
den ſich ſo unbaͤndig, als Roß und Maͤu-
ler, laſſen nicht eher ab, biß ſie den un-
kundigen Reuter abgeſattelt und auf den
Sand geſezt haben, da ſie denn gar luſtige
Spruͤnge machen und die Maͤhne ſchuͤtteln.
Hab von dem allen ſicher Zeugniß und Be-
weiß, durch die Aufnahme die mir in Freund
Spoͤrtlers Behauſung wiederfuhr.
Ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/132>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.